Nov 21, 2022
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Inflation in Deutschland: Erzeugerpreise sinken erstmals seit zweieinhalb Jahren

Written by Julian Olk


Ein Mitarbeiter überwacht die Produktion von Proteinriegeln

Vor allem die Erzeugerpreise im Lebensmittelbereich legen unvermindert zu.



(Foto: dpa)

Berlin In den vergangenen zwei Jahren sind die Preise, die Produzenten für Vorprodukte wie Rohstoffe und Industrieerzeugnisse zahlen, immer weiter gestiegen. Bis jetzt.

Im Oktober sind die Erzeugerpreise erstmals seit Mai 2020 wieder gesunken, und zwar um 4,2 Prozent gegenüber September. Das gab das Statistische Bundesamt am Montag bekannt. Verantwortlich waren dafür vor allem die sinkenden Energiepreise, die im Vergleich zum September um 10,4 Prozent zurückgingen.

„Der überraschend starke Rückgang der Erzeugerpreise könnte ein Vorbote sein, dass wir den Höhepunkt der Inflation überschritten haben“, sagt der Düsseldorfer Ökonom Jens Südekum. Die Inflation könne „sich schneller verabschieden als von vielen gedacht.“ Die Inflationsrate hatte im September bei zehn Prozent und damit so hoch wie noch nie im vereinigten Deutschland gelegen.

Der LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch sprach mit Blick auf die Daten von einem spektakulären „Preisrückgang nach all den Monaten mit deutlichen Preisanstiegen“.

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Rechnet man Energie heraus, sind die Erzeugerpreise im Oktober im Vormonatsvergleich noch leicht gestiegen, um 0,4 Prozent. Besonders die Preise für Lebensmittel haben weiter angezogen, Zucker etwa kostete 47 Prozent mehr.

Wie Erzeugerpreise die Inflation in Deutschland beeinflussen

Die Produzentenpreise sind der wohl wichtigste Vorläufer für die Inflation. In der Statistik werden die Preise ab Fabriktor geführt – noch bevor die Produkte weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen. Zeigen die jüngsten Daten nun an, dass die Spitze der Inflation erreicht ist?

„Gerade in Phasen hoher Inflation funktioniert folgende Daumenregel recht gut: Die Erzeugerpreise kommen verzögert zu einem Drittel in den Verbraucherpreisen, also der Inflationsrate, an“, erklärt der Ökonom Lars Feld, Präsident des Freiburger Eucken-Instituts.

Einkäuferin im Supermarkt

Noch steigen die Preise für Nahrungsmittel.


(Foto: imago stock&people)

Wichtig ist dabei das „verzögert“. So lagen die Erzeugerpreise im Oktober zwar „nur“ noch 34,5 Prozent über dem Vorjahresmonat, im September aber noch um 45,8 Prozent. Nimmt man jetzt, wie Feld, an, dass sich dies zu einem Drittel in den Verbraucherpreisen niederschlägt, dürfte der Scheitelpunkt der Inflation deutlich über den zuletzt gemessenen zehn Prozent liegen – nämlich bei 15 Prozent. Dann aber ist ein Rückgang zu erwarten.

Mit letzterem rechnen auch die Konjunkturprognostiker der führenden Wirtschaftsinstitute. Sie gehen im vierten Quartal dieses Jahres nochmal von einer deutlich höheren Inflation aus. Erst dann, im Frühjahr 2023, rechnen sie mit einem Rückgang. Ökonom Südekum weist deshalb mit Blick auf die Erzeugerpreise daraufhin: „Für Entwarnung ist es noch zu früh.“

Das legt auch eine am Montag veröffentlichte Umfrage des Münchner Ifo-Instituts nahe. Demnach geben die deutschen Unternehmen ihre gestiegenen Einkaufspreise langsam und unvollständig an ihre Kunden weiter.

Inflation: Deutschland „noch nicht über dem Berg“

Die Firmen haben in den vergangenen Monaten ihre Einkaufspreise erst zu 34 Prozent durchgereicht. Bis April planen sie, auf 50 Prozent zu erhöhen. „Dies führt voraussichtlich zu weiterem Inflationsdruck bei den Verbraucherpreisen in den nächsten Monaten“, sagt Ifo-Forscher Manuel Menkhoff. Eine schwache Nachfrage, Wettbewerbsdruck und langfristige Vertragslaufzeiten hemmen die Firmen nach ihren eigenen Angaben bei Preiserhöhungen.

Die Branchen unterscheiden sich erheblich: Am stärksten plant die Industrie höhere Einkaufspreise für Energie, Rohstoffe und Vormaterialien durchzureichen. 68 Prozent der Betriebe wollen das tun. Dann folgt der Bau mit 66 Prozent. Im Handel sind es 53 Prozent, bei den Dienstleistern nur 36 Prozent.

Alexander Kriwoluzky, Leiter Makroökonomie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), sagt deshalb: „Was die Inflation angeht, sind wir weit davon entfernt, über dem Berg zu sein.“ Aber immerhin zeugten die Erzeugerpreise davon, dass „vieles in die richtige Richtung“ geht.

Mehr: Privater Konsum als Billionen-Booster für die Konjunktur

Erstpublikation: 21.11.2022, 08:35 Uhr (zuletzt aktualisiert: 21.11.2022, 17:35 Uhr).



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Politik

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