Nov 22, 2022
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CDU: Das neue Wohlfahrtsversprechen: Jens Spahn fordert „Eigentum für alle“

Written by Daniel Delhaes

Berlin Auf dem Weg zu Jens Spahn stehen die Vergangenheit wie auch die Zukunft der CDU Spalier: Entlang des lang gezogenen Flurs im Abgeordnetenhaus des Deutschen Bundestags prangt auf einem Zimmerschild „Armin Laschet“, auf einem anderen „Christina Stumpp“. Der 61-jährige Laschet war kurzzeitig Parteichef und Kanzlerkandidat; die 35-jährige Stumpp ist die erste stellvertretende Generalsekretärin und kümmert sich im Auftrag des neuen CDU-Chefs Friedrich Merz um die Parteibasis. Und Jens Spahn?

Sein neues Büro hat der stellvertretende Fraktionsvorsitzende längst bezogen, inzwischen hängt ein Triptychon-Bild hinter seinem Schreibtisch. Es zeigt eine verschneite Winterlandschaft, so, als wolle hier jemand überwintern, um mit dem nächsten Frühling wieder aufzublühen. Der 42-Jährige – einst Kandidat für den Posten als Generalsekretär, dann für den Parteivorsitz, zuletzt zumindest von Laschets Gnaden CDU-Vize – will sich neu erfinden.

Der Bundesgesundheitsminister a.D. hat in den vergangenen Wochen jede sich bietende Bühne genutzt, um für die Verfehlungen während der Coronakrise Abbitte zu leisten. Im Gepäck hat er sein Buch „Wir werden einander viel verzeihen müssen“, ein Satz, den er zu Beginn der Coronapandemie 2020 als Minister sagte. Er trat in der NDR-Talkshow auf, saß auf roten TV-Sofas oder im RBB-Verhörraum eines Kurt Krömers.

Der Münsterländer kann sich sogar rühmen, Protagonist einer RTL-Dokuserie zu sein. Fünf Jahre haben die TV-Journalisten Spahn immer wieder bei seinem Drängen begleitet, die Parteiführung zu erobern.

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Fast sein halbes Leben gehört er schon dem Bundestag an und wurde ebenso lange als Nachwuchspolitiker bezeichnet. Spahn wäre nicht er selbst, wenn er jetzt aufgeben würde. Während andere Minister der letzten Merkel-Regierung ins dritte oder vierte Glied zurücktreten mussten, rettete sich Spahn gerade noch ins CDU-Präsidium.

Die Grundsatzprogrammkommission als Sprungbrett

Das Amt sicherte ihm den Vorsitz einer wichtigen Arbeitsgruppe in der Grundsatzprogrammkommission: „Wohlstand – Ein Leben, das uns Chancen bietet.“ Sie hat sich damit beschäftigt, Wohlstand zu definieren, den Lebensstandard zu messen, Gerechtigkeit im Steuersystem und auch die Eigentumsbildung zu betrachten. Zudem ging es um Außenwirtschaft und das Verhältnis zu China.

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Zu den externen Ratgebern zählt Spahn Clemens Fuest, Chef des Ifo-Instituts, den katholischen Sozial- und Wirtschaftsethiker Elmar Nass und die Familienunternehmerin und Coroplast-Chefin Natalie Mekelburger wie auch Gewerkschafter und Arbeitgebervertreter. Nächstes Jahr will die Gruppe dann ihre Diskussionen bündeln und zu Papier bringen. „Wir sollten das alte Versprechen ‚Wohlstand für alle‘ ergänzen um ‚Eigentum für alle‘“, sagt Spahn.

Es geht um nicht weniger als ein neues Wohlstandsversprechen. „Wohlstand für alle“ nannte es Ludwig Erhard nach dem Zweiten Weltkrieg, „blühende Landschaften“ sollten es nach der Wiedervereinigung unter Helmut Kohl geben. Und Parteichef Merz will eine offene Flanke, ein „letztes großes Versprechen“ einlösen: die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital.

Wir sollten das alte Versprechen ‚Wohlstand für alle‘ ergänzen um ‚Eigentum für alle‘. Jens Spahn

Spahn selbst hatte das Wohlfahrtsversprechen bei seiner Bewerbungsrede um den Parteivorsitz 2018 umschrieben mit: „Es ist uns nicht egal.“ Leistung müsse sich lohnen, ebenso Wohlstand verteilt werden. Er formuliert es so: „Eigentum für alle“ sei ein altes Versprechen der katholischen Soziallehre. Es sei bis heute nicht eingelöst.

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Qua Amt kümmert sich Spahn um die zentrale Frage dieser Tage: Wie sichern wir unseren Wohlstand? Und als stellvertretender Vorsitzender der Fraktion für Wirtschafts- und Energiepolitik zuständig, kann er das in der Kommission zusammengetragene Wissen gleich prominent nach außen tragen – und sich so für weitere Aufgaben empfehlen.

Zum Wohlstand gehören für Jens Spahn „Dinge, mit denen man eine Stabilität hat und Krisenzeiten überstehen kann“. Ob Corona oder die Energiekrise: „Viele haben überhaupt nicht das Polster, um so eine Zeit zu überstehen.“ Es geht ihm um wirtschaftlichen Wohlstand. Jeder solle nach seiner Façon leben können. Ob aber unmittelbar Gesundheit und Glück dazugehören? Nicht für Spahn. „Dann definiert der Staat irgendwann, was ein gutes Leben ist. Das ist eine ganz schiefe Bahn.“

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Beim Talk mit Kurt Krömer erklärte Spahn die Sache mit seinem eigenen Wohlstand ungefähr so: Er habe eine kleine Wohnung in Berlin gekauft und darin gewohnt. Sie stieg im Wert, er verkaufte, kaufte eine neue. Heute können er und sein Mann eine Villa für rund vier Millionen Euro ihr Eigen nennen.

Spahn will sich auf die Wirtschaftspolitik konzentrieren

Doch ganz so leicht wie bei Spahn ist es für die meisten Menschen dann doch nicht, scheitern sie doch am Startkapital. Spahn gelang es nicht, transparent zu erklären, warum er ausgerechnet während der Coronakrise eine Villa kaufen musste und woher all das viele Geld kam. „Ich habe nicht alles richtig gemacht“, sagt er heute.

Dazu gehören die vielen Fehler bei der Impfkampagne, bis hin zu dubiosen Maskendeals, die den Steuerzahler teuer zu stehen kamen, während etliche Lieferanten heute noch auf ihr Geld warten.

Spahn mit dem Präsidenten des Robert Koch-Instituts Lothar Wieler

In der Corona-Pandemie machte der ehemalige Bundesgesundheitsminister oftmals keine gute Figur.



(Foto: dpa)

Der gelernte Bankkaufmann und ehemalige Staatssekretär im Bundesfinanzministerium will all das hinter sich lassen und sich nun auf die Wirtschaftspolitik konzentrieren. Immerhin war er lange Zeit gern gesehenes Mitglied der Mittelstandsunion. Als Gesundheitsminister aber fiel er bei nicht wenigen in Ungnade, war er doch für sie zu sehr Sozialpolitiker, der vor allem viel Geld ausgab.

Spahn verweist darauf, dass er nur zu gern einen Schuldenfonds aufgelegt und die Ertragsmargen daraus genutzt hätte, um etwa die Beitragssätze in der Pflegeversicherung zu stabilisieren. Ein Gutachten zu dem Vorhaben hat er als Minister erstellen lassen, veröffentlicht hat er es nicht mehr. „Dies wäre ein Weg, wie auch Geringverdiener indirekt von der Kapitalmarktentwicklung weltweit profitieren können.“ Er sympathisiert auch mit einer echten Aktienrente. Vor allem aber müsse das Motto gelten: Wer arbeitet, muss in der Lage sein, sich ein Haus zu leisten.

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