Dec 11, 2022
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Nach „Reichsbürger“-Razzia: NRW will Beamte bei Volksverhetzung schneller entlassen können

Written by Dietmar Neuerer


Herbert Reul

Der NRW-Innenminister will Beamte bei Straftaten wie Volksverhetzung schneller aus dem Beamtendienst entlassen können.


(Foto: imago images/Future Image)

Berlin Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen mutmaßliche Verschwörer aus der „Reichsbürger“-Szene hat die Debatte über Extremisten im Staatsdienst zusätzlich befeuert. Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (CDU), plädierte für eine Gesetzesänderungen, um Extremisten im Staatsdienst leichter aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen.

„Bei Straftaten, die in hohem Maße das Grundvertrauen in den Staat erschüttern, müssen Beamte ohne weitere Verzögerung aus dem Dienst entfernt werden können“, sagte Reul dem Handelsblatt. Volksverhetzung sei dabei für ihn ein „klarer Fall“. „Die Aufnahme in das Beamtenstatusgesetz wäre hier konsequent, auch um langjährige Disziplinarverfahren zu vermeiden.“

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) plant bereits eine entsprechende Gesetzesverschärfung, um Bundesbeamt schneller loszuwerden. Über Details berichtete der Deutschlandfunk. Demnach sollen die Disziplinarbehörden künftig sämtliche Maßnahmen selbst einleiten dürfen – einschließlich der Entfernung von Personen aus dem Beamtenverhältnis. Eine Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht soll dann nicht mehr nötig sein.

Faeser hatte nach den Razzien Änderungen im Disziplinarrecht angekündigt. Bisher können Disziplinarverfahren gegen Beamtinnen und Beamte mehrere Jahre dauern. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums betrug die durchschnittliche Bearbeitungsdauer in behördlichen Verfahren zuletzt knapp 15 Monate, bei gerichtlichen Verfahren fast 30 Monate.

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Die Bundesanwaltschaft hatte am Mittwoch eine terroristische Gruppe zerschlagen, die den sogenannten Reichsbürgern zugeordnet wird und einen politischen Umsturz in Deutschland geplant haben soll. 25 Personen wurden festgenommen, darunter Angehörige von Polizei und Bundeswehr sowie die Berliner Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann.

Regelung aus Baden-Württemberg als Vorbild

Zu den Beschuldigten gehört auch ein Beamter des Staatsschutzes beim Landeskriminalamt (LKA) in Niedersachsen, der wegen strafrechtlicher Ermittlungen vom Dienst freigestellt wurde. „Reichsbürger“ sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen.

Faeser will noch in diesem Jahr einen Entwurf für ein Gesetz zur Abstimmung an die anderen Ressorts der Bundesregierung geben, das die Entlassung von Extremisten aus dem Beamtenverhältnis beschleunigen soll. Die Ministerin orientiert sich dabei nach Informationen des Handelsblatts an einer Regelung, die schon seit einigen Jahr in Baden-Württemberg gilt.

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Seit einer umfassenden Reform des Disziplinarrechts im Jahr 2008 werden in dem Bundesland sämtliche Disziplinarmaßnahmen durch Verwaltungsakt (Disziplinarverfügung) angeordnet. „Das vereinfacht und beschleunigt das Disziplinarverfahren“, sagte Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) dem Handelsblatt.

Im Bund obliegt dagegen die Entscheidung über die Entfernung eines Beamten aus dem Beamtenverhältnis bislang den Gerichten. Eine bundesrechtliche Regelung nach baden-württembergischem Vorbild wäre wohl problemlos möglich, nachdem das Bundesverfassungsgericht die verfassungsrechtliche Zulässigkeit dieser Regelung bereits bestätigt hat (Beschluss vom 14. Januar 2020; Az. 2 BvR 2055/16).

Verschärfen will Faeser auch eine weitere Regelung. Demnach sollen Beamtinnen und Beamte, die wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt werden, automatisch aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden.

Faeser will Waffenrecht weiter verschärfen

Die Innenministerin will zudem den Druck auf die Reichsbürger-Szene „maximal“ erhöhen, wie sie der „Bild am Sonntag“ sagte. Die Regierung werde dafür das „Waffenrecht in Kürze weiter verschärfen“, erklärte die SPD-Politikerin. Mehr als 1000 Reichsbürgern seien ihre Waffengenehmigungen schon entzogen worden.

„Wir haben es nicht mit harmlosen Spinnern zu tun, sondern mit Terrorverdächtigen, die jetzt allesamt in U-Haft sitzen“, sagte Faeser mit Blick auf die bundesweiten Razzien in der vergangenen Woche. Die Zahl derjenigen, die das Bundesamt für Verfassungsschutz dem Reichsbürger-Milieu zuordnet, ist laut Faeser im Vergleich zum Vorjahr um 2000 auf 23.000 Personen gestiegen. 239 Gewalttaten von Reichsbürgern seien im vergangenen Jahr registriert worden, sagte sie.

Ampel-Politiker sorgen sich angesichts der festgenommenen ehemaligen AfD-Abgeordneten, die immer noch im Besitz eines Bundestagsausweises war, um die Sicherheit des Parlaments und fordern, das Sicherheitskonzept des Bundestages zu überdenken.

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Seit dem 8. März wird die AfD durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“ einer demokratiefeindlichen Bewegung beobachtet. Das Verwaltungsgericht in Köln hat dafür den Weg freigemacht. Aber es ist noch nicht das letzte Wort. Die AfD hatte Berufung gegen das Urteil eingelegt.

Das NRW-Innenministerium unterstützt zwar die Beobachtung des Bundesverbandes der AfD. Die Einschätzungen des Gerichts und des Bundesamts könnten jedoch für den AfD-Landesverband „nicht einfach übernommen werden, da nach Landesrecht in Nordrhein-Westfalen eine eigene Bewertung erfolgen muss“, erklärte das Innenministerium. Im Rahmen dieser Bewertung werde unter anderem geprüft, welche Auswirkungen das Kölner Urteil auf die AfD in NRW habe.

Mehr: 25 mutmaßliche Reichsbürger bei Razzia festgenommen



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Politik

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