Potsdam Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Hoffnung auf ein Einlenken des russischen Präsidenten Wladimir Putin im Krieg gegen die Ukraine gedämpft. „Immer wenn ich mit Putin spreche, sagt er auch sehr genau, es geht ihm genau darum, etwas zu erobern“, sagte Scholz am Samstag in Potsdam bei einem Bürgerdialog in seinem Bundestagswahlkreis. „Er will einfach einen Teil des ukrainischen Territoriums erobern mit Gewalt“, fügte der SPD-Politiker hinzu.
Dies sei trotz hoher russischer Verluste der Fall. „Wir wissen nicht genau, wie viele russische Soldatinnen und Soldaten gestorben sind. Aber es kann schon sein, dass das 100.000 sind.“ Die russische Führung habe schon früher ein brutales Vorgehen gezeigt, etwa in Syrien oder Tschetschenien, wo sie „ein ganzes Land ausradiert hat“. Es gebe bei Putin keine Zurückhaltung. Dennoch müsse man trotz aller Differenzen immer wieder mit ihm sprechen, um zu überprüfen, ob es Änderungen bezüglich der Ukraine gebe.
Scholz verteidigte die steigenden Ausgaben für die Bundeswehr, die dauerhaft zwei Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen sollen. In früheren Zeiten der bundesrepublikanischen Entspannungspolitik unter SPD-Kanzlern habe die Quote sogar vier Prozent betragen. Die Nato-Länder müssten so stark sein, dass niemand wage, sie anzugreifen.
Neben den Rüstungsausgaben will Scholz auch die Ausgaben in Forschung anheben. Die Bundesregierung habe sich mit den Ländern darauf geeinigt, künftig 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung in Forschung zu investieren. Derzeit liege man bereits bei über drei Prozent. Es gebe kaum große Länder, die so viel für Forschung und Entwicklung ausgeben würden. „Das wollen wir auch für die Zukunft erhalten und sogar ausbauen“, betonte der SPD-Politiker.
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Die Ampel-Koalition hatte vereinbart, die Forschungsquote, die öffentliche und private Ausgaben umfasst, auf 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung zu steigern. Am Donnerstag hatten die Bundesregierung und die 16 Länderchefs dann vereinbart, sich gemeinsam für das 3,5-Prozent-Ziel bis 2025 einzusetzen. Die Länder sind etwa für die Universitäten zuständig.
Scholz will sparsam mit Richtlinienkompetenz umgehen
Im Rahmen des Bürgerdialogs versicherte der Kanzler auch, sparsam mit seiner Richtlinienkompetenz in der Bundesregierung umgehen zu wollen. Dass er diese im Grundgesetz der Bundesregierung verankerte Möglichkeit im Streit um die Laufzeiten der letzten Atomkraftwerke genutzt habe, sei notwendig gewesen, „weil die Zeit drängte“, sagte Scholz.
„Ich fand’s notwendig, ich habe festgestellt, viele in Deutschland waren auch ganz zufrieden“, sagte der SPD-Politiker. „Aber es ist nicht mein Plan, das einmal die Woche zu machen. Da komme ich mit dem normalen Führen schon zurecht.“
Scholz hatte seine Richtlinienkompetenz im Streit zwischen FDP und Grünen über die AKW-Laufzeiten formal ausgeübt, indem er einen Brief an sein Kabinett schrieb. Ein solcher Schritt war zuvor nur von Kanzler Konrad Adenauer vor weit mehr als einem halben Jahrhundert bekannt geworden.
Scholz hält Anstieg der Einwohnerzahl auf 90 Millionen für plausibel
In Hinsicht auf die demografische Entwicklung Deutschlands erwartet der Bundeskanzler ein kräftiges Wachstum der Einwohnerzahl in Deutschland. „Wir haben weit über 80 Millionen Einwohner, das geht aber weiter hoch“, sagte der SPD-Politiker. „Das Statistische Bundesamt hat eine Rechnung vorgelegt, die ganz plausibel ist, dass es weiter gegen 90 Millionen wächst“, fügte er hinzu.
Daneben gebe es eine Rekorderwerbsquote. Die Bundesregierung wolle mit der Erleichterung der Fachkräftezuwanderung dafür sorgen, „dass wir den Laden hier am Laufen halten“.
Der Bevölkerungszuwachs halte auch die Rentenbeiträge stabil. „Es sieht so aus, dass wir fast bis zum Ende der Legislaturperiode (2025) kommen und keine substanzielle Beitragssteigerungen haben werden“, sagte Scholz. Der Kanzler hatte bereits auf dem Digitalgipfel der Bundesregierung gesagt, dass er in den nächsten Jahren mit einem weiteren deutlichen Bevölkerungswachstum rechne.
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