Münster Angesichts der brutalen Unterdrückung regimekritischer Proteste und Waffenlieferungen an Russland will der Westen seinen Druck auf den Iran verstärken. Bei den Beratungen der G7-Außenminister in Münster ging es am Freitag vor allem um härtere Sanktionen gegen das Land.
Für den Fall, dass die iranische Führung der Opposition im Lande weiterhin mit massiver Gewalt begegnet, haben sich die sieben führenden Industrienationen (Deutschland, die USA, Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan, Kanada und die EU) bereits auf neue Strafmaßnahmen verständigt. Das war am Rande des Treffens aus Delegationskreisen zu erfahren.
Am Morgen hatten die G7-Minister unter Leitung von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) über den Iran beraten. Die Grünen-Politikerin verurteilte die „brutale Gewalt, mit der das iranische Regime gegenüber seinen eigenen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern vorgeht“. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sind bereits mehr als 100 Protestierende ermordet worden.
Die Bundesregierung hatte am Donnerstag alle Deutschen aufgerufen, den Iran zu verlassen. Vor allem die Inhaber deutscher und iranischer Pässe sollten ausreisen. Es bestehe die Gefahr, zu Geiseln der iranischen Führung zu werden, argumentierte das Auswärtige Amt.
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Immer wieder werden sogenannte Doppelstaatler im Iran festgenommen. Teheran erkennt die zweite Staatsbürgerschaft nicht an und stuft Menschen mit zwei Pässen als iranische Staatsbürger ein. Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna verlangte von den iranischen Behörden, umgehend rechtswidrig inhaftierte europäische Staatsbürger freizulassen.
Mullah-Regime bestreitet jede Waffenhilfe
Die G7-Außenminister verurteilten den Iran aber auch für seine militärische Unterstützung Russlands. So forderte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell Teheran auf, Waffenlieferungen an Russland sofort einzustellen. Das Mullah-Regime bestreitet jede Waffenhilfe, doch Borrell lässt das nicht gelten. „Die Ukrainer haben Beweise für den Einsatz von iranischen Drohnen geliefert“, sagte Borrell.
Kiew und Washington hätten zudem Erkenntnisse, dass Teheran nicht nur Drohnen liefere, sondern auch Raketen an Moskau liefern wolle. Internationale Beobachter gehen davon aus, dass der russischen Armee mittlerweile die Raketen und Marschflugkörper ausgehen. Um die massiven Attacken auf die ukrainische Energieinfrastruktur fortzusetzen, sei Moskau darauf angewiesen, dass der Iran das Waffenarsenal von Präsident Wladimir Putin neu bestückt.
Parallel zur Intensivierung des Sanktionsapparates versucht Borrell jedoch, das Atomabkommen (JCPoA) mit dem Iran wieder in Kraft zu setzen. Eine Atommacht, die das eigene Volk brutal unterdrücke, sei eine Horrorvorstellung, hieß es aus G7-Kreisen.
Bei diesem Punkt blicken die G7-Staaten gespannt auf die Midterm-Wahlen in den USA am kommenden Dienstag: Sollte US-Präsident Joe Biden eine eigene Mehrheit verlieren, wäre er künftig zu schwach, um amerikanische Sanktionen im Gegenzug für Teherans Verzicht auf Atomwaffen zu lockern. Sein republikanischer Vorgänger Donald Trump war einseitig aus dem Nukleardeal ausgestiegen und hatte die seiner Meinung nach „härtesten Sanktionen aller Zeiten“ verhängt.
Hören Sie in unserem Podcast Today: Wie reagieren die G7-Staaten auf die Unruhen im Iran?
Neben dem Umgang mit dem Iran ging es beim G7-Außenministertreffen auch darum, Russlands Kapitalflüsse für den Ukraine-Feldzug auszutrocknen. Vor allem ihre Pläne für einen Preisdeckel für russisches Öl trieben sie voran. Gemeinsam mit Australien einigten sich die Industriestaaten darauf, eine feste Preisobergrenze für Öllieferungen auf dem Seeweg festzulegen.
Damit entschieden sie sich gegen die Option eines variablen Preises in Form eines Abschlags auf einen Index. Dies werde die Stabilität am Markt erhöhen und die Einhaltung des Preisdeckels vereinfachen, der regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden solle.
Ein konkreter Anfangspreis wurde noch nicht festgelegt. Der Preisdeckel soll ab dem 5. Dezember für Rohöl aus Russland und ab dem 5. Februar für Ölprodukte gelten. Er soll Russlands Möglichkeiten zur Finanzierung des Kriegs einschränken, ohne die globale Ölversorgung zu beeinträchtigen. Russland hat bereits gedroht, kein Öl mehr an Länder zu liefern, die Preisobergrenzen festlegen.
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