Paris Die französische Regierung hat einen Notfallplan zur Stromversorgung im Winter ausgearbeitet. Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne hatte einen Krisenstab einberufen, um eine Katastrophe in den kommenden Monaten zu verhindern. Zwar wird ein Blackout ausgeschlossen. Frankreich bereitet sich dennoch auf Engpässe bei der Stromversorgung vor. Regierungssprecher Olivier Véran spricht von „außergewöhnlichen Maßnahmen als letzter Ausweg“.
Die französische Regierung befürchtet, dass die Stromerzeugung bei einem kalten Winter im Januar teilweise nicht ausreichen könnte. Grund für die Versorgungsengpässe ist die verzögerte Wartung vieler Atommeiler. Frankreich muss sich deshalb auf eine kontrollierte Unterbrechung der Versorgung von zwei Stunden vorbereiten. Es soll sich um lokale Stromausfälle handeln, die kleine Gebiete und nicht ganze Städte oder ein komplettes Département betreffen.
Dem Plan zufolge könnte der Strom im Zeitraum zwischen 8 und 13 Uhr oder zwischen 18 und 20 Uhr unterbrochen werden. In dem Fall würde die Bevölkerung über die zentrale Warn-App Ecowatt alarmiert. Krankenhäuser und andere wichtige Einrichtungen wie Feuerwehr und Polizei sollen verschont bleiben.
Wer in der Nähe einer wichtigen Einrichtung wohnt und über dieselbe Stromleitung versorgt wird, kann hoffen, weiter Strom zu haben: So könnten die Ausfälle über das Land hinweg 60 Prozent der Verbraucher treffen, in Paris aber nur 20 Prozent.
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Internet und Telefone funktionieren bei einem Ausfall nicht, Züge und Metro sollen nicht fahren. Die Schulen sollen geschlossen bleiben, wenn in einer Gegend der Strom abgestellt wird. Fraglich ist noch, ob die zentrale Notfallnummer 112 weiter erreichbar sein wird.
Noch immer zu wenig Kernkraftwerke im Einsatz
Die Situation in den französischen Atomkraftwerken ist immer noch angespannt. Ende November liefen 21 der 56 Atommeiler nicht. Wartungsarbeiten, Korrosionsprobleme, die Pandemie und Streiks haben den französischen Energiekonzern EDF ausgebremst. Im Dezember sollen elf Meiler wieder hochgefahren werden. Der französische Netzbetreiber RTE rechnet aber damit, dass sich das bis in den Januar hineinziehen könnte.
Die restlichen Reaktoren sollen bis Februar wieder am Netz sein. Schon länger liegt EDF hinter dem Plan von Mitte September zurück: Demnach sollten aktuell nur neun Meiler nicht laufen.
>> Lesen Sie hier: Frankreich fährt seine Atomkraftwerke wieder hoch – und will den Bau neuer Reaktoren beschleunigen
Neben dem Wetter und dem Fortschritt bei den Atomkraftwerken hängt bei der Stromversorgung viel von Frankreichs Nachbarn ab. Das Land muss von den europäischen Partnern Elektrizität einkaufen, darunter vor allem von Deutschland und Belgien, aber auch von Spanien und Großbritannien. Mit Deutschland hat Frankreich gerade ein Solidaritätsabkommen getroffen. Deutschland liefert Strom an Frankreich, Frankreich Gas an Deutschland.
Doch die Kapazitäten dafür sind nicht unbegrenzt, sondern abhängig von der Versorgungslage in Deutschland. Laut RTE-Chef Xavier Piechaczyk könnte es im Winter mehr als zehnmal zu Ausfällen kommen, wenn die Atomreaktoren nicht hochgefahren werden und es besonders kalt wird. Bleibt es wärmer, sind bis zu sechs Ausfälle nicht ausgeschlossen.
Die Strom-Abhängigkeit Frankreichs von anderen Ländern war noch nie so hoch. Die Zahl der Tage, an denen Strom aus anderen Ländern importiert wurde, stieg von 17 im Jahr 2018 auf in diesem Jahr 220 allein bis Ende November. Vorher war Frankreich ein großes Exportland für Strom. In den Jahren 2014 und 2015 wurde gar kein Strom eingeführt.
Mehr: Gas gegen Strom – Deutschland erhält ab sofort Gas aus Frankreich
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