Dec 9, 2022
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Rechtsstaatlichkeit: EU-Kommission lässt Scholz und Macron im Ungarn-Streit auflaufen

Written by Carsten Volkery


Viktor Orban (l.) und Olaf Scholz im Oktober

Der Bundeskanzler will die Blockade der Gelder im EU-Rat auflösen.


(Foto: IMAGO/photothek)

Brüssel Die EU-Kommission bleibt bei ihrer Einschätzung, dass die Antikorruptionsmaßnahmen in Ungarn nicht ausreichen, um die eingefrorenen EU-Fördermittel freizugeben. Das schrieb EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn in einem Brief an die tschechische EU-Ratspräsidentschaft am Freitag.

Zwar habe das ungarische Parlament in den vergangenen Wochen weitere Reformen beschlossen, heißt es in dem Brief. Aber die Schwächen und Risiken blieben bestehen. Nicht ausgeräumt seien etwa die Bedenken zur Wirksamkeit der unabhängigen Antikorruptionsbehörde und der Unabhängigkeit der Gerichte.

Bei dem Streit zwischen Ungarn und der EU geht es um 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt und 5,8 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds. Die Brüsseler Behörde will die Gelder erst freigeben, wenn Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban seine Versprechen zur Rechtsstaatlichkeit erfüllt.

Die Kommission hatte ihm eine Frist bis zum 19. November gesetzt und am 30. November die Reformbemühungen für unzureichend erklärt.

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Da Orban jedoch seither im EU-Rat sämtliche Entscheidungen blockiert, suchen die EU-Mitgliedsländer nach Gründen, ihm entgegenzukommen. Die 27 Finanzminister trugen der Kommission am Dienstag auf, bei ihrer Bewertung der ungarischen Reformen auch die Gesetzesbeschlüsse nach dem 19. November zu berücksichtigen.

Deutschland und Frankreich wollten Neubewertung der Reformen

Insbesondere Deutschland und Frankreich drängten hinter den Kulissen auf eine Neubewertung, weil sie Orbans Zustimmung zu den Ukrainehilfen und der globalen Mindeststeuer brauchen.

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Es ist in der Öffentlichkeit allerdings nur schwer vermittelbar, mit Orban einen Deal zu Fördermitteln zu machen, wenn die EU-Kommission gleichzeitig die Reformfortschritte in dem Land bemängelt.

In den meisten westeuropäischen Staaten ist ein harter Kurs gegenüber Ungarn populär. Der Chef der Fidesz-Partei gilt nicht nur als Quertreiber, der die EU häufig lahmlegt, sondern als Bedrohung für die westlichen Werte.

Öffentlich dürfen der Liberale Emmanuel Macron und der Sozialdemokrat Olaf Scholz daher nicht den Eindruck erwecken, den Regierungschef aus Ungarn für seine Erpressung zu belohnen. Gleichzeitig müssen sie einen Weg finden, das ungarische Veto im EU-Rat aufzuheben. Insbesondere die Ukrainehilfen in Höhe von 18 Milliarden Euro werden dringend gebraucht.

Emmanuel Macron und Ursula von der Leyen

Die Kommissionspräsidentin spielt den Ball an die Regierungschefs zurück, wenn es um die Fördermilliarden für Ungarn geht.



(Foto: dpa)

Die Kommission wollte den Regierungschefs den Gefallen einer Neubewertung offenbar nicht tun. Zwar stellt Kommissar Hahn in dem Brief fest, dass einige der von Orban angekündigten Gesetze tatsächlich in den vergangenen Tagen beschlossen wurden. Allerdings seien die Gesetzesentwürfe auch schon in die Bewertung vom 30. November eingeflossen. Deshalb gebe es keinen qualitativen Unterschied.

Von der Leyen hat sich auf harte Linie festgelegt

Auf fünf Seiten legt Hahn dar, warum die EU-Kommission die Kürzung der Mittel weiterhin für angemessen und rechtlich gedeckt hält. Die Kommission steht ihrerseits unter dem Druck des Europaparlaments, keine Kompromisse bei der Rechtsstaatlichkeit zu machen. Die Parlamentarier hatten kürzlich parteiübergreifend gefordert, das EU-Recht gegenüber Budapest strikt durchzusetzen.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hatte sich daraufhin Mitte November auf eine harte Linie gegenüber Ungarn festgelegt. Von dieser scheint sie nun nicht mehr abweichen zu wollen.

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Stattdessen spielt sie den Ball an den EU-Rat zurück: Nun müssen die Regierungschefs die politische Verantwortung dafür übernehmen, wenn sie ein Auge zudrücken und die Fördermittel für Ungarn freigeben wollen.

Die 27 EU-Botschafter suchen derzeit fieberhaft nach einem Kompromiss mit Ungarn. Sie treffen sich inzwischen beinahe täglich. Bis zum EU-Gipfel am kommenden Donnerstag soll eine Lösung gefunden sein.

Mehr: Orban blockiert, wo er kann – EU-Partner sind empört



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Politik

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