Berlin Bei vielen Unternehmen geht derzeit die Angst vor einer Rezession und einem langanhaltenden konjunkturellen Abschwung um. Dabei stellt sich eine zentrale Zukunftsfrage: Wie kann in einem solchen wirtschaftlichen Klima eine passende Innovationsstrategie aussehen?
Etwa die Hälfte der Unternehmen will ihre nächsten Schritte bei Forschung und Entwicklung an die wirtschaftliche Lage anpassen. Einige Branchen stehen aber gerade jetzt unter besonderem Innovationsdruck. Das geht aus einer Studie der Technologieberatungsfirmen Exxeta, TLGG und Glassdoor hervor, die dem Handelsblatt exklusiv vorab vorliegt.
Die Autoren haben mehr als 100 Führungskräfte aus Innovationseinheiten von Mittelständlern und Dax-Konzernen zum aktuellen Innovationsklima in ihrem Unternehmen befragt.
Etwa die Hälfte der Befragten erwartet bei einem wirtschaftlichen Abschwung Budgetkürzungen im Bereich Innovation, nur drei Prozent rechnen mit einem wachsenden finanziellen Spielraum. Im vergangenen Jahr waren die Ausgaben der Unternehmen in Forschung und Entwicklung um fast sechs Prozent auf insgesamt gut 75 Milliarden Euro gestiegen. Doch die Energiekrise und der Ausblick auf eine mögliche Rezession könnten jetzt auch die Innovationstätigkeiten beeinflussen.
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Das bedeutet allerdings nicht unbedingt, dass Innovationen zurückgefahren werden. Max Orgeldinger, Mitgründer von TLGG Consulting und einer der Autoren der Studie, sieht eher, dass sich in einigen Branchen eine „Refokussierung“ und „Priorisierung“ anbahne. „Es geht jetzt vor allem darum, die Mittel so einzusetzen, dass sie effektiv sind“, sagt Orgeldinger.
Wie weit dieser Trend geht, hängt allerdings von der Branche und ihren individuellen konjunkturellen Zukunftsaussichten ab. Laut der Studie erwarten rund zwei Drittel der befragten Innovationsexperten einen wirtschaftlichen Abschwung in ihrem Sektor. 43 Prozent wollen ihre Innovationsstrategie an diese Erwartungen anpassen.
Die Aussichten der Unternehmen sind nicht nur von Pessimismus geprägt. „Im Finanzbereich gibt es gerade gute Rahmenbedingungen, um besonders innovativ zu sein“, sagt Studienautor Orgeldinger. Dazu zähle ein positives Geschäftsumfeld etwa durch gestiegene Zinsen.
Zurückhaltung bei der Industrie
Gleichzeitig sei der Innovationsdruck auf traditionelle Geldhäuser groß, bei den vielen technologischen Entwicklungen im Finanzbereich nicht den Anschluss zu verlieren. „Auch im Energiebereich gibt es eine hohe Nachfrage nach neuen Lösungen“, sagt Orgeldinger. Das fördere die Bereitschaft, in Innovationen zu investieren.
Anders sieht es laut den Autoren in traditionellen Industriesektoren wie dem Maschinenbau oder der Automobilindustrie aus. In diesen Branchen seien die Unternehmen vor allem darauf bedacht, gut durch eine Phase geringerer Nachfrage zu kommen. Die Automobilindustrie gilt bei Innovationsausgaben als wichtiger Akteur. Laut dem Stifterverband ist die Branche für 34 Prozent der Aufwendungen in Forschung und Entwicklung verantwortlich.
Die zuständige Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) erklärte kürzlich, dass die derzeitigen „großen Herausforderungen“ durch Forschung und Innovation bewältigt werden müssten, und fordert, dass Deutschland eine Führungsrolle bei Schlüsseltechnologien einnehmen müsse.
Technologie ist das Zukunftsthema für die Unternehmen
Tatsächlich liegen bei den Unternehmen vor allem Technologiethemen im Trend. Für 80 Prozent der Unternehmen wird laut der Studie Künstliche Intelligenz an Bedeutung gewinnen, gefolgt von Kreislaufwirtschaft und Cloudcomputing (beide 57 Prozent).
Um in diesen Bereichen Fortschritte zu machen, rät die Studie vor allem zu einer Kooperation mit Start-ups. Während dieses sogenannte Corporate Start-up Partnering (CSP) bei Großkonzernen schon praktiziert werde, seien selbst große Mittelständler momentan noch oft zögerlich.
>> Lesen Sie hier: Wie die Kooperation von Mittelstand und Start-ups gelingen kann
Insgesamt gilt die deutsche Wirtschaft bei Innovationsausgaben im internationalen Vergleich eher als zurückhaltend. Bei einem Ländervergleich der OECD lag Deutschland hinter vielen anderen Staaten wie etwa Israel, Belgien und Österreich. „Der deutsche Ansatz gegenüber Innovationen ist eher konservativ geprägt“, erklärt Orgeldinger. Doch das müsse nicht unbedingt schlecht sein, gerade in wirtschaftlichen Abschwungphasen.
Denn, so sagt der Digitalexperte: „Technologiethemen sind zyklischer Natur.“ In manchen Bereichen herrsche oft ein regelrechter Hype, in dem extrem stark investiert werde. In konjunkturell schlechteren Phasen hingegen dominiere eine etwas nüchternere Perspektive, die aus marktwirtschaftlicher Sicht durchaus gesund sein könne.
Mehr: Wirtschaft investiert wieder mehr in Innovationen – eine Branche aber bleibt im Rückstand
<< Den vollständigen Artikel: Forschung und Entwicklung: Angst vor Abschwung: Unternehmen wollen Innovationsstrategie anpassen >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.