Berlin Nachdem die Bundesregierung lange Zeit für zu geringe Investitionsausgaben kritisiert wurde, hat sie in den vergangenen Jahren gegengesteuert. Zwar bleiben die Sozialausgaben im Bundeshaushalt mit Abstand größter Posten, doch die Investitionsmittel für Bereiche wie Digitalisierung, Klimaschutz und Mobilität wurden deutlich erhöht. Das ist das Ergebnis einer Studie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW), die dem Handelsblatt vorliegt.
Experten vom Institut der deutschen Wirtschaft haben die Studie für die VBW erstellt und dazu die Bundesetats seit 2014 analysiert. Sie schlüsseln die Ausgaben nicht wie üblich nach Ministerien auf, sondern untersuchen gezielt die Mittel für von ihnen definierte Zukunftsaufgaben.
Während beispielsweise der Bund für Digitalisierung 2014 im Haushalt nur 420 Millionen Euro vorgesehen hatte, waren es im Jahr 2021 8,94 Milliarden Euro. Damit stieg der Anteil der Ausgaben für Digitalisierung an den Gesamtausgaben von 0,1 auf 1,6 Prozent. Beim Klimaschutz gibt es im gleichen Zeitraum einen Anstieg der Ausgaben von 3,49 Milliarden Euro auf 15 Milliarden Euro beziehungsweise von 1,1 auf 2,6 Prozent.
Im Bereich Mobilität, wozu unter anderem Investitionen in die Schiene zählen, plante der Bund laut Studie 2014 mit 27,5 Milliarden Euro. Für 2021 waren 44,3 Milliarden Euro vorgesehen. Bei Bildung und Forschung stiegen die Mittel von 13,9 Milliarden auf 27,1 Milliarden Euro. Da allerdings auch die anderen Ausgaben deutlich gestiegen sind, fällt der relative Anstieg nicht so groß aus: Der Anteil der Bildungsausgaben am Gesamtetat stieg von 4,6 auf 4,7 Prozent.
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VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt sagt: „Angesichts der gewaltigen investitions-, innovations- und transformationspolitischen Aufgaben ist es richtig, dass der Bund darauf ausgerichtete Haushaltsposten schon seit Jahren deutlich stärkt.“ Es gibt allerdings aus Sicht der Wirtschaft einen großen Haken: „Leider werden vorhandene Mittel aufgrund von bürokratischen Hürden oft nicht ausgegeben.“
Zwischen Soll- und Istwerten klafft oft eine große Lücke
Die IW-Experten haben zudem verglichen, wie viel Geld die Bundesregierung für die Jahre jeweils eingeplant hatte – und wie viel sie am Ende tatsächlich ausgeben konnte. Zwischen diesen Soll- und Istwerten klafft oft eine große Lücke.
Beispiel Digitalisierung: Während 2021 im Haushalt 8,94 Milliarden für Digitalisierung eingeplant waren, wurden nur knapp vier Milliarden Euro dafür ausgegeben. Die Hälfte der ursprünglich eingeplanten Mittel konnte nicht ausgegeben werden. Im Bereich Klimaschutz flossen von den veranschlagten 15 Milliarden Euro nur 10,6 Milliarden Euro ab.
Geld für Digitalisierung
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Milliarden Euro
wurden von der Bundesregierung für Digitalisierung 2021 ausgegeben, obwohl im Haushalt 8,94 Milliarden dafür eingeplant waren.
„Bedenkenswert ist allerdings, dass die Politik ihre selbst gesteckten Ziele in der Vergangenheit offenbar nicht vollauf umsetzen konnte“, heißt es dazu in der Studie. „Denn die Istwerte fielen gerade in diesen Bereichen stets geringer als die Sollwerte aus.“ Experten kritisieren den geringen Abfluss der Mittel schon länger. Sie machen dafür unter anderem lange Planungs- und Genehmigungsprozesse verantwortlich.
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Auch im Bereich Mobilität bleiben der Studie zufolge rund 22 Prozent der Mittel liegen, bei Bildung und Forschung sind es 20 Prozent. Besser sieht es hingegen bei klassischen Infrastrukturinvestitionen aus, etwa in die Schiene. Hier wurde im Jahr 2021 fast die komplette veranschlagte Summe von 14,3 Milliarden Euro tatsächlich ausgegeben.
Entsprechend verringert sich durch den Vergleich von Planung und tatsächlichen Ausgaben auch das Plus für die Investitionen. „Zwar wurden die Ausgabenziele in Form der Sollwerte von 2018 auf 2021 kräftig gesteigert, die tatsächlichen Ausgaben blieben jedoch weit dahinter zurück“, heißt es.
Insgesamt betrugen die vom IW definierten zukunftsbezogenen Ausgaben für Digitalisierung, Klimaschutz, Mobilität sowie Bildung und Forschung im Jahr 2021 rund 80 Milliarden Euro oder knapp 15 Prozent des Gesamtetats.
Auch das Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) hatte kürzlich eine Studie vorgelegt, nach der die Investitionen im Bundeshaushalt noch immer eine untergeordnete Rolle spielen. So dominiert bei den Ausgaben im Bundeshaushalt der Bereich Soziale Sicherung. Die IW-Experten haben auch jeweils ein Ranking der größten Posten erstellt.
Auf Platz eins liegt sowohl im Jahr 2014 mit 83 Milliarden Euro wie auch im Jahr 2021 mit 106 Milliarden Euro der Zuschuss zur Rentenversicherung. Auch die Mittel für den Arbeitsmarkt finden sich jeweils auf den vorderen Plätzen, ebenso für die gesetzliche Krankenversicherung.
Mehr: Ökonomen beklagen Schieflage im Haushalt – „Dringend alle Subventionen infrage stellen“
<< Den vollständigen Artikel: Haushalt: Bund plant immer mehr Milliarden für Investitionen ein – kann sie aber nicht ausgeben >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.