Berlin Bei der Reform der betrieblichen Altersversorgung in Deutschland ist der nächste Meilenstein erreicht. In der Chemiebranche können Arbeitgeber ihren Beschäftigten künftig eine Betriebsrente anbieten, ohne für die Auszahlungsphase eine bestimmte Rentenhöhe garantieren zu müssen. So sind auch Investments in renditeträchtigere Anlageformen wie beispielsweise Aktien möglich.
Damit wird das sogenannte Sozialpartnermodell aus dem 2018 in Kraft getretenen Betriebsrentenstärkungsgesetz erstmals bundesweit für eine ganze Branche umgesetzt. Die Finanzaufsicht Bafin hat grünes Licht für das Modell gegeben, auf das sich die Gewerkschaft IG BCE und der Arbeitgeberverband BAVC bereits im Sommer in einer Tarifvereinbarung geeinigt hatten.
Betriebliche Altersvorsorge: Freigabe des Sozialpartnermodells
Mit der Freigabe des Sozialpartnermodells durch die Bafin werde eine neue Ära in der betrieblichen Altersvorsorge eingeläutet, sagte BAVC-Hauptgeschäftsführer Klaus-Peter Stiller. „Wir freuen uns sehr, die reine Beitragszusage als erste Branche in Deutschland anbieten zu können.“ IG-BCE-Tarifvorstand Ralf Sikorski betonte, die Vereinbarung könne der betrieblichen Altersvorsorge insgesamt viel Aufwind verschaffen und ein Vorreiter für weitere Branchen und Unternehmen werden.
Das Sozialpartnermodell, das der Versicherer R+V über den Chemie-Pensionsfonds organisiert, soll noch in diesem Jahr starten. Ab dem kommenden Jahr wird es zudem eine Betriebsrente mit reiner Beitragszusage beim Energiekonzern Uniper geben. Auch hier hatte die Bafin kürzlich ihre Zustimmung erteilt.
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Damit kommt das Sozialpartnermodell, das anfänglich auf große Vorbehalte stieß, langsam doch in Schwung. Voraussetzung ist, dass sich Arbeitgeber und Gewerkschaften auf eine Tarifvereinbarung einigen. Auf dieser Grundlage können Arbeitgeber Beschäftigten dann Modelle mit reiner Beitragszusage anbieten. Sie garantieren also nur, in die betriebliche Altersvorsorge einzuzahlen, aber nicht mehr eine bestimmte Rentenleistung. Vor allem die Gewerkschaften sträubten sich zunächst dagegen, das Kapitalmarktrisiko bei den Beschäftigten abzuladen.
Sozialpartnermodell in der Chemiebranche: So funktioniert die betriebliche Altersvorsorge
Beim Sozialpartnermodell für die Chemiebranche setzt die R+V-Versicherung auf ein Anlagekonzept, das sich vor allem aus breit gestreuten Aktienindizes wie dem MSCI World oder dem Euro Stoxx 600 sowie Staats- und Unternehmensanleihen zusammensetzt. Der Aktienanteil könne dabei, je nach Marktlage, zwischen mindestens zehn und höchstens 80 Prozent betragen, teilten BAVC, IG BCE und R+V mit.
Es sei gut, dass das Sozialpartnermodell vier Jahre nach Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes endlich von einer Branche umgesetzt werden konnte, sagte der sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober, dem Handelsblatt. Die lange Dauer zeige aber auch den Reformbedarf: „Die Grundidee, höhere Renditen beim Verzicht auf Garantien, muss leichter zugänglich gemacht werden. Diese Chance sollten nun auch nicht-tarifgebundene Unternehmen bekommen.“
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Erstpublikation am 02.11.22, um 17:24 Uhr.
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