Da die russischen Gaslieferungen ausfallen, müssen Sefe und Uniper das fehlende Gas aus Russland durch erheblich teurer eingekauftes Gas ersetzen, um die Lieferverpflichtungen gegenüber ihren Kunden erfüllen zu können.
Berlin Nach Uniper nun Sefe: Der Bund verstaatlicht den Gasgroßhändler, der bis zum Frühjahr Gazprom Germania hieß. Man werde das Unternehmen, das bislang dem russischen Gasriesen Gazprom gehörte, komplett übernehmen, teilte das Bundeswirtschaftsministerium am Montag mit. Sefe sei überschuldet, es drohe die Insolvenz. Das wolle man verhindern.
Sefe steht seit Anfang April unter Treuhandverwaltung des Bundes. Vorausgegangen war die Ankündigung des russischen Mutterkonzerns, man wolle die deutsche Tochter „aufgeben“. Das Eigentum sollte zwei gänzlich unbekannten russischen Unternehmen übertragen werden. Diesem Vorhaben schob das Bundeswirtschaftsministerium unter Berufung auf das Außenwirtschaftsgesetz einen Riegel vor.
Das Außenwirtschaftsgesetz sieht vor, dass der Erwerb kritischer Infrastruktur durch Nicht-EU-Investoren der Genehmigung durch das Bundeswirtschaftsministerium bedarf. Diese Genehmigung versagte das Ministerium.
In Regierungskreisen hieß es am Montag, der Bund werde „mindestens noch bis zum Ende des Winters 2023/2024“ Eigentümer bleiben. Eine Privatisierung komme erst in Betracht, wenn sich die Gasmärkte dauerhaft beruhigt hätten.
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Die Verluste des Unternehmens beliefen sich, Stand Ende August, auf mehr als drei Milliarden Euro, hieß es weiter. Dem stehe eine Eigenkapital in Höhe von knapp einer Milliarde Euro gegenüber. Da der Wert des Unternehmens somit negativ sei, sei man der festen Überzeugung, dem bisherigen Eigentümer Gazprom Germania keinen Schadensersatz für die Enteignung zahlen zu müssen.
Lieferverpflichtungen werden mit teurer eingekauftem Gas erfüllt
Sefe steht wie auch der Gasimporteur Uniper vor massiven Problemen. Da die russischen Gaslieferungen ausfallen, müssen Sefe und Uniper das fehlende Gas aus Russland durch erheblich teurer eingekauftes Gas ersetzen, um die Lieferverpflichtungen gegenüber ihren Kunden erfüllen zu können.
Nach Uniper nun Sefe: Der Bund verstaatlicht den Gasgroßhändler, der bis zum Frühjahr Gazprom Germania hieß.
(Foto: AP)
Bei jedem Kubikmeter Gas, den die Unternehmen verkaufen, zahlen sie dabei drauf. Allein Uniper hat in den vergangenen Monaten 100 Millionen Euro pro Tag verloren, an manchen Tagen sogar noch mehr. Der Bund hatte vor einigen Wochen die Verstaatlichung von Uniper angekündigt. Der Schritt soll bis zum Jahresende vollzogen sein.
Erschwerend komme hinzu, dass Geschäftspartner und Banken aufgrund der unklaren Eigentümerverhältnisse ihre Geschäftsbeziehungen mit Sefe beenden oder keine neuen aufnehmen wollen, heißt es in der Mitteilung des Wirtschaftsministeriums weiter. Das gefährde die Fortführung der operativen Geschäftstätigkeit von Sefe und damit die Gasversorgung.
>> Lesen Sie hier: Rettungspaket von acht Milliarden Euro – Bund übernimmt Uniper
Im Fall des Ölunternehmens Rosneft Deutschland, das ebenfalls unter Treuhandverwaltung nach Energiesicherungsgesetz EnSiG steht, stellt sich die Lage anders dar. Das Unternehmen, eine Tochter des russischen Ölkonzerns Rosneft, verfüge über eine gute Kapitalausstattung, es drohe keine Überschuldung, hieß es in Regierungskreisen.
Frisches Kapital für Sefe
Das Bundeswirtschaftsministerium beziffert das Volumen der Kapitalmaßnahmen bei Sefe auf rund acht Milliarden Euro. Allerdings fließt nur wenig frisches Geld. Vielmehr werden im Umfang von 7,5 Milliarden Euro Darlehen der staatlichen KfW in Eigenkapital gewandelt („Debt-Equity-Swap“).
Die KfW wird keinen Verlust erleiden, weil der Bund sie davon freigestellt hat. Das Geld ist nicht verloren; im Falle einer Privatisierung kann die öffentliche Hand theoretisch sogar einen Gewinn machen.
Gleichzeitig führt der Bund per Anordnung eine Kapitalerhöhung bei der Sefe durch. Dafür wurde die Securing Energy for Europe Holding GmbH gegründet, diese steht im alleinigen Eigentum des Bundes.
Sie bringt im Rahmen des Kapitalschnitts schrittweise frisches Stammkapital in die Sefe ein, insgesamt 225,6 Millionen Euro, und übernimmt diese damit als alleinige neue Gesellschafterin. Damit ist der Eigentümerwechsel vollzogen.
Am Samstag hatte die EU-Kommission den Weg für die Verstaatlichung frei gemacht, indem sie die Gewährung von 225,6 Millionen Euro frischem Stammkapital genehmigte. Dies war erforderlich, weil es sich um eine Beihilfe handelt.
Zur Begründung der Kapitalmaßnahmen hieß es, es müsse ein „Kaskadeneffekt“ vermieden werden, der im Falle einer Insolvenz von Sefe hätte eintreten können. Das Ministerium verweist insbesondere auf die zu Sefe gehörende Wingas, die zahlreiche Stadtwerke als Kunden hat.
>> Lesen Sie hier: EU-Kommission billigt deutsche Übernahme von Gazprom-Tochter
Der Marktanteil von Wingas in Deutschland liege bei rund 20 Prozent. „Eine Insolvenz der Wingas würde die nachgelagerten Handels- und Verbraucherstufen zu kurzfristiger Ersatzbeschaffung zwingen, was zu weiteren Insolvenzen und Versorgungslücken führen kann“, heißt es in der Mitteilung des Ministeriums.
Mehr: Kalter Entzug von russischem Gas – Deutschland droht ein Notstandswinter
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