Nov 22, 2022
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Iran: Iran-Proteste erreichen die Weltmeisterschaft in Katar

Written by Pierre Heumann

Tel Aviv Gerät die Situation für das Regime im Iran außer Kontrolle? Oder kann es sich an der Macht halten und die seit mehr als zwei Monaten andauernden Massenproteste niederschlagen? Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, die Irankritikern eine Bühne bietet, zeigt, dass die Unterstützung für die Demonstranten wächst.

Einige Dutzend Männer, Frauen und Kinder trugen am ersten Spieltag T-Shirts mit der Aufschrift „Zan, Zindagi, Azadi“ (Frauen, Leben, Freiheit). Das ist der Slogan der Anti-Regime-Bewegung im Iran. Vor dem Spiel des Irans gegen England skandierten Demonstranten vor dem Khalifa-Stadion „Sag ihren Namen, Mahsa Amini“ – in Anlehnung an die 22-jährige iranische Kurdin, die vor zwei Monaten festgenommen wurde und kurz danach starb.

Im ganzen Land gehen seither Frauen, aber auch Männer auf die Straße. Sie trotzen den Sicherheitskräften, die die Protestwelle mit Gewalt niederschlagen wollen. Mehr als 300 Tote sind laut Menschenrechtsorganisationen bisher zu beklagen. Seit Beginn der Demonstrationen am 17. September wurden an die 16.000 Menschen verhaftet.

Kritisch äußerte sich auch der Kapitän der iranischen Mannschaft, Ehsan Hajsafi: „Die Bedingungen in unserem Land sind nicht gut“, sagte er. Das Volk sei „nicht glücklich“. Hajsafi, einer der prominentesten iranischen Kicker, ist bei AEK Athen unter Vertrag. Ob er nach dieser öffentlich vorgetragenen Kritik am Regime in den Iran zurückkehren kann, ist nicht klar.

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Dass in Katar, einem der wenigen arabischen Länder mit normalen Beziehungen zu Teheran, auch das Medienunternehmen Al Dschasira regimekritische Kommentare an prominenter Stelle bringt, zeigt, wie weit der Protest auch in der Region geht.

„Meine Leute im Iran stehen unter großem Druck und werden vom Regime umgebracht, deshalb wollen wir diese Gelegenheit nutzen, um unsere Stimme für sie zu erheben“, wird Mahmoud Izadi zitiert, einer der Organisatoren des Protests. „Die Leute, die für den Iran tanzen und jubeln, wurden vom Regime hierhergeschickt, um ein positives Bild vom Iran zu zeichnen“, so Izadi. Er fügt hinzu, dass er nicht da sei, um die Mannschaft zu unterstützen, „weil das Regime unser Volk nicht unterstützt“.

Elina, eine 32-jährige Managerin einer E-Commerce-Firma in Teheran, gibt sich siegessicher: „Es gibt keinen Weg zurück“, sagt sie dem Handelsblatt am Telefon. Seit Jahrzehnten würden Frauen im Iran unterdrückt – „jetzt kämpfen wir für unsere Rechte“.

Die iranische Justiz macht aber aus ihrer Entschlossenheit, den Protesten ein Ende zu setzen, kein Geheimnis: Rund 1000 Menschen wurden bisher angeklagt, weil sie sich an den Demonstrationen beteiligt hätten, heißt es offiziell in Teheran. Mindestens drei Menschen sind bisher zum Tode verurteilt worden, weil sie der Islamischen Republik „Korruption auf Erden“ und „Krieg gegen Gott“ vorgeworfen hatten.

Das Regime glaubt, dass der Aufstand bald vorüber ist

Das Regime glaube, dass der Aufstand bald vorüber sein werde, sagt ein Teheraner Politologe, der anonym bleiben will. Doch es irre sich: „Die Demonstrationen werden nicht bald abebben.“ Aber auch diejenigen würden sich irren, die mit einem baldigen Ende des Regimes rechneten. Gestützt würden die Machthaber zudem vom Mittelstand, der ein ökonomisches Interesse am Bestand der Islamischen Republik habe. Zudem hätten „die Sicherheitskräfte das Potenzial ihrer brutalen Gewalt noch nicht ausgeschöpft“.

Das Regime habe dabei einen Vorteil, so der Politologe. Es müsse auf Kritik westlicher Politiker oder von Menschenrechtsorganisationen keine Rücksicht nehmen. „Das Regime“, sagt der Teheraner Politologe, „profitiert von seiner weltweiten Isolation.“ Die Ajatollahs würden das als „Unabhängigkeit“ preisen. Und die Offiziere würden „bis zum letzten Blutstropfen“ für das Überleben des Regimes kämpfen: „Sollte die Islamische Republik implodieren, würden auch sie mit ihr untergehen, weil sie nirgendwohin gehen könnten.“

Das Schicksal Putins ist entscheidend für den Iran

Zwei Faktoren könnten das Überleben des Regimes beeinflussen. Erstens, wenn es die Militärs nicht mehr bezahlen könne, wäre es bald am Ende, meint der Politologe und sagt einschränkend: „Bis dahin ist es aber ein langer Weg.“ Auf den Meeren verkehren volle Tankschiffe des Irans, die „schwimmende Schatzkammer“ der Ajatollahs. Die beiden wichtigsten Abnehmer des iranischen Öls, China und Russland, würden das Regime mit ihren Dollar-Überweisungen am Leben erhalten.

Der zweite Faktor sei der Kriegsverlauf in der Ukraine. „Wenn Putin am Ende nicht als Sieger dasteht, naht das Ende der Islamischen Republik“, sagt der Politologe. Ökonomisch und politisch seien Moskau und Teheran eng miteinander verbunden. Eine Niederlage Putins würde überdies die iranischen Demonstranten anspornen und ermutigen. „Sollte Putin gestürzt werden“, meint der Experte, „wäre die Islamische Republik über kurz oder lang am Ende.“

Die Ökonomie-Studentin Mayha sagt dem Handelsblatt: „Wir geben nicht auf. Die Jahre der Unterdrückung haben uns stark gemacht.“

Mehr: USA geben Bemühungen um Wiederbelebung von Atomabkommen mit Iran auf



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Politik

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