Dec 7, 2022
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DIW-Studie : Problemfall Wasser: Experten fordern höhere Preise für die Industrie

Written by Barbara Gillmann


Teslas Gigafactory in Grünheide

Elon Musks Vorzeigefabrik verbraucht 3,8 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr.



(Foto: dpa)

Berlin Steigende Temperaturen und steigende Kosten: Deutschland bekommt ein Wasserproblem. Vielerorts sinkt durch die anhaltende Wärme der Grundwasserspiegel. Und das verbleibende Wasser ist zunehmend mit Nitrat aus der Landwirtschaft belastet. Beides erhöhe auf Dauer die Kosten für Wirtschaft und Verbraucher, warnt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Folge seien vermehrte Wassernutzungskonflikte zwischen Industrie, Haushalten und Landwirtschaft.

Um das zu begrenzen, empfehlen die Autoren vor allem für große Industriekunden Anreize zum Wassersparen. Auch müsse Schluss sein mit „der Bevorzugung der Industrie, die derzeit große Mengen zu sehr niedrigen Preisen verbraucht“, so das Team um DIW-Ökonomin Astrid Cullmann.

Die Aufbereitungskosten für Wasser steigen vor allem durch Phosphor und Nitrat, dass durch Überdüngung ins Grundwasser gespült wird. Schätzungen zufolge führe etwa eine Steigerung der Nitratkonzentration um 10 Milligramm pro Liter für ein durchschnittliches Trinkwasserunternehmen mit etwa 50.000 Kunden und Kundinnen zu einer Erhöhung der Kosten um etwa 110.000 Euro pro Jahr, schreibt das Cullmann-Team. 

Die deutschlandweiten Gesamtkosten sind bisher unbekannt, es dürfte sich aber um enorme Summen handeln. Denn die Säuberung des Wassers ist vielerorts notwendig, zahlreiche Gemeinden überschreiten den EU-Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter – teilweise um bis zu 700 Prozent. 

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Die EU hatte Deutschland daher schon vor Jahren mit Strafzahlungen gedroht. Diese wurden zuletzt durch die Verschärfung der Düngemittelverordnung abgewendet. Bisher gibt es aber kaum Verbesserungen, wie der jüngste Nitratbericht von 2021 zeigt. 

BASF verbraucht so viel wie eine Kleinstadt

Daher plädiert das DIW für eine gerechtere Verteilung der Wasserkosten und generelle Anreize für einen sparsameren Umgang. Aktuell „beobachten wir eine sehr willkürliche Preisgestaltung“, kritisiert das Institut. So verlangten etwa drei Bundesländer überhaupt kein Entgelt für die Entnahme von Wasser. In den übrigen gebe es zahlreiche Ausnahmeregelungen, etwa für Bergbau und Landwirtschaft. 

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Verteilungsfragen würden generell nicht über den Preis geregelt, sondern per Anordnung: So verfüge die Verwaltung bei Wassermangel etwa einen Mengendeckel für Neukunden oder verbiete die Bewässerung von Gärten. Industrielle Großverbraucher hingegen erhielten meist Langzeitverträge zu niedrigen Preisen, sodass es kaum Anreize zum Sparen gebe. 

Dabei sind deren Verbrauchswerte gigantisch: Der Chemiekonzern BASF in Schwarzheide etwa entnehme bis zu 3,3 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Tesla in Grünheide hat rund 3,8 Millionen Kubikmeter pro Jahr beantragt.

Der LEAG-Braunkohletagebau in Jänschwalde habe mehr als 100 Millionen Kubikmeter Grundwasser pro Jahr beansprucht, wovon allerdings nur 42 Millionen Kubikmeter offiziell genehmigt gewesen seien. Zum Vergleich: Eine 80.000-Einwohner-Stadt verbraucht pro Jahr etwa 3,6 Millionen Kubikmeter Wasser.

Studienautoren kritisieren Intransparenz und fehlende Kontrolle bei der Wasserentnahme

Generell führten Intransparenz und fehlende Kontrolle bei der Wasserentnahme sowie die willkürlichen Preise dazu, dass „die Bedürfnisse der Industrie bevorzugt und auf Kosten der Bürger gedeckt werden“, lautet das Fazit der DIW-Autorinnen. Zudem seien die Preise in den Bundesländern extrem unterschiedlich: So variierten sie in der Landwirtschaft zwischen 0,5 und 31 Cent je Kubikmeter und im Bergbau zwischen 6 bis 31 Cent je Kubikmeter.

>> Lesen Sie hier auch: Welche Investments in Wasser helfen, den Wassermangel zu bekämpfen

Neben der Einführung von Markt- und Preismechanismen empfiehlt das DIW auch Maßnahmen, um die Belastung von Fließ- und Grundwasser zu senken – und so Kosten von morgen zu vermeiden. Vor allem der Ökolandbau könne die Verschmutzung reduzieren.

„Empirische Ergebnisse haben gezeigt: Wenn der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche steigt, sinkt die Nitratkonzentration im Grundwasser“, sagt Cullmann. Der Kampf gegen Überdüngung ist auch ein Ziel der neuen „Farm-to-fork“-Strategie (vom Hof auf die Gabel) der EU.

>> Lesen Sie hier auch: Düngerknappheit, Pestizidverbote: Landwirte und Agrarindustrie fürchten um die Ernten

Ein großer Wasserverbraucher ist zudem die hierzulande übliche Wassertoilette. Würde man auf Trockentoiletten umstellen, würde dies einerseits den Verbrauch von Frischwasser erheblich senken und zugleich die Produktion von Recyclingdünger aus menschlichen Ausscheidungen ermöglichen.

Umfragen zeigten, dass die Bevölkerung dafür offener sei als erwartet. Allerdings erlaubten die heutigen Gesetze – anders als bei Klärschlamm, Gülle oder Bioabfall – den Gebrauch von Recyclingdüngern aus menschlichen Ausscheidungen, die getrennt von Abwasser gesammelt werden, noch nicht. 

Mehr: Greentech: Pink Elements will die weltweit größte Plattform für Umweltdaten schaffen



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Politik

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