Bangkok Im Versuch, Chinas Impfrückstand zu verringern, gibt es Fortschritte – doch profitieren kann die Bevölkerung von Asiens größter Volkswirtschaft davon zunächst nicht. Fast zwei Jahre nach der Notzulassung der ersten mRNA-Impfstoffe im Westen hat nun auch das mRNA-Vakzin eines chinesischen Herstellers eine Zulassung erhalten – allerdings nicht in China, sondern in Indonesien.
Im Osten der indonesischen Hauptstadt Jakarta produziert das lokale Biotechnologie-Start-up Etana den Impfstoff AWcorna, der von den chinesischen Unternehmen Walvax und Suzhou Abogen gemeinsam mit dem chinesischen Militär entwickelt wurde. In Kürze soll das Vakzin in dem 275-Millionen-Einwohner großen Land zum Masseneinsatz kommen – sobald der Inselstaat seine Bestände des Biontech-Pfizer-Impfstoffs aufgebraucht hat.
Dass der erste chinesische mRNA-Impfstoff vorerst nur außerhalb der Volksrepublik Verwendung finden soll, unterstreicht den heiklen Sonderweg in Chinas Impfkampagne, der den Abschied von Pekings strikter Null-Covid-Politik weiter zu erschweren droht. Das Land hat bisher keinem mRNA-Vakzin eine Zulassung erteilt. Impfstoffe von Herstellern wie Biontech und Moderna, die im Rest der Welt mit einer vergleichsweise hohen und lang anhaltenden Schutzwirkung überzeugen konnten, kommen in China deshalb nicht zum Einsatz.
Chinesen sind mehrheitlich Impfskeptiker
Ein im internationalen Vergleich niedriges Immunisierungsniveau in China gilt als einer der Hauptgründe für das Festhalten an der Strategie, die Infektionszahlen mit harten Maßnahmen möglichst gegen null zu senken. Von den rund 270 Millionen über 60 Jahre alten Chinesinnen und Chinesen hat laut Behördenangaben ein Drittel noch keine dritte Impfdosis erhalten. Diese gilt besonders bei den in China verwendeten Impfstoffen, die auf inaktivierten Erregern basieren, als essenziell.
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Gerade in den älteren Teilen der Bevölkerung ist in China eine generelle Impfskepsis weitverbreitet. Chinas Erfolge bei der weitgehenden Eindämmung der Pandemie führten zudem bei vielen zu dem Eindruck, dass eine vollständige Immunisierung nicht zwingend notwendig ist. Die Ansteckungswahrscheinlichkeit ist nach wie vor sehr gering: Die Sieben-Tage-Inzidenz lag zuletzt bei weniger als 20 – einem Zehntel des deutschen Wertes.
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Eine Impfpflicht gibt es in China nicht. Pläne in der Hauptstadt Peking, nur Geimpften den Zutritt zu öffentlichen Gebäuden wie Kinos, Museen und Theatern zu gewähren, wurden im Sommer nach massiver Kritik in sozialen Medien binnen weniger Tage wieder zurückgenommen.
Chinas Weigerung, die Impfstoffe westlicher Hersteller zuzulassen, verhindert derzeit auch die Verabreichung neuer Vakzine, die an Virusvarianten wie Omikron angepasst sind. Der Mainzer Hersteller Biontech bemüht sich gemeinsam mit seinem chinesischen Partner Fosun Pharma bereits seit Pandemiebeginn darum, auf dem chinesischen Markt Fuß zu fassen. Der Impfstoff steckt jedoch im Zulassungsverfahren fest.
Ein wenig Bewegung schien Anfang des Monats die Peking-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz gebracht zu haben, der von Biontech-Chef Ugur Sahin begleitet wurde. Laut Scholz haben die Behörden in Peking dabei die Zulassung des Biontech-Vakzins für Ausländer zugesichert – einen Zeitplan, wann das geschehen solle, gab es zunächst aber nicht.
Chinas mRNA-Vakzin angeblich zu 71 Prozent wirksam gegen Omikron
Ein erfolgreicher Start des chinesischen mRNA-Vakzins in Indonesien könnte den chinesischen Behörden aber einen Grund geben, die bisherige Zurückhaltung gegenüber der modernen Impftechnologie zu überdenken. Nach Angaben der indonesischen Gesundheitsbehörden haben klinische Studien eine Wirksamkeit von mehr als 83 Prozent mit Blick auf frühe Coronavirus-Varianten belegt. Gegen die Omikron-Variante sei der Impfstoff nach zwei Impfdosen zu rund 71 Prozent wirksam. Eine unabhängige Bewertung der Ergebnisse in medizinischen Fachpublikationen steht noch aus.
Demonstrationen gegen Corona-Politik in China
Walvax-Vorsitzender Li Yunchun fühlt sich durch die Zulassung in Indonesien aber bestätigt: „Gegenwärtig beherrscht China die wichtigste Kerntechnologie für mRNA-Impfstoffe vollständig und hat eine komplette Lokalisierung und unabhängige Kontrolle der gesamten Lieferkette erreicht“, sagte er. Laut einem Bericht der Staatszeitung „People’s Daily“ bemühe sich Walvax „intensiv“ um eine Notfallzulassung bei der chinesischen Arzneimittelbehörde.
Es wäre nicht das erste Mal, dass ein chinesischer Covid-Impfstoff erst im Ausland zugelassen wird, bevor er auch von den Behörden in Peking genehmigt wird. Im Fall des Coronavirus-Vakzins des Herstellers Sinopharm, das Ende 2020 auf den Markt kam, gab es die ersten Notfallzulassungen in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain. Erst Wochen später stimmte auch Chinas Arzneimittelaufsicht der Verwendung zu.
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