Oct 13, 2022
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Sachverständigenrat: Monika Schnitzer neue Vorsitzende der Wirtschaftsweisen – Erstmals eine Frau an der Spitze

Written by Julian Olk

Berlin Das Los entschied offenbar in weiser Voraussicht. Lange Zeit konnten sich die Wirtschaftsweisen nicht auf einen Vorsitz einigen, nachdem ihr bisheriger Chef Lars Feld im Frühjahr 2021 ausgeschieden war. Im darauffolgenden Herbst führte das zu dem Kuriosum, dass die Ratsmitglieder auslosten, wer ihr Jahresgutachten an die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übergeben darf. Das Los damals fiel auf Monika Schnitzer.

Beim nächsten Jahresgutachten, das Merkels Nachfolger Olaf Scholz (SPD) Anfang November entgegennehmen wird, muss nicht mehr gelost werden. Schon jetzt steht fest, dass es wieder von Schnitzer übergeben wird. Die Wirtschaftsweisen haben die Ökonomin am Donnerstag zu ihrer Vorsitzenden gewählt. Sie übernimmt mit sofortiger Wirkung die Leitung des „Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“, des wichtigsten ökonomischen Beratungsgremiums des Landes.

Zwei Jahre war Schnitzer alt, als der Sachverständigenrat 1961 von Ludwig Erhard ins Leben gerufen wurde. Seither gab es keine Frau an der Spitze des Gremiums, bis jetzt. Ohnehin werden die Wirtschaftsweisen immer weiblicher.

Mit der Berufung von Ulrike Malmendier ist seit einigen Wochen auch erstmals die Mehrheit der Wirtschaftsweisen weiblich.

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Dabei gilt die Ökonomie gerade in Deutschland immer noch als männergeprägte Domäne. Schnitzer arbeitet seit Jahren daran, das zu ändern. Die 61-Jährige, die Professorin für Komparative Wirtschaftsforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München ist, gilt als eine der wichtigsten Stimmen für die stärkere Rolle von Ökonominnen in der deutschen Szene.

Forschungsgebiet Digitalisierung und Innovationen

Dass Schnitzer den Spitzenposten der Wirtschaftsweisen übernehmen würde, kommt nicht allzu überraschend. Sie gilt vor allem durch ihre undogmatische Herangehensweise als mehrheitsfähig. Bei ihrer Berufung in den Sachverständigenrat im April 2020 stuften sie viele Beobachter noch als Vertreterin einer liberalen Schule ein.

>> Lesen Sie hier: Ulrike Malmendier und Martin Werding werden neue Wirtschaftsweise

Das ist nicht grundsätzlich falsch, Schnitzer wirbt auch heute noch für ein höheres Renteneintrittsalter und warnt vor zu viel staatlicher Industriepolitik. Im erwähnten Hauptgutachten der Wirtschaftsweisen im vergangenen Jahr plädierte sie allerdings für ein weiteres Aussetzen der Schuldenbremse und stellte sich damit an die Seite von durch die Gewerkschaften gestützten Achim Truger und gegen Ratskollegin Veronika Grimm und den inzwischen ausgeschiedenen Volker Wieland, der über die Arbeitgeber Ratsmitglied wurde.

Gleichzeitig beschreiben andere Ökonomen Schnitzers wissenschaftliche Leistung anerkennend. Sie hat sich insbesondere mit der Erforschung von Wettbewerbsthemen in digitalen Märkten und in der Innovationsökonomik einen Namen gemacht.

Übergabe des Jahresgutachtens 2021 mit Angela Merkel

Dieses Jahr wird Olaf Scholz beim Termin in die erste Reihe rücken. Schnitzer bleibt dort.



(Foto: Reuters)

Außerdem gilt sie als gut vernetzt, auch in die Politik. Die Bundesregierung sucht den Rat der Wirtschaftswissenschaftlerin häufig. Auch deshalb, weil Schnitzer immer wieder mit praxisrelevanten Studien aufwartet und dabei auch zu Widerspruch bereit ist. Im Sommer war sie zum Beispiel eine der Ersten, die die Wirkungen des Tankrabatts analysierte. Ihr damaliges Urteil: „ordnungspolitisch falsch und nicht zielgenau“.

Wer sich durch das Twitter-Profil von Monika Schnitzer forstet, dem wird schnell ihre Themenvielfalt deutlich. Schnitzer teilt in der Regel täglich Grafiken, Diagramme und Tabellen. Die Themen sind vielfältig. Zuletzt ging es um den Ölpreis, dann um Zulassungen von E-Autos, zuletzt um Rohstoffe in China.

>> Lesen Sie hier: Monika Schnitzer im Interview zu Entlastungen

Sowenig überraschend, wie ihre Wahl jetzt, so lange hat sie sich doch hingezogen. Im Frühjahr 2021 war Lars Feld, der inzwischen unabhängiger Chefökonom von Finanzminister Christian Lindner (FDP) ist, aus dem Sachverständigenrat ausgeschieden. Auf eine Nachfolge hatte sich die Bundesregierung nicht einigen können, sodass der Rat erst einmal zu viert weitermachen musste.

Eineinhalb Jahre ohne Chefin oder Chef

In dieser Konstellation war es nicht möglich, dass ein Ratsmitglied eine Mehrheit für den Vorsitzposten fand, mehrere Anläufe für Wahlen scheiterten. Truger unterstützte Schnitzer, Wieland und Grimm sich gegenseitig. Nachdem Wieland den Rat im April dieses Jahres vorzeitig verließ, wollten die drei Verbliebenen erst einmal auf die neuen Mitglieder warten.

Nach langem Gezerre in der Bundesregierung ist der Sachverständigenrat inzwischen wieder komplett. Vor zwei Wochen wurden die beiden neuen Weisen Malmendier und Werding berufen. Und der Weg für Schnitzer war frei.

Mehr: Veronika Grimm über Mängel bei der Gaspreisbremse – die Chefin der Gaskommission im Interview



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Politik

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