Wien Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat erneut eine Preisobergrenze in dem Land gesetzt – diesmal bei Eiern und Kartoffeln. Die Verbraucherpreise für diese Lebensmittel werden auf dem Stand vom 30. September eingefroren, gab Kanzleramtsminister Gergely Gulyas vor Kurzem bekannt.
In Ungarn ist die Inflation so hoch wie fast nirgendwo sonst in Europa. Im Oktober lag sie bei 21 Prozent. Besonders hoch ist der Preisanstieg bei den Lebensmitteln. Dieser beträgt 40 Prozent, und das trifft ein relatives armes Land wie Ungarn besonders hart. Für einige Lebensmittel wie Zucker, Speiseöl und Hühnerbrust gilt in Ungarn daher bereits seit Februar eine Preisbremse.
Die Gründe für die hohen Preise sind vielfältig. So hat der Krieg in der Ukraine die Energie- und Futterpreise in die Höhe getrieben, und diese Teuerung schlägt auf immer mehr Konsumprodukte durch. In Ungarn herrschte im Sommer aber auch Dürre, was die Futtermittel zusätzlich verteuerte.
Orban kämpft gegen die ausufernde Teuerung bevorzugt mit dem Instrument der Preisobergrenze. Wirtschaftlich gesehen ist es eine gefährliche Maßnahme, weil sie die Märkte schleichend zersetzt.
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Eigentlich weiß Orban mittlerweile genau, welche verzerrenden Effekte ein Preislimit haben kann, denn seit rund einem Jahr versucht er, die Inflation mit diesem Instrument zu bändigen. So hat er im November 2021 bereit beim Benzin eine Obergrenze von 480 Forint (1,15 Euro) verfügt.
Benzinobergrenze verzerrt Markt
Den Markt an der Tankstelle hat er damit allerdings aus dem Gleichgewicht gebracht – der Treibstoff wurde knapp. Orban und seine Entourage haben übersehen: Ein künstlich niedrig gehaltener Preis stimuliert die Nachfrage und führt zu einer Verknappung des Angebots.
So entstand etwa für Autofahrer aus den Nachbarländern Österreich und Slowakei ein Anreiz, in Ungarn zu tanken; gleichzeitig reduzieren internationale Erdölunternehmen ihre Lieferungen ins Land, weil die Geschäftsbedingungen in anderen Ländern attraktiver sind.
Mittlerweile dürfen nur noch Privatpersonen, Taxichauffeure und Landmaschinenfahrer zum Vorzugspreis tanken, aber beispielsweise nicht die Nutzer von Geschäftsautos. Allerdings führt das teilweise dazu, dass Privatpersonen Benzin für 480 Forint pro Liter kaufen und es dann für etwas weniger als den derzeitigen Marktpreis von 697 Forint (etwa 1,69 Euro) weiterverkaufen, heißt es.
Die ersten Auswirkungen der Preisobergrenzen auf dem Eier- und Kartoffelmarkt sind ebenfalls schon sichtbar, obwohl diese erst seit etwa einer Woche in Kraft sind. Einzelhändler haben die Menge an Kartoffeln und Eiern begrenzt, die ein einzelner Käufer erwerben darf.
Ökonomen mutmaßen bereits, dass diese Produkte ähnlich wie Benzin bald noch knapper werden könnten. Das käme das Land teuer zu stehen, weil der schwache Forint Importe stark verteuert hat. Auch haben Produzenten einen Anreiz, ihre Erzeugnisse ins Ausland zu verkaufen, weil sie dort einen höheren Preis erzielen.
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Zsolt Becsey, der Chefökonom des Thinktanks Equilibrium Institute, sagt: „Zudem könnten sich etwa Geflügelbauern fragen, ob es wirtschaftlich noch sinnvoll ist, Eier zu produzieren.“ Zumal sie nicht nur unter der Preisobergrenze litten, sondern auch unter den teuren Futtermitteln und den hohen Heizkosten für die Ställe.
Staatsbudget ist in schlechtem Zustand
Orban lässt sich von solchen Unwägbarkeiten aber offenbar nicht beirren. Finanziell ist Ungarn nur beschränkt in der Lage, der Bevölkerung Ausgleichszahlungen zu leisten. Der Ökonom und Journalist Zoltan Farkas sagte: „Das Staatsbudget ist dafür in einem zu schlechten Zustand.“
Ungarns Budgetdefizit wird laut den Schätzungen von Bankökonomen in diesem Jahr fünf Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) betragen. Zwar subventioniert der Staat den Energiekonsum teilweise. Ein finanzieller „Doppel-Wumms” im Ausmaß, wie es etwa Deutschland bei den Energiekosten plant, ist aber nicht möglich.
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Stattdessen nimmt Orban bei der Inflationsbekämpfung die Produzenten und den Einzelhandel in die Pflicht. Gerade dem Handel, der sich zu einem großen Teil in ausländischem Besitz befindet, hat Orban wiederholt Lasten auferlegt.
Firmen wie Lidl, Tesco, Spar und Auchan bezahlen bereits eine Sondersteuer, da sie infolge der Inflation angeblich Übergewinne erzielen. Damit nimmt Orban allerdings in Kauf, dass das Land zunehmend in Richtung Mangelwirtschaft steuert. Das kenne er aus der Zeit von vor 1989, sagt ein Ökonom.
<< Den vollständigen Artikel: Analyse: Ungarns Ministerpräsident Orban setzt neue Preisobergrenzen – und stürzt das Land in die Mangelwirtschaft >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.