Berlin Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) konnte bei der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am Donnerstag in Berlin nicht mit einem konkreten Gesetzesvorschlags zur Pflichtversicherung gegen Elementarschäden für Gebäude aufwarten.
Angesichts von Extremwetterereignissen dringen die Bundesländer auf eine Pflichtversicherung. Das machten die Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, Stephan Weil (SPD) und Hendrik Wüst (CDU), vor und nach der MPK deutlich.
Nach der Sitzung kritisierte Wüst, Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) habe dem Kanzler mit Blick auf die Pflichtversicherung „eine Absage erteilt“ und damit „Verwunderung ausgelöst“. Die Länder hätten den Bund nun noch einmal darum gebeten, das Thema zu prüfen. Anfang 2023 werde es dann erneut beraten.
Weil sagte: „Wir glauben, dass eine Pflichtversicherung richtig ist.“ Nicht nur die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal, sondern auch Erfahrungen in vielen Jahren davor, in allen Teilen Deutschlands, hätten gezeigt, dass es jeden treffen könne.
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„Es kann nicht richtig sein, dass wir dann immer wieder versuchen, riesige Sondertöpfe aus den öffentlichen Haushalten zusammenzustellen“, erklärte Weil. „Wenn alle dabei sind, werden die Lasten für jeden einzelnen entsprechend niedrig sein.“
Hälfte der Haushalte haben keine richtige Versicherung
Auslöser der Debatte war die Hochwasserkatastrophe 2021, bei der in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sowie in Teilen Bayerns, Baden-Württembergs und Sachsens mehr als 180 Menschen starben. An Häusern, aber auch an Straßen und Brücken entstanden Milliardenschäden.
Das geht so nicht. Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von Baden-Württemberg
Bislang verfügt nur etwa die Hälfte aller Wohnimmobilienbesitzer über eine Elementarschadenversicherung. Diesen Haushalten droht im Schadensfall ein finanzieller Verlust.
Schon vor der MPK warf NWR-Ministerpräsident Wüst der Bundesregierung Untätigkeit vor: „Die Länder waren sich einig, dass wir eine Pflichtversicherung wollen. Wir sind uns auch nach wie vor einig.“ Vor einem halben Jahr sei „mit dem Kanzler, mit der Bundesregierung“ verabredet worden, dass ein Entwurf gemacht werde. „Der ist bis heute leider nicht da“, kritisierte Wüst.
Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) sagte dem Tagesspiegel, es sei auf der MPK nur ein „Bericht mit mehr Fragen als Antworten“ vorgelegt worden: „Das geht so nicht.“
Versicherer warnen vor Pflichtversicherung
Die Versicherer hingegen warnten am Donnerstag vor einer strengen gesetzlichen Regelung. „Eine singuläre Pflichtversicherung löst das Problem nicht, im Gegenteil, sie verhindert keinen einzigen Schaden“, teilte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen mit.
Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer sollten besser Prävention und Klimafolgenanpassung in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen stellen, forderte der GDV. Dies sei „Dreh- und Angelpunkt“, damit Schäden durch Naturkatastrophen und damit Versicherungsprämien finanziell nicht aus dem Ruder liefen.
Die Versicherer plädieren dafür, alle bereits geschlossenen Gebäudeversicherungen von einem Stichtag an automatisch auf Elementarschutz umzustellen, sofern Kunden nicht widersprechen. Auch hierfür müsste eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden.
Neue Verträge schließen demnach den Schutz gegen Elementarschäden für Gebäude ohnehin ein.
Dazu müssten laut Versicherungswirtschaft aber auch „verbindliche Schutzmaßnahmen“ kommen, wie Bauverbote in gefährdeten Gebieten, eine Pflicht zu überschwemmungsresilienten Baustoffen und eine Klima-Gefährdungsbeurteilung bei Baugenehmigungen sowie ein Naturgefahrenausweis, der die Schadenanfälligkeit von Gebäuden aufzeigt.
NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) verwies darauf, dass der Einführung einer Versicherungspflicht für Wohngebäude gegen Elementarrisiken „jedenfalls nicht von vorneherein“ durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstünden.
Auf Bundesebene solle darum mit den Ländern eine zielführende Diskussion zur Versicherungspflicht erfolgen. Limbach sagte dem Handelsblatt: „Die Justizministerinnen und Justizminister der Länder erwarten anschließend einen konkreten Regelungsvorschlag des Bundes.“
Mehr: Bundesregierung will Strategie zu Krisenvorsorge vorlegen – bis Mitte 2023
<< Den vollständigen Artikel: Ministerpräsidentenkonferenz: Pflichtversicherung gegen Elementarschäden: Bund bekommt Schelte von den Ländern >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.