Mit intelligenten Stromzählern kann der Netzbetreiber online regeln, wer wann Strom ins Netz einspeist oder aus dem Netz zieht.
Berlin Das Bundeswirtschaftsministerium will den Einsatz intelligenter Stromzähler deutlich beschleunigen. Bislang sind Smart Meter noch die Ausnahme, anders als in Ländern wie Finnland, Estland, Schweden, Italien, den Niederlanden oder Schweden.
Der Entwurf für ein „Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende“ aus dem Wirtschaftsministerium ist am Mittwoch in die Ressortabstimmung gegangen. Ziel ist es, dass das Gesetz im ersten Quartal 2023 vom Bundestag verabschiedet wird.
Intelligente Stromzähler haben in einem sich wandelnden Stromversorgungssystem mit einem immer höheren Anteil schwankungsanfälliger Stromeinspeisung aus erneuerbaren Quellen eine wichtige Funktion. Sie können dazu beitragen, Stromangebot und Stromnachfrage besser in Einklang zu bringen.
Mit intelligenten Stromzählern kann der Netzbetreiber online regeln, wer wann Strom ins Netz einspeist oder aus dem Netz zieht. So können beispielsweise Ladevorgänge für E-Autos so gesteuert werden, dass sie bevorzugt in Zeiten mit hoher Stromeinspeisung aus erneuerbaren Quellen stattfinden. Angesichts der Zunahme strombetriebener Anwendungen – etwa auch zum Beheizen von Gebäuden mit elektrischen Wärmepumpen – werden die Anwendungsfelder der Geräte immer größer.
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Dem einzelnen Verbraucher können sie helfen, den Verbrauch in Zeiten mit niedrigen Strompreisen zu verlagern. Dem Gesamtsystem dienen sie, weil sie dazu beitragen, die Stromnetze besser auszulasten.
Bürokratische Hürden in Deutschland
Doch in Deutschland steht ihr Einsatz bislang vor hohen Hürden. Bisher konnte etwa ein Gerät erst dann vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) für den Einsatz freigegeben werden, wenn es zu diesem Zeitpunkt alle gesetzlich erforderlichen Mindestfunktionalitäten aufwies, einschließlich komplexer Funktionen wie der Fernsteuerung von Anlagen und Verbrauchseinrichtungen. Eine schrittweise Markteinführung mit späteren Anwendungsupdates war hingegen bisher nicht vorgesehen.
Das wird jetzt geändert. Das Gesetz erlaubt einen „agilen Rollout“. In einer zeitlich befristeten Hochlaufphase dürfen Funktionen schrittweise über Updates eingeführt werden.
Das 2016 in Kraft getretene Messstellenbetriebsgesetz legt außerdem fest, dass Geräte erst dann zertifiziert werden dürfen, wenn für eine bestimmte Entwicklungsstufe die Zertifizierung von drei voneinander unabhängigen Herstellern vorliegt. Diese Regelung soll entfallen. Das Tempo soll künftig allein vom innovativsten Hersteller bestimmt werden, es muss also nicht mehr gewartet werden, bis mindestens drei Hersteller einen technischen Gleichstand erreicht haben.
Smart Meter helfen dabei, Stromangebot und Stromnachfrage besser in Einklang zu bringen.
(Foto: dpa)
Um die Anwendungsmöglichkeiten intelligenter Zähler wirtschaftlich attraktiv zu machen, sollen dynamische Stromtarife zum Standard werden. Aktuell müssen lediglich Stromlieferanten, die mehr als 100.000 Stromverbraucher beliefern, ihren Kunden mit intelligentem Messsystem einen dynamischen Stromtarif anbieten.
Ab 2026 sollen dem Gesetzentwurf zufolge alle Stromversorger unabhängig von der Zahl ihrer Kunden dynamische Tarife anbieten, damit die Verbraucher den Strombezug in kostengünstigere Zeiten mit hoher Einspeisung erneuerbarer Energie verlagern können.
Branche begrüßt den Gesetzentwurf
Der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) begrüßt den Gesetzentwurf. Die Politik habe erkannt, „wie dringlich der Rollout der intelligenten Messsysteme ist“. Positiv sei, dass der Gesetzentwurf Vereinfachungen bei Verwaltungs- und Lieferprozessen vorsehe und so der Rollout beschleunigt werden könne.
Außerdem werde die Nutzung anonymisierter Verbraucherdaten für die Netzbetreiber vereinfacht, sodass die Steuerung der Netze verbessert werden könne. Allerdings kritisiert der VDE, die Flexibilität im Stromverteilnetz habe noch keinen Eingang in den Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums gefunden.
„Für den sicheren und stabilen Netzbetrieb ist es notwendig, dass Netzbetreiber Steuer- und Schalthandlungen über das intelligente Messsystem ausführen dürfen. Diese Rolle der Netzbetreiber muss klar im Gesetz verankert werden“, fordert der VDE.
Die Frage etwa, ob und in welchem Umfang Stromnetzbetreiber Zwangsladepausen für E-Autos einführen können, um Verbrauchsspitzen zu glätten und Netzüberlastungen zu verhindern, regelt das geplante Gesetz nicht. Zu diesem Thema führt die Bundesnetzagentur aktuell ein Festlegungsverfahren durch. Bis Ende Januar des kommenden Jahres können sich Verbände und andere Vertreter der betroffenen Branchen mit ihren Vorstellungen einbringen.
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