Auf Druck der Länder plant die Bundesregierung nun, die Preisbremsen früher einzuführen – doch die Energieunternehmen winken ab.
Berlin Nach Einschätzung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sind die von der Politik gewünschten Starttermine für Strom- und Gaspreisbremse unrealistisch. „So verständlich der Wunsch nach einem Schnellstart ist, es ist niemandem gedient, wenn dieser Schnellstart dann an der Wirklichkeit scheitert“, sagte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae dem Handelsblatt.
Sie betont: „Es geht hier nicht um fehlenden Willen, die Energiewirtschaft tut alles in ihrer Macht Stehende, um Entlastungen schnellstmöglich umzusetzen.“
Nach ursprünglicher Planung sollten die beiden Preisbremsen am 1. März starten. Mittlerweile ist der Zeitplan aber ins Wanken geraten. Die Länderchefs hatten kritisiert, eine Preisbremse, die erst zum Ende des Winters greife, sei verfehlt.
Die Bundesregierung ist daher umgeschwenkt. In einem gemeinsamen Eckpunktepapier von Bundeskanzleramt, Bundeswirtschaftsministerium und Bundesfinanzministerium von Anfang November heißt es nun, die Strompreisbremse solle „bereits ab 1. Januar 2023 wirken“. Eine Verschiebung ist in dem Papier nur für den Notfall vorgesehen: „Sofern die operative Umsetzung nicht sofort zum 1. Januar 2023 möglich ist, soll die Entlastung zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend zu diesem Datum realisiert werden.“
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Als Starttermin für die Gaspreisbremse ist in dem Papier – wie von der Gaskommission empfohlen – der 1. März genannt. Ergänzend heißt es: „Es wird darüber hinaus eine rückwirkende Entlastung zum 1. Februar angestrebt.“
>> Lesen Sie auch: So funktionieren Gas- und Strompreisbremse – und das ist für Verbraucher drin
Kern von Strom- und Gaspreisbremse ist es, den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Basiskontingent an Strom, Gas und Wärme zu gedeckelten Preisen anzubieten. Zusätzlich ist geplant, Gaskunden im Dezember eine „Soforthilfe“ zu gewähren, indem in diesem Monat auf die Abschlagszahlung verzichtet wird. Für große Verbraucher aus der Industrie gelten gesonderte Regeln.
Umstellung könnte bis zu acht Wochen dauern – Personalchaos droht
Damit die Entlastungen auch wirklich bei den Menschen ankämen, müsse sich die Politik auf das Machbare konzentrieren, warnt BDEW-Chefin Andreae. „Die Strom- und Gaspreisbremse erfordern die Umstellung komplexer IT-Prozesse. Das geht nicht über Nacht, sondern muss von spezialisierten IT-Dienstleistern umgesetzt werden“, sagte sie.
Ein Start der Strompreisbremse zum 1. Januar sei deshalb „nicht machbar“. Gleiches gelte für ein Vorziehen der Gaspreisbremse vom 1. März auf den 1. Februar. Der Zeitdruck sei ohnehin bereits enorm.
In einem internen Vermerk des BDEW heißt es, man rechne für die Umstellung der IT-Systeme „mit einer Realisierungszeit von bis zu acht Wochen, beginnend mit der endgültigen gesetzgeberischen Festlegung der Rahmenbedingungen“. Der Vermerk basiert auf Rückmeldungen aus den BDEW-Mitgliedsunternehmen.
Doch ein Gesetz gibt es noch nicht – und auch hier wackelt der Zeitplan schon. Nach bisheriger Planung sollen Strom- und Gaspreisbremse am 18. November vom Bundeskabinett beschlossen werden. Der Bundestag sollte die Regelungen dann Anfang Dezember beschließen, mit einem Beschluss des Bundesrats wurde am 16. Dezember gerechnet. „Bis Weihnachten 2022“ würden die Gesetze dann in Kraft treten, hieß es in einem Zeitplan der Bundesregierung.
Allerdings erklärte Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Montag, das Kabinett werde sich in dieser Woche nicht mehr damit befassen können. Zu komplex seien die nötigen Vorbereitungen und Abstimmungen mit der EU.
In dem Vermerk des BDEW heißt es, erschwert werde die Umsetzung durch Personalengpässe. Die mehrwöchigen Umsetzungsphasen könnten nur eingehalten werden, „wenn alle Experten innerhalb der Unternehmen in die Implementierung eingebunden werden können“. Allerdings seien diese bereits für das ganze Jahr 2023 mit der Umsetzung anderer regulatorischer Vorgaben verplant.
Gewinnabschöpfung: Unternehmen warnen vor Überforderung
Auch die geplante Abschöpfung von Zufallsgewinnen steht nach Einschätzung der Branche auf wackligem Fundament. In einem neun Seiten umfassenden Papier, das der BDEW gemeinsam mit dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) erarbeitet hat, wird auf zahlreiche Fallstricke hingewiesen.
Insbesondere befürchten BDEW und VKU eine Überforderung der Netzbetreiber, die die Abschöpfung der Gewinne umsetzen sollen. Die dafür erforderlichen Daten lägen den Netzbetreibern aber gar nicht vor, heißt es.
Mehr: Wie Mieter einen Überblick über ihren Energieverbrauch bekommen
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