Dec 6, 2022
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Deutsch-Afrikanischer Wirtschaftsgipfel: Misswirtschaft in Südafrika – Habeck trifft auf ein ramponiertes Land und einen angeschlagen Staatschef

Written by Wolfgang Drechsler


Strommasten des Konzerns Eskom

Die chronischen Stromausfälle lähmen das Land und seine Wirtschaft.



(Foto: Reuters)

Johannesburg Einen unerwarteten Erfolg hat der vierte Deutsch-Afrikanische Wirtschaftsgipfel in Johannesburg bereits zum Auftakt erzielt: Dank der Präsenz von Südafrikas Staatschef Cyril Ramaphosa ist das Interesse an der Veranstaltung so groß wie seit Langem nicht mehr.

Lokale wie überregionale Medien berichten. Schließlich ist es Ramaphosas erster öffentlicher Auftritt nach seinem Beinahe-Rücktritt in der vergangenen Woche – er beendet zumindest einstweilig alle Spekulationen darüber, ob der 70-Jährige seinen Posten wegen eines zur Staatskrise eskalierten Korruptionsskandals nicht womöglich doch noch vorzeitig räumt.

Ramaphosa wurde von verschiedenen Beobachtern zuletzt als erschöpft und amtsmüde beschrieben. Aber nicht nur das.

Erst vergangene Woche kam die zur Aufklärung der Vorwürfe gegen Ramaphosa einberufene Expertenkommission zu dem Schluss, dass der Staatschef eine größere Geldsumme illegal auf seiner Wildfarm im Norden des Landes gehortet habe. Er habe sein Amt als Staatspräsident eindeutig mit geschäftlichen Interessen vermengt, was die Verfassung ausdrücklich untersagt.

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Ramaphosa selbst hat alle Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen und wird den Bericht nun juristisch überprüfen lassen. Zwar hat er damit Zeit gewonnen, doch belasten die Vorwürfe seine Präsidentschaft weiterhin schwer.

>> Lesen Sie dazu auch: EU fördert Südafrikas grüne Energiewende – aber kauft dort immer mehr Kohle ein

Unabhängig vom weiteren Gang der Dinge dürfte der Schaden für Ramaphosa immens sein. Der politische Kommentator Richard Calland, der gerade ein Buch über die fünf südafrikanischen Präsidenten seit dem Ende der Apartheid verfasst hat, sieht ihn schon jetzt als einen „Lame duck“-Präsidenten, also einen Staatschef ohne echte Macht.

In einem Land mit einer Jugendarbeitslosigkeit von mehr als 60 Prozent gilt der vor allem durch seine politischen Beziehungen märchenhaft reich gewordene Präsident seit Längerem als abgehoben und zunehmend realitätsfern.

Südafrikas Präsident Ramaphosa

Der Regierungschef sieht sich heftigen Korruptionsvorwürfen ausgesetzt.



(Foto: Reuters)

Wie der Publizist Calland kritisieren immer mehr Beobachter seine Unentschlossenheit und sein Zurückscheuen vor einer dringend nötigen Liberalisierung der staatlich hart gegängelten Wirtschaft. Die Krisensymptome sind allgegenwärtig, sie zeigen sich zum Beispiel in immer heftigeren Stromausfällen und einer grassierenden Korruption im Alltag. Ramaphosa muss sich den Vorwurf gefallen lassen, die Vetternwirtschaft nur zögerlich bekämpft zu haben.

Genau darauf könnte auch Robert Habeck abzielen, wenn er den Wirtschaftsgipfel am Dienstag eröffnet und tags darauf dem maroden staatlichen Stromkonzern Eskom einen Besuch abstattet. Das Missmanagement des Unternehmens durch den regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) gilt als eine Hauptursache der gegenwärtigen Misere am Kap.

>> Lesen Sie dazu mehr: Warum Wirtschaftsminister Habeck auf Afrika setzt

In diesem Jahr wurde der Strom in Südafrika bereits an mehr als 170 Tagen für ein paar Stunden gekappt. Momentan sind es fünf Stunden am Tag. Mitte September musste die Produktion sogar um die Rekordmenge von 6000 Megawatt gedrosselt werden, was elf Stunden ohne Strom pro Tag bedeutete – verheerend für Afrikas einziges Industrieland.

Dabei war Eskom bis zur Jahrtausendwende einer der größten und profitabelsten Stromproduzenten der Welt. Dann aber nutzte der ANC den Konzern dazu, altgediente Mitglieder mit hochbezahlten Posten im Management zu versorgen. Im Gegenzug wurden viele weiße Techniker entlassen, weil im Zuge des von der Regierung verordneten „Black Empowerment“ die Hautfarbe über die Qualifikation gestellt wurde.

Viele deutsche Mittelständler kritisieren die immer strengeren Auflagen, die eigentlich der wirtschaftlichen Stärkung der unter der Apartheid benachteiligten Bevölkerungsmehrheit dienen sollten, aber wegen ihres Missbrauchs jetzt oft das Gegenteil bewirken.

Robert Habeck in Südafrika

Der Bundeswirtschaftsminister eröffnet am Dienstag die Deutsch-Afrikanische Wirtschaftskonferenz in Johannesburg.



(Foto: dpa)

Die Rechnung für die ideologische Rigidität der Regierung zahlt nicht nur das Land selbst. Leidtragende sind auch die deutschen Investoren, die, wie etwa der Flugzeugsitzehersteller Recaro, ihre Produktionsanlagen teuer aufrüsten müssen.

Selbst wenn am Kap nicht alle Lichter ausgehen, dürften die massiven Stromabschaltungen die schon vor Corona schwer angeschlagene Wirtschaft hart treffen – und alle Wachstumshoffnungen ersticken. Der Politik- und Wirtschaftsspezialist Daniel Silke sagt es drastisch: „Angesichts der fortgesetzten Energiekrise kann Südafrika eine wirtschaftliche Erholung ad acta legen. Es ist eine selbst verschuldete Krise, für die wieder einmal niemand die politische Verantwortung übernimmt.“

Aber es gibt auch Hoffnung. So steigt weltweit das Interesse am Rohstoffreichtum Afrikas, zudem wird der Energiesektor für private Stromanbieter geöffnet. Und so sprechen Vertreter vieler deutscher Unternehmen von Afrika als „Chancenkontinent“.

Einer davon ist Heinz-Walter Große, Chef des Medizinherstellers B. Braun Melsungen, der seit Langem die Subsahara-Afrika-Initiative der deutschen Wirtschaftsverbände (Safri) leitet und in Verbindung damit auch dem Wirtschaftsgipfel in Johannesburg vorsteht.

Klar ist jedoch, dass die Wirtschaftsbeziehungen Deutschlands zu den 48 Staaten südlich der Sahara stark ausbaufähig sind: Das deutsche Handelsvolumen lag zuletzt bei mageren 26 Milliarden Euro – etwa so viel wie das mit der Slowakei und nur ein Sechstel des Handelsaustauschs, den Deutschland mit den benachbarten Niederlanden erzielt.

Mehr: Afrika bietet Lösungen für die aktuellen Krisen



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Politik

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