Oct 15, 2022
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Bahnverkehr: Neue Epoche der Hochgeschwindigkeitszüge: USA setzen auf Siemens

Written by Axel Postinett


Brightline-Zug in Florida

Der private Anbieter Brightline betreibt bereits Züge in Florida.


(Foto: © 2017 Bloomberg Finance LP)

San Francisco Eigentlich sollte der Hochgeschwindigkeitszug schon längst zwischen Los Angeles und San Francisco pendeln, bislang stehen jedoch nur ein paar Brückenteile. Doch jetzt macht ein Projekt des privaten Anbieters Brightline West Fortschritte und könnte sowohl den Passagierzügen in den USA als auch Siemens Mobility einen mächtigen Schub geben.

Der Hochgeschwindigkeitszug ist seit 2008 in Planung. Fehleinschätzungen, Planungsfehler, Missmanagement, Finanzprobleme und Widerstand von Interessengruppen hatten das Projekt aber aus der Bahn geworfen. Die Preiskalkulation der California High-Speed Rail Authority, die für die Planung und Realisierung zuständig ist, stieg von 40 auf mehr als 100 Milliarden Dollar. Vor allem republikanische Politiker fordern, das Geld lieber in Highways und Flughäfen zu investieren.

Die Eröffnung erster Teilstrecken sei 2030 möglich, heißt es nun. Allen Widerständen zum Trotz hatte im Juni Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom 4,2 Milliarden Dollar freigegeben, um ein 276 Kilometer langes Teilstück in Zentralkalifornien von Merced bis Bakersfield fertigzustellen. Das soll der wirtschaftlich schwachen Region helfen und für den Klimaschutz 400.000 Autos von den Interstates holen. Kritiker spötteln, der „Zug nach Nirgendwo“, der ein paar Kleinstädte verbinde, sei völlig sinnlos.

Brightline West plant derweil einen Highspeed-Train von Los Angeles nach Las Vegas, der nach Einschätzung von Marc Buncher, CEO von Siemens Mobility USA, noch vor dem ersten Teilstück der geplanten Strecke zwischen Los Angeles und San Francisco fertig werden könnte.

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Für Newsoms „Zug nach Nirgendwo“ wäre der Las-Vegas-Zug ein Rettungsanker: Eine Verlängerung hinter Bakersfield etwa könnte ihn mit der Vegas-Strecke und damit auch mit Los Angeles verbinden. Dann müsste nur noch bis San Francisco gebaut werden. Eine Idee, die erhebliche Kosten sparen würde. „Ich gehe davon aus, dass die Strecken kompatibel sein werden“, erklärte Siemens-Manager Buncher. Er erwarte den Start des Projekts innerhalb der kommenden zwölf Monate.

Steigende Zinsen werden zum Problem für Brightline

Brightline West hat im Jahr 2021 Absichtserträge unterzeichnet, acht Highspeed-Züge von Siemens Mobility bauen zu lassen, voraussichtlich im deutschen Krefeld. Siemens hofft zudem, deutsche Infrastruktur und Software für die Streckentechnik zu liefern. Brightline fährt in Florida bereits mit Velaro-Zügen von Siemens.

Siemens-Werk in Sacramento

Das Unternehmen hofft darauf, in Kalifornien nicht nur Züge liefern zu können.


(Foto: Bloomberg/Getty Images)

Aber auch dieses Projekt steht vor Herausforderungen. Wegen Finanzierungsproblemen war der Start von 2021 auf 2022 verschoben worden. Jetzt kommen noch steigende Zinsen hinzu, die das Projekt verteuern könnten. Auf der anderen Seite kann Brightline nun versuchen, den neuen Infrastrukturfonds der US-Regierung anzuzapfen. Der sieht 80 Milliarden Dollar vor, um Schienennetze und Bahnhöfe zu sanieren und neue Strecken und Technologien einzuführen.

Kaliforniens Gouverneur Newsom bleibt optimistisch: „Mit Präsident Joe Biden und Verkehrsminister Pete Buttigieg haben wir die richtigen Partner in Washington.“ Ex-Präsident Donald Trump hatte 2019 rund 930 Millionen Dollar zugesagter Bundesmittel widerrufen. Sein Nachfolger Biden machte das 2021 wieder rückgängig und plant dies für weitere 2,5 Milliarden Dollar.

Biden unterstützt den Zugverkehr

Biden setzt sich unermüdlich für die Finanzierung der defizitären halbstaatlichen Bahngesellschaft Amtrak ein. Seine laut dem US-Fernsehsender CNN rund 8000 Zugfahrten zwischen seinem Wohnsitz in Delaware und Washington D.C. als Senator und Vizepräsident brachten ihm den Spitznamen „Amtrak Joe“ ein.

Kürzlich vermittelte der US-Präsident persönlich zwischen Gewerkschaften und Frachtzugbetreibern und wendete einen Streik ab, der die US-Wirtschaft schwer getroffen hätte. Zudem hätte Amtrak Fernzüge streichen müssen, weil diese auf von den Frachtzugbetreibern unterhaltenen Gleisen fahren.

Güterzugwaggons

Erst kürzlich drohte ein Streik der Mitarbeiter.



(Foto: dpa)

Von Bidens neuem Zugprogramm sollen allein 66 Milliarden Dollar an Amtrak gehen. Zahlen der Gesellschaft zeigen allerdings die geringe Relevanz insbesondere von Fernzügen in den USA. Im Jahr 2019 nahmen 4,45 Millionen Passagiere einen Zug, der mehr als einen Bundesstaat durchquert. Pandemiebedingt reduzierte sich diese Zahl 2021 auf 2,24 Millionen. Zum Vergleich: In Deutschland gab es 2019 rund 100 Millionen ICE-Buchungen.

Für Kritiker sind solche Zahlen der Beweis, dass die Amerikaner keine Fernzüge wollen. Befürworter wie Gouverneur Newsom hoffen dennoch auf die deutlich schnelleren Hochgeschwindigkeitszüge. Ein Zug von Oakland bei San Francisco nach Los Angeles braucht für rund 800 Kilometer heute elf Stunden. Mit dem Auto dauert die Strecke rund sechs und mit dem Bus acht Stunden. Der neue Zug soll es in unter drei Stunden schaffen.

Im neuen „Salesforce Tower“ im Herzen von San Francisco, dem höchsten Gebäude im Westen der USA, gibt es neben einem zentralen Busbahnhof bereits einen fertigen Untergrundbahnhof für Schnell- und Nahverkehrszüge. Noch ist alles zugemauert, es wird auf die Schienen gewartet. Siemens-Manager Buncher ist überzeugt, dass sie kommen werden: „Wir sind dabei, Amerika zu verändern.“

Mehr: Gewalt in der U-Bahn: US-Bürger meiden den öffentlichen Nahverkehr



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