Berlin Die fossilen CO2-Emissionen steigen weiter – entgegen der Ziele, die sich die Staaten im Pariser Klimaabkommen selbst gesetzt haben. Im Jahr 2022 werden sie leicht höher liegen als vor der Coronapandemie.
Das zeigt der neue Bericht des Global Carbon Project, an dem mehr als einhundert Wissenschaftler mitgewirkt haben. Sie nutzen Daten globaler Messnetzwerke und von Satelliten, statistischen Erhebungen und Modellrechnungen und präsentieren ihren Report am Freitag auf der Klimakonferenz in Ägypten.
Insgesamt werden im Jahr 2022 36,6 Milliarden Tonnen CO2 weltweit ausgestoßen werden, so ihre Voraussage. Das wäre rund ein Prozent mehr als 2021. Dazu kommen Emissionen aus der Landnutzung, die vor allem durch die Abholzung von Tropenwäldern entstehen, sie liegen bei 3,9 Milliarden Tonnen.
Die Zahlen stehen im Widerspruch zu den Zielen der Weltgemeinschaft: Die Staaten wollen die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius im vorindustriellen Vergleich begrenzen. Entwickeln sich die Emissionen weiter wie bisher, wird das verbliebene Kohlenstoffbudget zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze in neun Jahren aufgebraucht sein, warnen die Wissenschaftler.
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„Wir sehen einige positive Entwicklungen, aber bei Weitem nicht die tiefgreifenden Maßnahmen, die jetzt eingeleitet werden müssten, um die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu halten“, sagt Julia Pongratz, Professorin für Physische Geographie und Landnutzungssysteme an der Ludwig-Maximilians-Universität München, die an dem Bericht mitgearbeitet hat.
Jan Christoph Minx, Leiter der Forschungsgruppe Angewandte Nachhaltigkeitsforschung beim Berliner Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC), sprach von „schockierenden Zahlen“ und konstatierte: „Wir stecken immer noch im fossilen Zeitalter fest.“
Klimawandel: Emissionen steigen nicht mehr so schnell
Der Bericht hält auch eine gute Nachricht bereit: Das langfristige Wachstum der CO2-Emissionen hat sich abgeschwächt.
24 Länder mit wachsenden Volkswirtschaften haben in der vergangenen Dekade (2012 bis 2021) ihren Ausstoß sogar gesenkt, darunter auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien.
Um bis 2050 die Emissionen auf null zu reduzieren, müssten die gesamten menschengemachten Emissionen um durchschnittlich 1,4 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr gesenkt werden, rechnen die Wissenschaftler vor. Der Rückgang wäre damit so stark wie im Jahr 2020 durch die Coronapandemie – ein Hinweis auf die Drastik der notwendigen Schritte.
>> Lesen Sie auch: Die Weltgemeinschaft kann das 1,5-Grad-Ziel kaum noch erreichen – aber jedes Zehntelgrad zählt
Judith Hauck vom Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven verweist auf teilweise langjährige Trends, die aber dennoch „viel zu schwach“ seien, um die Klimaziele zu erreichen. 2022 gelangt wieder mehr Kohlenstoffdioxid in die Luft, weil insgesamt mehr Öl verbraucht wird und der Flugverkehr nach dem Ende vieler Coronaeinschränkungen deutlich zunimmt.
Große regionale Unterschiede
Es gibt aber große regionale Unterschiede. So werden die Emissionen 2022 im Vergleich zu 2021 in China um etwa 0,9 Prozent und in der Europäischen Union um 0,8 Prozent sinken. In den USA werden sie dagegen um 1,5 Prozent zunehmen, in Indien um sechs Prozent und in der übrigen Welt um 1,7 Prozent.
Dies spiegelt die derzeitigen geopolitischen Krisen und die Pandemielage wider, heißt es in dem Bericht. So sei der Rückgang der Emissionen in China auf die Corona-Lockdowns zurückzuführen. China ist der größte Emittent von Treibhausgasen weltweit, gefolgt von den USA.
In der EU hingegen erklären die Wissenschaftler den Rückgang vor allem mit Einschnitten in der Gasversorgung – die Emissionen daraus liegen 2022 etwa zehn Prozent niedriger als im Vorjahr. Dafür legten die Emissionen durch Kohle (plus 6,7 Prozent) und Öl (plus 0,9 Prozent) zu.
Die Hälfte der Emissionen nehmen natürliche Senken auf
Der Bericht erfasst auch den Verbleib der menschengemachten CO2-Emissionen in den natürlichen Senken wie den Ozeanen und Wäldern. Für 2022 schätzt der Bericht die CO2-Aufnahme des Ozeans auf 10,5 Milliarden Tonnen, die auf dem Land auf 12,4 Milliarden Tonnen.
Die verbleibende knappe Hälfte der Gesamtemissionen bleibt in der Luft und lässt die atmosphärische CO2-Konzentration steigen, auf nunmehr 51 Prozent über ihrem vorindustriellen Niveau.
Zu den natürlichen Senken gehören auch Moore. Für Deutschland hatte darum das Bundeskabinett erst am Mittwoch eine Nationale Moorschutzstrategie beschlossen. Im Zentrum dieser Strategie steht das Ziel, trockengelegte Moore wieder zu vernässen. Trockengelegte Moore setzen Treibhausgase frei und tragen so zur Erderwärmung bei. „In Mooren in Deutschland ist genauso viel Kohlenstoff gespeichert wie in allen deutschen Wäldern zusammen“, sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). „Deswegen sind Moore so bedeutsam für den natürlichen Klimaschutz.“
Mehr: UN-Generalsekretär Guterres: „Sind auf dem Highway zur Klimahölle“
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