Nov 15, 2022
121 Views
Comments Off on Bund und Länder : Scholz plant bei Genehmigungsverfahren Tempo-Pakt mit den Ländern
0 0

Bund und Länder : Scholz plant bei Genehmigungsverfahren Tempo-Pakt mit den Ländern

Written by Daniel Delhaes

Berlin Das Bundeskanzleramt versucht mit einem eigenen Vorstoß, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und so ein zentrales Versprechen der Ampelkoalition zu erfüllen.

Ein „Pakt für Planungs- Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ zwischen Bund und Ländern soll für „eine gesamtstaatliche Kraftanstrengung“ sorgen, wie aus einem entsprechenden Vorschlag hervorgeht. Das 13-seitige Papier liegt dem Handelsblatt vor und ist mit den Ländern bereits weitgehend abgestimmt.

Um die Industrie, den Energiemarkt und die Infrastruktur zu modernisieren, bedarf es nicht nur milliardenschwerer Investitionen, sondern auch einer Vielzahl von Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte angekündigt: „Wir werden die Zeiten für Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsprozesse beschleunigen, mindestens halbieren.“ Bisher hat die Regierung es allerdings nur geschafft, Notfallzulassungen für schwimmende Flüssiggasterminals auf Nord- und Ostsee zu ermöglichen. Diese sollen bis Ende des Jahres aufgebaut sein.

Bund und Länder streben „eine enge Kooperation an“

Bund und Länder streben „eine enge Kooperation an“, heißt es in dem Papier. Offenkundig will der Bund im föderalen System mehr Aufgaben vereinheitlichen. „Die Nutzung der relevanten Standards für die Prozessschritte und Verfahrensabläufe wird bundesweit einheitlich verbindlich vorgegeben“, heißt es etwa.

Der Bund ist auch bereit, den Ländern Personal mitzufinanzieren, damit diese mehr Sachbearbeiter einstellen. Es sei „erfolgskritisch“, ausreichend Fachkräfte in den Genehmigungsbehörden zu haben.

Im Gespräch ist, einen „Personalpool“ zu schaffen, auf den Bund, Länder und Kommunen zugreifen können. Dieser könnte bei der Inhouse-Beratungsgesellschaft „Partnerschaften Deutschland“ angesiedelt werden. Allerdings gibt es verfassungsrechtliche Bedenken.

Bund und Länder sollen alles dafür tun, „sowohl kurzfristig ab 2023 als auch langfristig“ angemessen Personal bereitzustellen. Dazu soll das Dienst- und Besoldungsrecht geändert werden, damit sich etwa Fachkräfte nicht nur für die Privatwirtschaft, sondern auch für eine Karriere in Behörden interessieren.

Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung ist als Beratungsstelle, Wissenspool und bundesweites Netzwerk geplant, um das Personal zu fördern und weiterzuentwickeln sowie Wissen unter den Ländern zu teilen.

Digital statt analog genehmigen

Digitale Verfahren könnten helfen, den Personalmangel etwas auszugleichen. Allerdings gibt es noch etliche Defizite in den Amtsstuben, für die ein „Kulturwandel in den Verwaltungen“ angemahnt wird. Dennoch soll „der gesamte Prozess Ende zu Ende optimiert und digitalisiert und die Verfahrenssteuerung einbezogen“ werden.

Dies gilt etwa für die Information und Beteiligung der Bürger in Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die einzelnen Verfahrensschritte sollen „modularisiert“ und „digitalisiert“ werden. Dazu sollen unterschiedliche Digitalisierungsvorhaben, die die Länder im Rahmen des Online-Zugangsgesetzes umsetzen, zum Einsatz kommen.

Für das digitale Tool zum Planen und Bauen (BIM) sollen gleich auch Schnittstellen geschaffen werden. „Open-BIM soll bundesweit Standard sein“, heißt es. Grundsätzlich sollen digitale Verfahren „die Regel“ werden, „andere einfache Zugangs- und Teilhabemöglichkeiten bleiben erhalten“, heißt es indes klarstellend.

>> Lesen Sie hier: Verschleppte Digitalisierung: „Zu viele haben den Computer nur als Hilfsmittel gesehen“

Auch Daten sollen Bund und Länder künftig besser nutzen. So lautet etwa ein Ziel, alle in Projekten erhobenen Umweltdaten an ein Kataster zu übermitteln. Überdies soll es bundesweite „Datenräume“ geben.

Um Genehmigungsverfahren zu optimieren, mahnt der Entwurf an, Betroffene „frühzeitig“ zu beteiligen, wie dies seit 2014 im Verwaltungsverfahrensrecht möglich ist.

Beteiligte müssten angesichts der Komplexität der Verfahren geschult werden oder aber die Möglichkeit haben, externe Dritte einzubinden. Im Gegenzug und als Anreiz sollen die anfallenden Gebühren bei den Behörden sinken.

Weniger Rechtsschutz für Umweltverbände

Bei immissionsrechtlichen Fragen, die Folgen für die Umwelt betreffen, sollen die Länder auf Widerspruchsverfahren verzichten – wenn die Umweltauswirkungen der geplanten Anlagen „systematisch und berechenbar“ sind. Dies gelte etwa für Windkraftanlagen, die womöglich schneller über die Bauordnung genehmigt werden könnten.

Auch will der Bund prüfen, inwieweit Ausnahmen beim Rechtsschutz für Umweltverbände möglich sind, um „pragmatischen Lösungen“ Raum zu lassen, etwa bei der Umweltverträglichkeitsprüfung.

Auch könnte es „Bagatellgrenzen“ geben, bei denen die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung entfällt. Genannt wird als Beispiel, Windparks auf dem Meer ans Stromnetz anzuschließen.

Auch das Baugesetzbuch sollen Bund und Länder ändern und so etwa vorbereitende Bauleitpläne künftig binnen eines Monats genehmigen. Zur Diskussion steht, Flächennutzungspläne nicht mehr zu genehmigen oder sogar Flächen anders zu nutzen, als im Bebauungsplan vorgesehen – ohne aufwendig den Plan ändern zu müssen.

Grundsätzlich soll es möglich sein, Bebauungspläne vereinfacht und schneller aufstellen zu können, „um die zügige Schaffung von Baurecht im Siedlungsbereich zu ermöglichen“, wie es in dem Papier heißt. Auch soll es leichter für Netzbetreiber werden, Verkehrswege für den Breitbandausbau zu nutzen.

Darüber hinaus will der Bund bedeutsame Großprojekte vermehrt wie nach der Wiedervereinigung per Gesetz (Legalplanung) beschließen, womit die Verwaltungsverfahren überflüssig sind. Auch soll es leichter werden, Ersatzneubauten, auch wenn sie größer als zuvor ausfallen, ohne Planfeststellungsverfahren umsetzen zu können. Entsprechende Vorschläge will Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) unterbreiten.

Vorgänger Andreas Scheuer (CSU) hatte in der vergangenen Wahlperiode allein vier Gesetze umgesetzt, um Verfahren zu beschleunigen. Dies gilt weiterhin als Mammutaufgabe. Und auch der Entwurf für den Bund-Länder-Pakt attestiert, es „bleibt eine gemeinsame zentrale Gestaltungsaufgabe“.

Mehr: Wie das 49-Euro-Ticket den Nahverkehr auf den Kopf stellt



<< Den vollständigen Artikel: Bund und Länder : Scholz plant bei Genehmigungsverfahren Tempo-Pakt mit den Ländern >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.

Article Categories:
Politik

Comments are closed.