„Es ist legitim, in der Migrationspolitik zu sagen, wen wir aufnehmen wollen und können und wen wir nicht aufnehmen wollen und können.“
(Foto: IMAGO/IP3press)
Paris Während Bundesregierung und Opposition in Berlin über ein neues Staatsbürgerschaftsrecht streiten, steht auch in Frankreich die Zuwanderungspolitik auf dem Prüfstand. Die Regierung von Präsident Emmanuel Macron präsentierte am Dienstag die Eckpunkte einer Reform, die mehr Härte bei Abschiebungen und mehr Tempo in Asylverfahren vorsieht.
Bei der Ausweisung straffällig gewordener Migranten werde man „unerbittlich“ vorgehen, sagte Macrons Premierministerin Élisabeth Borne vor der Nationalversammlung in Paris. Zugleich sollen Ausländer, die bislang ohne eine Arbeitserlaubnis in Branchen wie der Gastronomie oder auf dem Bau tätig sind, die Chance auf ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten.
Borne machte deutlich, dass man verfolgte Menschen weiter aufnehmen werde. „Frankreich wird seiner Tradition treu bleiben, Asyl zu gewähren“, sagte sie.
„Aber es ist legitim, in der Migrationspolitik zu sagen, wen wir aufnehmen wollen und können und wen wir nicht aufnehmen wollen und können.“ Eine totale Abschottung sei dabei ebenso unrealistisch wie eine „deregulierte Zuwanderung“.
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Mit der Reform versucht Macrons Mitte-Koalition, die seit dem Sommer keine eigene Mehrheit mehr im Parlament hat, einen Balanceakt. Die Regierung sucht die Abgrenzung sowohl zur Rechtsaußen-Partei Rassemblement National als auch zum linken Lager mit der Partei Unbeugsames Frankreich, den Grünen und den Sozialisten. Borne sprach von einem „ausgewogenen“ Vorhaben, das „Effizienz und Menschlichkeit“ vereine.
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Unterm Strich biegt die französische Regierung in der Migrationspolitik aber nach rechts ab. Das Ziel von Macron ist es offenbar, die Reform mit Unterstützung der bürgerlich-konservativen Opposition durch das Parlament zu bringen.
Dauer der Asylverfahren soll sich halbieren
Die Zuwanderungspolitik ist in Frankreich sehr umstritten, das Thema versucht vor allem der Rassemblement National mit ausländerfeindlichen Tönen für sich zu nutzen. Die Debatte um Abschiebungen kochte zuletzt im Oktober nach dem Mord an einem zwölfjährigen Mädchen in Paris hoch. Die mutmaßliche Täterin, eine Algerierin, hielt sich illegal in Frankreich auf.
Borne sagte, die „zentrale Herausforderung“ seien jene Migranten, die sich ohne Bleiberecht in Frankreich aufhielten. Sie seien oft „Opfer von Schlepperbanden, die ihnen ein Eldorado versprochen hätten“. Doch sie würden nicht selten in prekären Verhältnissen leben oder in die Kriminalität abgleiten.
Ziel der Regierung sei, die Dauer der Asylverfahren von derzeit im Schnitt einem Jahr auf sechs Monate zu halbieren. Die Möglichkeiten, gegen einen negativen Asylbescheid Einspruch einzulegen, sollen begrenzt werden.
Migranten ohne Bleiberecht sollen „systematisch“ ausgewiesen werden, sagte die Premierministerin. Ausländer sollen bei Straffälligkeit einen Aufenthaltstitel auch leichter verlieren können. Auf EU-Ebene will sich Paris für mehr Kontrollen an den Außengrenzen, eine Stärkung der Grenzschutzagentur Frontex sowie eine Vereinheitlichung des Asylrechts einsetzen.
Französisch-Kenntnisse als Voraussetzung
Zugleich will Macrons Regierung Migranten mit Bleibeperspektive besser integrieren – und setzt dabei auf den Arbeitsmarkt. Dazu soll die Liste der Berufe mit Fachkräftemangel um Tätigkeiten in der Gastronomie, in der Logistik oder auf dem Bau erweitert werden. Es sind gerade diese Branchen, in denen Migranten ohne gültige Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis tätig sind.
Ihnen will die französische Regierung ein Bleiberecht ermöglichen. Wichtige Voraussetzung sind allerdings Sprachkenntnisse: Für Aufenthaltstitel von mehr als einem Jahr müssen Ausländer aus Nicht-EU-Staaten den Plänen zufolge in einem Test ein „minimales Französisch-Niveau“ vorweisen können.
Macrons Regierung plant, Anfang des kommenden Jahres einen detaillierten Gesetzentwurf vorzulegen. Im Frühjahr soll die Zuwanderungsreform dann vom Parlament verabschiedet werden.
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