London Großbritannien und Frankreich haben sich nach einem jahrelangen Streit auf eine engere Zusammenarbeit bei der Bekämpfung illegaler Einwanderung durch den Ärmelkanal geeinigt. Das Abkommen sei entscheidend, um „die illegale Migration in kleinen Booten in den Griff zu bekommen“, sagte der britische Premierminister Rishi Sunak am Rande des G20-Treffens in Bali. Sunak hatte die Einigung in den vergangenen Tagen nach Gesprächen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron erzielt.
Kern der Vereinbarung ist eine verstärkte Grenzsicherung durch französische Beamte, die von britischen Grenzschützern unterstützt werden sollen. London wird dafür rund 63 Millionen Pfund (etwa 72 Millionen Euro) nach Paris überweisen. Im vergangenen Jahr zahlten die Briten bereits 54 Millionen Pfund dafür, dass die Franzosen ihre Strände besser patrouillieren. Die Zahl der technologisch besser ausgestatteten Grenzwächter soll jetzt von 200 auf 300 aufgestockt werden.
Nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums sind in diesem Jahr bereits mehr als 40.000 Flüchtlinge mit Booten über den Kanal nach Großbritannien gekommen. Allein am vergangenen Samstag waren es fast 1000. Die Kanalüberquerung gilt als gefährlich. Nach Angaben von britischen Wohlfahrtsverbänden sind in den vergangenen fünf Jahren mehr als 150 Menschen bei der Flucht ums Leben gekommen.
Die Flüchtlinge kommen vor allem aus Albanien, Afghanistan und dem Iran. Britische Behörden gehen davon aus, dass insbesondere die meisten albanischen Flüchtlinge aus wirtschaftlichen Gründen mithilfe von Schleuserbanden nach Großbritannien einreisen. Albanien gilt als sicheres Herkunftsland.
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„Viele, die versuchen, in das Vereinigte Königreich zu gelangen, sind eher Wirtschaftsmigranten als Menschen, die vor Verfolgung oder Krieg fliehen“, sagte der britische Außenminister James Cleverly der BBC. Allerdings zeigen die Zahlen des britischen Innenministeriums, dass in den zwölf Monaten bis Juni dieses Jahres etwa drei Viertel der Asylanträge zunächst positiv beschieden wurden.
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Die wachsende Zahl der „Bootsflüchtlinge“ hat im Königreich zu einer innenpolitischen Krise geführt. Anfang November mussten zahlreiche Immigranten aus dem Einwanderungszentrum Manston in Kent evakuiert werden, weil dort wegen Überfüllung nach Angaben von Politikern „unmenschliche“ Zustände herrschten.
Europäischer Menschengerichtshof verhinderte Abschiebung nach Ruanda
Die Kritik richtet sich vor allem gegen die umstrittene Innenministerin Suella Braverman, die mit einer restriktiven Einwanderungspolitik die Krise in den Griff bekommen wollte. Ihr Plan, Flüchtlinge nach Ruanda abzuschieben, ist aber bislang an Einsprüchen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gescheitert.
Braverman hatte deshalb dafür plädiert, dass Großbritannien aus der Europäischen Konvention für Menschenrechte austritt. Die britische Regierung gibt nach eigenen Angaben pro Tag knapp sieben Millionen Pfund aus, um die Flüchtlinge größtenteils in Hotels unterzubringen.
Es gebe „keine schnelle Lösung, es gibt keinen Königsweg“, aber die Zahl der in Großbritannien ankommenden Migranten sei „völlig inakzeptabel“, sagte Braverman bei der Unterzeichnung des neuen Abkommens in Paris.
In diesem Jahr konnten nach französischen Angaben etwa 29.000 Flüchtlinge an einer Kanalüberquerung gehindert werden. Das entspreche einer Erfolgsquote von gut 40 Prozent. Damit das Geschäftsmodell der Schleuserbanden ausgehebelt wird, muss die Quote nach Angaben der Grenzpolizei jedoch bei 70 bis 80 Prozent liegen.
Mehr: Ruanda statt Großbritannien – London verschiebt sein Flüchtlingsproblem nach Afrika
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