Die Stiftung ist mit 4,4 Milliarden Euro ausgestattet. Unternehmen, die sich jetzt qualifizieren, können Anfang 2023 konkrete Angebote für die Produktion und Lieferung von grünem Wasserstoff im Zeitraum von Anfang 2024 bis Ende 2033 machen. Zu den Bedingungen zählt, dass der Wasserstoff außerhalb der EU hergestellt wird. Abnehmer, die den höchsten Preis zu zahlen bereit sind, bekommen den Zuschlag.
Und so funktioniert es: Die Stiftung schließt auf der einen Seite langfristige Abnahmeverträge, um Wasserstoffproduzenten Planungs- und Investitionssicherheit zu geben. Auf der anderen Seite schließt „H2 Global“ Verkaufsverträge, um den Bedarf an grünem Wasserstoff zu bedienen. „H2 Global“ kauft die Produkte zu möglichst niedrigen Preisen an und verkauft sie anschließend an den Abnehmer, der den höchsten Preis zahlt. Sofern zwischen An- und Verkauf – wie derzeit erwartet – ein Verlust entsteht, soll die Stiftung diesen aus den Fördermitteln des Bundeswirtschaftsministeriums ausgleichen.
In der Ausschreibung heißt es, Ziel des Bundeswirtschaftsministeriums sei es, Projekte in Ländern zu unterstützen, in denen grüner Wasserstoff kostengünstig herzustellen sei. Und weiter: „Es sollen dort grüne Technologien etabliert und ein Beitrag zur Deckung des wachsenden Bedarfs an grünem Wasserstoff“ in Deutschland und der EU geleistet werden.
Top-Jobs des Tages
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
„H2 Global“ ist eines der wichtigsten Instrumente der Bundesregierung, um die Versorgung der Industrie mit grünem Wasserstoff zu ermöglichen. Grüner Wasserstoff gilt als Schlüssel zur Dekarbonisierung industrieller Prozesse etwa in der Stahl- und der Chemiebranche. Die Unternehmen setzen darauf, kohlendioxidintensive Prozesse durch den Einsatz von grünem Wasserstoff klimaneutral zu machen.
Grüner Wasserstoff ist sehr gefragt, aber kaum zu bekommen
Grüner Wasserstoff entsteht, indem Wasser durch den Einsatz von Strom aus erneuerbaren Quellen per Elektrolyse in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird. Der auf diese Weise hergestellte Wasserstoff ist klimaneutral. Er wird daher als „grüner“ Wasserstoff bezeichnet.
Das Problem: Es gibt grünen Wasserstoff im Moment nur in einem sehr geringen Volumen. Die Industrie braucht aber innerhalb weniger Jahre gigantische Mengen an grünem Wasserstoff, wenn sie ihre Treibhausgasreduktionspflichten erfüllen will.
Die meisten Fachleute gehen davon aus, dass der in Deutschland benötigte Wasserstoff nur zum Teil hierzulande hergestellt werden kann, da das Potenzial für die Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen begrenzt ist. Ein großer Teil des grünen Wasserstoffs wird daher in wind- und sonnenreichen Ländern des globalen Südens hergestellt werden. Die Bundesregierung arbeitet daran, „Wasserstoffpartnerschaften“ aufzubauen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist zu diesem Zweck derzeit im Süden Afrikas unterwegs.
Unternehmen wie die Stahlhersteller Thyssen-Krupp oder Salzgitter haben in den vergangenen Monaten milliardenschwere Investitionen beschlossen, um ihre Produktion auf wasserstoffbasierte Verfahren umzustellen. In der Stahlindustrie wird dazu die klassische Hochofenroute durch das sogenannte Direktreduktionsverfahren ersetzt. Wenn dabei grüner Wasserstoff eingesetzt wird, ist der produzierte Stahl klimaneutral. Allerdings werden die Kosten des neuen Verfahrens die Kosten der herkömmlichen Produktionsmethode anfangs deutlich übersteigen.
Anschub
900
Millionen Euro
stellt die Stiftung „H2 Global“ im ersten Schritt zur Verfügung. Für die zweite Runde kommen weitere 3,53 Milliarden Euro hinzu.
Hier greift das Ausschreibungsverfahren: Um in den neuen Anlagen, die in den kommenden Jahren gebaut werden, ab der Mitte des Jahrzehnts klimaneutralen Stahl herstellen zu können, muss eine Wasserstoff-Wertschöpfungskette entstehen. Dabei hilft „H2 Global“.
>> Lesen Sie hier: Habeck hilft der Industrie mit Milliarden bei der Transformation
Im ersten Schritt stellt die Stiftung 900 Millionen Euro zur Verfügung. Für die zweite Runde kommen weitere 3,53 Milliarden Euro hinzu, die der Bundestag Ende November bewilligt hat. Mit der zweiten Tranche sollen Lieferungen für die Zeitspanne von Anfang 2026 bis Ende 2035 angereizt werden.
Die erste Tranche, für die sich potenzielle Wasserstoffproduzenten nun qualifizieren können, teilt sich in drei gleich große Lose auf: Sie betreffen laut der elektronischen Ausschreibungsplattform der EU den „Ankauf von grünen Wasserstoffderivaten“, und zwar von grünem Ammoniak, grünem Methanol und grünem Kerosin. Wasserstoffderivate sind abgeleitete Produkte, die auf Wasserstoffbasis hergestellt werden.
Daimler, Deutsche Bank und Eon sind unter den Stiftern
Die Umwandlung des Wasserstoffs dient unter anderem dem Zweck, den Transport über weite Strecken zu erleichtern. Verfahren, Wasserstoff zu verflüssigen, um sein Volumen zu reduzieren und ihn per Schiff zu transportieren, funktionieren erst in sehr kleinem Maßstab. Der Umgang mit Derivaten wie Ammoniak und Methanol dagegen ist global erprobt. Eine Rückumwandlung der Derivate in Wasserstoff ist nicht immer erforderlich, da manche Branchen die Derivate auch direkt einsetzen können.
>> Lesen Sie hier: RWE-Chef: „EU-Regulierung würgt den Wasserstoffhochlauf komplett ab“
In der Ausschreibung heißt es weiter, es werde vorausgesetzt, „dass die abgenommenen Wasserstoffprodukte unter Nutzung erneuerbarer Energien und unter Beachtung von Nachhaltigkeitsanforderungen produziert werden“.
Die Stiftung steht allen Unternehmen offen – auch solchen, die ihren Sitz nicht in Deutschland haben. Die Liste der „H2 Global“-Stifter wächst stetig. Sie umfasst mittlerweile 57 Unternehmen, darunter deutsche Unternehmen wie Covestro, Daimler, Deutsche Bank, Eon, MAN, Linde, RWE, Salzgitter, Thyssen-Krupp und Uniper sowie europäische Player wie Gasunie und Total.
Auch das australische Wasserstoffunternehmen Fortescue des Multimilliardärs Andrew Forrest zählt dazu. „H2 Global“ entwickelt sich damit zur Blaupause für den Aufbau einer europäischen Wasserstoff-Importstruktur, die alle Wertschöpfungsstufen – von der Herstellung des Wasserstoffs über die Wasserstofflogistik bis zum Verbrauch – abdeckt.
Gelistet
57
Unternehmen
fördern die „H2 Global“-Stiftung.
In der Bundesregierung kursieren Überlegungen, das Modell zu einer Säule der europäischen „Wasserstoffbank“ zu machen, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Spätsommer angekündigt hatte.
EU-Kommission will enge Kriterien für grünen Wasserstoff anlegen
Als Hürde für die Arbeit von „H2 Global“ erweisen sich im Moment noch die Pläne der EU-Kommission für die Definition von grünem Wasserstoff. Die enge Auslegung der anzulegenden Kriterien sorge für „erhebliche Probleme“, heißt es bei „H2 Global“. So soll nur solcher Wasserstoff den Stempel „grün“ tragen dürfen, der mit Strom zusätzlicher Erneuerbaren-Anlagen hergestellt wird.
Außerdem muss der erneuerbare Strom für die Wasserstoffproduktion in derselben Stunde hergestellt sein wie der Wasserstoff selbst. Damit soll verhindert werden, dass Gas- oder Kohlestrom für die Wasserstoffelektrolyse genutzt werden. Es sei „völlig illusorisch“, im internationalen Wettbewerb mit diesen Bedingungen anzutreten, sagen Insider.
Mittlerweile findet in der EU-Kommission zwar ein Umdenken statt; zumindest das Kriterium der Gleichzeitigkeit soll nicht mehr so eng gefasst werden. Endgültig ausgeräumt sind die Probleme aber nicht.
<< Den vollständigen Artikel: Klimaneutralität: Ausschreibung für Wasserstoff-Importe hat begonnen – Bundesregierung stellt 4,4 Milliarden Euro zur Verfügung >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.