Dec 9, 2022
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Wettbewerb: FTC-Chefin Lina Khan: Diese Frau lehrt Microsoft das Fürchten

Written by Katharina Kort


Lina Khan

Es war ihre kritische Haltung gegenüber den Tech-Konzernen, die US-Präsident Biden überzeugt hat, die Juristin zur mächtigen Behördenchefin zu machen.


(Foto: AP)

New York Die Chefin der US-Wettbewerbsaufsicht Federal Trade Commission (FTC), Lina Khan, hat keine Angst vor großen Namen. Das hat die 33-Jährige erneut bewiesen, als sie Klage gegen die geplante Übernahme des Computerspiel-Herstellers Activision Blizzard durch Microsoft eingereicht hat.

Der Softwarekonzern will Activision für rund 69 Milliarden Dollar übernehmen. Es wäre der größte Deal in der Spielebranche, und Microsoft würde so auf einen Schlag zum drittgrößten Anbieter weltweit nach Sony und Nintendo.

Nach Ansicht von Lina Khan ist das eine Nummer zu groß. Da Microsoft bereits andere Spielestudios mit bekannten Titeln wie „Doom“ und „Minecraft“ kontrolliert, würde es seine Marktposition mit der Übernahme noch einmal deutlich stärken. Khan befürchtet, dass Microsoft mit seiner eigenen Xbox-Gamingplattform beliebte Spiele für sich behalten und Konkurrenz außen vor halten könnte.

Für Lina Khan geht es jedoch bei Microsoft und Activision nicht so sehr um die faire Verteilung von Videospielen, sondern um nichts Geringeres, als das US-Kartellrecht für die großen Tech-Konzerne neu zu schreiben.

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Es war vor allem ihre kritische Vision von Big Tech, die US-Präsident Joe Biden überzeugt hatte, die Juristin an die Spitze der mächtigen Behörde zu holen. Auch die demokratische Senatorin Elizabeth Warren ist eine ihrer größten Unterstützerinnen. Bevor Khan im Juni des vergangenen Jahres ihren Posten antrat, war sie bereits maßgeblich an einer Untersuchung im Kongress beteiligt gewesen, die Apple, Amazon, Facebook und Google zu Monopolen erklärte und „strukturelle Trennungen“ vorschlug.

>> Lesen Sie auch: US-Kartellbehörde FTC will Activision-Kauf durch Microsoft blockieren

Trotz ihrer erst 33 Jahre ist Khan die bekannteste und mächtigste Vertreterin einer neuen juristischen Denkschule im Kartellrecht, „die eher auf der europäischen juristischen und politischen Linie als auf der amerikanischen“ liegt, wie James Keyte erklärt, Direktor des Kartellrechtsinstituts an der renommierten Fordham-Universität in New York.

Lina Khan legt sich auch mit Facebook-Mutter Meta an 

Für Aufruhr sorgte die Juristin bereits 2017 mit ihrem akademischen Artikel im „Yale Law Journal“ mit dem Titel „Das Amazon-Paradox“. Darin sezierte sie die Schwächen des Kartellrechts gegenüber dem Onlinehändler. Die digitale Plattform agiere als Gatekeeper und „unterdrückt den Wettbewerb mit allen abhängigen Händlern“, prangerte Khan schon damals an. Khans Artikel wurde auch von Laien tausendfach gelesen.

Khan macht keinen Hehl daraus, dass sie die die Aufspaltung von Big Tech als Priorität sieht oder zumindest verhindern will, dass Big Tech noch größer wird. Ihr Kernargument ist einfach: Das jahrzehntealte, an die Preisentwicklung und den Verbrauchernutzen gekoppelte Kartellrecht bringt wenig bei Wettbewerbsmissbrauch von Diensten, die oft gratis sind und die mit Daten ihr Geschäft machen.

An dem Beispiel von Microsoft muss Khan nun zeigen, ob sie ihre neue Weltsicht im Kartellrecht auch vor Gericht durchsetzen kann.

Dabei ist Microsoft nicht der einzige Fall der neuen FTC-Chefin, den sie derzeit gegen Big Tech ausficht. In diesen Tagen hat in San Jose auch der Prozess gegen die geplante Übernahme von „Within“ durch die Facebook-Mutter Meta begonnen. Bei Within handelt es sich um den Anbieter der beliebten Fitnessapp „Supernatural“ mit sogenannter virtueller Realität, einer durch spezielle Hard- und Software erzeugten künstlichen Wirklichkeit.

Khan will prozessieren und nicht verhandeln

Die FTC argumentiert, dass Meta „bereits ein entscheidender Spieler auf allen Ebenen des Sektors der virtuellen Realität“ sei. Deshalb bestehe die Gefahr, dass der Kauf von Within den Wettbewerb in der Zukunft in dem noch jungen Markt der virtuellen Realität reduzieren würde. Facebook sichere sich also schon jetzt die Dominanz der Zukunft – und das muss in den Augen von Khan verhindert werden.

Bei Meta und Within geht es um eine deutlich kleinere Übernahme als bei Microsoft und Activision. Aber es geht auch dort vor allem ums Prinzip und darum, eine Gerichtsentscheidung zu erwirken.

Khan hat in der Vergangenheit mehrfach klargemacht, dass sie möglichst viele Fälle vor Gericht bringen und sich nicht auf irgendwelche außergerichtlichen Vergleiche mit Geldstrafen einigen will. „Wir werden unsere Ressourcen darauf fokussieren zu klagen und nicht darauf, außergerichtliche Einigungen zu erzielen“, sagte sie etwa der Nachrichtenwebseite Axios.

Khans Ziel ist es, Richtersprüche zu erwirken, die nicht nur auf den aktuellen, sondern auch den potenziellen künftigen Wettbewerb schauen und die eben nicht nur Preise und sofortigen Verbrauchernutzen als Messlatte nehmen. Eine solche mögliche neue Rechtsprechung ist im amerikanischen Rechtssystem noch viel wichtiger und könnte auch zukünftige Prozesse beeinflussen. Für Khan und ihre Denkschule wäre das ein enormer Erfolg. Für Big Tech ein Albtraum.

Mehr: Sinnkrise im Silicon Valley – „Die Party ist vorbei“



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Politik

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