Nov 8, 2022
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Bürgergeld-Debatte: Arbeit soll sich lohnen – CDU und FDP präsentieren Vorschläge für den Niedriglohnsektor

Written by Frank Specht


Kellnerin

„Der Leistungsbezug würde im Vergleich zu Beschäftigungen in unteren Einkommensgruppen immer attraktiver“, kritisiert der Deutsche Landkreistag mit Blick auf das geplante Bürgergeld.


(Foto: imago images/Ralph Peters)

Berlin Angesichts der geplanten Anhebung der Regelsätze in der staatlichen Grundsicherung werden Forderungen laut, auch mehr für Arbeitnehmer mit geringem Einkommen zu tun. Der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Nordrhein-Westfalens Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU), brachte ein neues Verfahren zur Berechnung des gesetzlichen Mindestlohns ins Spiel. Die FDP dringt auf Steuererleichterungen für Geringverdiener.

Kritik am geplanten Bürgergeld macht sich auch daran fest, dass die Ampel mit großzügigen Regelungen zur Anrechnung von Vermögen oder geringen Anforderungen an die Mitwirkungspflichten von Leistungsbeziehern kaum Anreize setzt, eine Arbeit aufzunehmen und so die Hilfebedürftigkeit zu überwinden. „Der Leistungsbezug würde im Vergleich zu Beschäftigungen in unteren Einkommensgruppen immer attraktiver“, führte der Deutsche Landkreistag am Montag in der Anhörung zum Gesetz an.

Umgekehrt stellt sich für Beschäftigte im Niedriglohnbereich die Frage, warum sie noch arbeiten gehen sollen, wenn sie am Ende trotz Vollzeitjob nur mit aufstockenden Sozialleistungen mehr Geld zur Verfügung haben als Bürgergeld-Empfänger.

Die CDA setze sich deshalb schon lange für Veränderungen im Niedriglohnbereich ein, weil viele Menschen trotz Arbeit arm seien, sagte Laumann vor Journalisten. Er schlägt vor, das Berechnungsverfahren für den gesetzlichen Mindestlohn zu ändern.

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Die Regierungskoalition argumentiert, gerade erst den Mindestlohn um 22 Prozent auf zwölf Euro angehoben zu haben und so sechs Millionen Menschen den möglicherweise größten „Lohnsprung in ihrem Leben“ beschert zu haben, wie Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte.  

>> Lesen Sie hier: Ampel und Länder streiten weiter über das Bürgergeld – Auch an der Wohngeldreform gibt es Kritik

Doch Laumann denkt schon weiter. Die mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzte Mindestlohnkommission, die im kommenden Jahr über die Anpassung ab 2024 entscheidet, ist gehalten, sich nachlaufend an der Tariflohnentwicklung zu orientieren. Laumann verwies aber darauf, dass in den relevanten Index Einmalzahlungen, wie sie in Tarifrunden zuletzt häufig vereinbart wurden, nicht einfließen. Der Index spiegele also die tatsächliche Lohnentwicklung nur unzureichend wider.

Natürlich werde sich die Kommission bei ihrer nächsten Entscheidung im Rahmen einer Gesamtabwägung verständigen und an der tariflichen Lohnentwicklung orientieren, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell, der dem Gremium angehört. Dabei habe die Kommission auch die neue europäische Mindestlohnrichtlinie zu berücksichtigen, die vorsieht, dass der Mindestlohn bei rund 60 Prozent des nationalen Mittelwerts liegen solle.

Im Übrigen habe es Arbeitsminister Laumann in der Hand, in Nordrhein-Westfalen zügig für bessere Bedingungen zu sorgen. „Er sollte mit gutem Beispiel vorangehen und für mehr Tarifbindung sorgen“, sagte Körzell. „Dazu gehört ein Tariftreuegesetz, das seinen Namen verdient.“

FDP kündigt steuerliche Erleichterungen für Arbeitnehmer an

Beschäftigte, deren Einkommen für den Lebensunterhalt nicht reicht, können ihren Arbeitslohn per Sozialleistungen aufstocken. Allerdings nur auf Antrag. Und im Unterschied zu Bürgergeld-Empfängern müssten sie auch haarklein nachweisen, dass sie tatsächlich bedürftig seien, sagte Laumann weiter.

>> Lesen Sie hier: Ampel einig über Änderungen am Bürgergeld – Nur angemessene Heizkosten werden übernommen

Auch hier setze die Ampelkoalition aber an, sagte der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, Bernd Rützel (SPD). „Wir müssen dafür sorgen, dass Arbeitnehmer nicht aus Scham oder Unkenntnis auf aufstockende Leistungen verzichten. Deshalb wollen wir das, so wie jetzt beim Wohngeld, stärker automatisieren.“

Laumanns Mindestlohn-Vorstoß hält Rützel für ein „Ablenkungsmanöver“ im Streit um das Bürgergeld. Bei der Anhebung des Mindestlohns oder stärkerer Tarifbindung habe die Union sich verweigert. Deshalb sei es verwunderlich, wenn sie sich nun für ein neues Berechnungsverfahren einsetze.

Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Johannes Vogel kündigt steuerliche Erleichterungen für Arbeitnehmer an, wenn wie geplant zum Jahreswechsel die Regelsätze in der Grundsicherung von 449 Euro im Monat für Singles auf 502 Euro angehoben werden: „Gleichlaufend zur Inflationsanpassung beim Bürgergeld müssen und werden wir natürlich auch die Freibeträge bei der Einkommensteuer erhöhen“, sagte Vogel. Gerade in der Krise müssten kleinere Einkommen stärker entlastet werden.

Und wer arbeite, müsse auch immer spürbar mehr Geld zur Verfügung haben als jemand, der nicht arbeite. „Das ist eine Frage der Fairness“, sagte Vogel. Die Ampelkoalition will mit der Bürgergeldreform deshalb auch die Hinzuverdienstgrenzen reformieren. Beschäftigte ohne Kind könnten dann künftig statt aktuell maximal 300 Euro bis zu 348 Euro im Monat von ihrem Einkommen behalten. Bei Erwerbstätigen mit Kind sind es künftig 378 statt 330 Euro.

Mehr: Das neue Bürgergeld – Was die Bundesregierung konkret plant



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