Auf Druck des Kanzleramts hatte sich die Ampelkoalition in der Auseinandersetzung um eine 35-prozentige Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Cosco am Mittwoch in der Kabinettssitzung darauf geeinigt, dass der Deal nicht untersagt wird, aber die Unternehmen sich an Bedingungen halten müssen. Demnach darf Cosco nur einen Anteil unterhalb von 25 Prozent am Hamburger Container Terminal Tollerort erwerben.
Ein weitergehender Erwerb oberhalb dieses Schwellenwerts wird laut einer Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums untersagt. Grund für die Teiluntersagung sei, dass eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit vorliege, heißt es darin.
Ob Cosco sich auf den Deal zu den neuen Bedingungen einlässt, ist bislang offen. Das Staatsunternehmen reagierte zunächst zurückhaltend auf die Einschränkungen der Bundesregierung.
Man habe die Entscheidung und die Auflagen noch nicht erhalten und müsse sie prüfen, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung, über die die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. „Es gibt keine Garantie, dass die Transaktion stattfinden wird oder wann sie stattfinden kann“, wurden Anleger gewarnt. Cosco erinnerte daran, dass mit dem Logistikkonzern HHLA eigentlich der Kauf von 35 Prozent und nicht von nur 24,9 Prozent vereinbart worden war.
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FDP und Grüne hatten sich gegen eine Beteiligung der Chinesen ausgesprochen. Noch am Dienstag hatte Steffen Saebisch, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, einen Brief an den Chef des Bundeskanzleramtes, Wolfgang Schmidt (SPD), geschrieben. Darin bezeichnet er eine Beteiligung von Cosco am Hafen als „fatales wirtschafts- und geopolitisches Signal“. In einer Protokollnotiz äußerte das Auswärtige Amt schwere Bedenken zur Entscheidung des Kabinetts über den chinesischen Einstieg. Es ergäben sich daraus „erhebliche Risiken“. Sowohl der Brief als auch die Notiz liegen dem Handelsblatt vor.
Warnung von China-Experten: Keine Lösung des politischen Problems
Chinaexperten warnten am Mittwoch vor den Folgen der Entscheidung. „Ein technischer Kompromiss ist keine Lösung für das unterliegende politische Problem“, sagte Janka Oertel, Direktorin des Asienprogramms beim European Council on Foreign Relations.
Wie bei der 5G-Frage versuche sich Berlin hinter vermeintlich cleveren rechtlichen Lösungen zu verstecken und die strategische Frage des Umgangs mit China aufzuschieben. „Das reicht leider nicht mehr aus“, sagte Oertel.
Bundeskabinett billigt Beteiligung von Cosco an Hamburger Hafenlogistik
Agatha Kratz, Chinaexpertin bei der Rhodium Group kritisierte das Signal an die chinesische Staatsführung, das von der Teilgenehmigung des Kaufs ausgehe. Solch ein Geschäft wäre für ein deutsches Unternehmen in China unmöglich zu realisieren, erklärte Kratz. „Das zeigt die Bereitschaft der deutschen Führung, den anhaltenden Mangel an Gegenseitigkeit in den Wirtschaftsbeziehungen zu akzeptieren.“
In einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warnten Dutzende Sinologen vor den Folgen des Deals. Mit der Übernahme gewönne die Kommunistische Partei Chinas „erheblichen Einfluss auf das Terminal Tollerort“, heißt es darin.
In einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warnten Dutzende Sinologen vor den Folgen des Cosco-Deals.
Tim Rühlig von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik sieht vor allem den Zugriff auf die Daten des Hafenterminals, die Cosco wohl durch den Deal erhält, kritisch. „In Häfen fallen Daten an, die umfangreiche Auskunft über den internationalen Warenhandel ermöglichen“, sagte Rühlig.
Zugang zu solchen Daten brächten erhebliche Wettbewerbsvorteile mit sich. „Zudem erscheint es nicht abwegig, dass im Moment eines Wirtschaftskriegs umfangreiche Kenntnisse über Handelsströme und Lieferkettenabhängigkeiten des Gegners nützlich sind“, warnte er.
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Andere sehen den Einstieg weniger kritisch. Jürgen Matthes vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hält den Kompromiss der Bundesregierung für in Ordnung.
Große Abhängigkeiten deutscher Firmen von China
Doch die Fehde werfe durchaus ein „problematisches Licht auf die großen Abhängigkeiten einzelner deutscher Firmen von China“. Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts, sagte, Ad-hoc-Entscheidungen für oder gegen einzelne chinesische Investitionen brächten Deutschland nicht weiter. „Das Problem besteht nicht in dieser Beteiligung per se, sondern darin, dass Deutschland und die EU keine durchdachte geoökonomische Strategie haben.“
Die umstrittene Entscheidung könnte noch ein Nachspiel haben. In dem Brief des Bundesfinanzministeriums an das Bundeskanzleramt schlägt Staatsekretär Saebisch eine Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung vor.
Dabei sei wichtig, dass die Bundesregierung nicht nur mit Blick auf eine europäische Hafenstrategie, sondern „umfassend mit Blick auf sämtliche Beteiligungsinvestitionen Chinas“ eine gemeinsame Haltung in der Koalition entwickele.
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