Dec 13, 2022
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Katar-Affäre: EU-Korruptionsskandal: Dieser Italiener und seine NGO stehen unter Verdacht

Written by Christian Wermke

Rom Das prominenteste Gesicht des Korruptionsskandals in Brüssel mag die Griechin Eva Kaili sein. Doch der Dreh- und Angelpunkt der Affäre könnte nicht bei der am Dienstag suspendierten Vizepräsidentin des EU-Parlaments liegen – sondern bei einer Nichtregierungsorganisation (NGO), die sich eigentlich dem Kampf gegen Verletzungen der Menschenrechte verschrieben hat.

Fight Impunity heißt die NGO, die Pier Antonio Panzeri zusammen mit Francesco Giorgi 2019 gegründet hat. Der Verdacht: Die katarische Regierung hat über diese Organisation EU-Parlamentarier mit Geld und Geschenken korrumpiert, um ihr Abstimmungsverhalten zu beeinflussen.

Allein in Panzeris Brüsseler Wohnung wurden zwei Säcke voller 20- und 50-Euro-Scheine gefunden – insgesamt eine Summe von rund 600.000 Euro. Panzeri sitzt wie Giorgi, seit einigen Jahren Kailis Lebensgefährte, derzeit in Untersuchungshaft. Die belgischen Behörden ermitteln wegen Geldwäsche, Korruption und der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung.

Panzeri war früher Mailands oberster Gewerkschaftsführer, ging dann von 2004 bis 2019 als EU-Abgeordneter nach Brüssel, erst für die sozialdemokratische PD, ab 2017 für die Parteiabspaltung Articolo 1.

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Er kümmerte sich während seines Mandats um die Themen Arbeit und Menschenrechte, war zeitweise für die Beziehungen zu den Maghreb-Staaten verantwortlich. Ab 2014 präsidierte er im Parlament der Unterkommission für Menschenrechte.

>> Lesen Sie hier: Wer ist Eva Kaili?

Der 67-Jährige stammt aus der Provinz Bergamo im Norden Italiens. Dort wurde auch gegen seine Frau und seine Tochter ermittelt, die wegen des Verdachts der Geldwäsche unter Hausarrest stehen.

In dem Haus der Familie fand die Mailänder Finanzpolizei 17.000 Euro in bar. Die Panzeris sollen laut dem „Corriere della Sera“ auch über Immobilien und ein gesammeltes Vermögen auf mehreren Konten verfügen, das sich nur schlecht mit dem Einkommen aus seinen Jahren als Abgeordneter erklären lasse. Auch Geschenke aus Marokko und Katar sowie bezahlte Urlaubsreisen sind offenbar Teil der Untersuchungen.

Giorgi kommt aus der Nähe von Mailand und arbeitete viele Jahre als Panzeris Parlamentsassistent, spezialisierte sich dabei ebenfalls auf Menschenrechtsfragen. Der 37-Jährige, der nebenbei Segellehrer ist und sein Instagram-Profil mit türkisen Meeresfotos schmückt, arbeitet auch heute noch als Assistent eines EU-Abgeordneten.

Auf seinem LinkedIn-Profil beschreibt er sich selbst als „Politikberater“. Ein italienischer Lobbyist, der Panzeri und Giorgi persönlich kennt, zeigte sich gegenüber dem Handelsblatt fassungslos: „Panzeri erschien mir immer als ehrliche Person“, sagt er. „Offenbar war ich naiv.“ Er glaubt, dass die Ermittlungen erst der Anfang seien. „Da wird noch viel mehr ans Tageslicht kommen.“

Namhafte Mitglieder im Beirat

Der dritte verhaftete Italiener heißt Niccolò Figà-Talamanca. Der promivierte Philosoph ist Chef der NGO No Peace Without Justice – sie hat ihren Sitz an der gleichen Adresse wie Panzeris Organisation.

Figà-Talamanca arbeitete früher zwei Jahre am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag und forschte an der renommierten Columbia-Universität in New York. Laut der NGO-Homepage hat er zuletzt Regierungen und Institutionen beraten.

Fight Impunity prangerte in den vergangenen Jahren etwa die Menschenrechte in Ägypten, Saudi-Arabien und dem Iran an. Gleichzeitig wies Panzeri immer wieder darauf hin, dass es schon Länder „mit großen Schritten nach vorn“ gebe – und sprach dabei vor allem von Marokko und Katar.

Genau aus jeden Ländern soll Panzeri Gelder bekommen haben. „Ich habe mich schon gefragt, was der Grund für diesen übertriebenen Aktivismus war“, wird ein deutscher EU-Abgeordneter anonym von der italienischen Zeitung „La Repubblica“ zitiert, der eng mit Panzeri zusammengearbeitet hat.

>> Lesen Sie hier: EU-Korruptionsaffäre: Ampelkoalition uneins über schärfere Lobbyregeln in Deutschland

Panzeri und Giorgi hatten keine Probleme, namhafte Mitglieder für ihren ehrenamtlichen Beirat zu finden, etwa Frankreichs Ex-Premier Bernard Cazeneuve, die Ex-EU-Kommissarin Emma Bonino oder die ehemalige EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, die ihre Posten mittlerweile alle aufgegeben haben.

Größere Schwierigkeiten bereitete den Italienern die Finanzierung ihrer Organisation: Eine Summe in Höhe von 175.000 Euro gab das EU-Parlament offenbar erst frei, blockierte sie dann aber später wieder aus bislang ungeklärten Gründen.

Trotzdem arbeitete Fight Impunity munter weiter. Allein in diesem Jahr war die Organisation auf fünf Veranstaltungen präsent – in Italien, Frankreich und Belgien. Doch wie finanzierte sich die NGO?

Wenn Freunde ihn fragten, berichtet „La Repubblica“, habe Panzeri immer auf „private Spenden“ verwiesen, auch aus Ländern, in denen die Menschenrechtslage gefährdet sei. Panzeris Begründung: Man dürfe den Staaten nicht die Tür zuschlagen, sondern müsse ihnen bei der Transformation zur Seite stehen.

Mehr: Korruption in Brüssel: „Es geht hier wahrscheinlich um die Spitze eines Eisbergs“



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Politik

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