Dec 14, 2022
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Neue EU-Verordnung: Engpässe bei Medizinprodukten: Brüssel will umstrittenes Zulassungsverfahren anpassen

Written by Jürgen Klöckner


Beschäftigte einer Universitätsklinik

Auch Kliniken in Deutschland könnten von den Engpässen bei den Medizinprodukten betroffen sein.



(Foto: dpa)

Berlin Die Warnungen der deutschen Medizinprodukte-Unternehmen waren auch in Brüssel unüberhörbar. Seit Monaten spricht die Branche von Engpässen bei zahlreichen Medizinprodukten, die in Kliniken und Arztpraxen gebraucht werden.

Grund ist die sogenannte Medical Device Regulation (MDR) – ein neues Zulassungsverfahren, das Hersteller als zu aufwändig beschreiben. Lange beschwichtigte Brüssel die Sorgen der Hersteller, will aber jetzt einlenken.

Die EU-Kommission stellte in Aussicht, die Verordnung anzupassen, was auch bei der Bundesregierung für Erleichterung sorgt. „Das ist ein Erfolg für die Versorgung“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dem Handelsblatt.

Die Qualität von Medizinprodukten müsse genauso stimmen wie die Verfügbarkeit. „Jetzt muss die Kommission Wort halten und Anfang des kommenden Jahres einen entsprechenden Vorschlag vorlegen“, forderte Lauterbach. „Ärzte, Patienten und Industrie warten darauf.“

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Die EU-Kommissarin Stella Kyriakides hatte am Freitag nach der Sitzung der Gesundheitsministerien der Mitgliedstaaten angekündigt, für Anfang 2023 konkrete Änderungen an der MDR vorlegen zu wollen.

Hersteller begrüßen angekündigte Maßnahmen

Unter anderem soll die Übergangsfrist verlängert werden. Das Verfahren sieht bislang vor, dass bestehende Genehmigungen spätestens im Mai 2024 auslaufen. Außerdem soll die Gültigkeit von Produkten, bei denen laut EU-Kommission keine Gefährdung ausgeht, verlängert werden können.

Zudem dürften die Abverkaufsfristen entfallen. Das bedeutet, dass etwa Implantate, die in einer Klinik bereits lagern, noch eingesetzt werden dürfen – auch, wenn das Zertifikat nicht mehr gültig ist.

>> Lesen sie hier: Medizinprodukte-Hersteller warnen vor Engpässen wegen EU-Verordnung

Deutsche Hersteller bezeichneten die angekündigten Änderungen als „substanziell“. Marc-Pierre Möll, Geschäftsführer des Bundesverbandes Medizintechnologie (BV-Med), sagte dem Handelsblatt: „Das ist eine gute Nachricht für die Versorgung der Menschen mit Medizinprodukten in Deutschland und Europa.“

Die Maßnahmen könnten helfen, zehntausende Medizinprodukte und hunderte Unternehmen im Markt zu halten. Achim Dercks, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), ergänzte, die Änderungen würden „allen Akteuren angesichts bestehender Engpässe mehr Zeit verschaffen.“

Die Branche fühlte sich bei dem Thema zuletzt auch von Gesundheitsminister Lauterbach im Stich gelassen und wandte sich bereits im Sommer mit einem Brandbrief an die Europäische Kommission. Die Sorge war groß, dass heute verwendete Medizinprodukte möglicherweise nicht rechtzeitig neu zertifiziert werden könnten.

Stents für Babys droht das Aus

Durchschnittlich würde das Verfahren 18 Monate dauern, teilte der BVmed mit. Grund ist auch ein Engpass bei sogenannten „Benannten Stellen“, die die Prüfung und Bewertung der Medizinprodukte vornehmen.

Medizinverbände äußerten außerdem die Sorge, dass viele Hersteller klinisch wichtige Apparate vom Markt nehmen, da der hohe Aufwand der Re-Zertifizierung oft in keinem Verhältnis zum Verkaufserlös älterer Produkte stehe.

>> Lesen Sie hier: Steigende Kosten und Bürokratie – Medizinproduktehersteller erwarten weniger Gewinn

Insbesondere könnte das Spezialprodukte treffen, die nur in sehr kleiner Stückzahl angefertigt werden, um in ausgewählten Fällen zum Einsatz zu kommen – in denen sie aber unverzichtbar sind Stents für Babys etwa oder Katheter für verklebte Herzklappen bei Neugeboren sind solche Nischenprodukte, für die es keine Alternativen gibt, wenn das Produkt eingestellt wird. Das hatte eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) und des Industrieverbandes Spectaris unter 378 Unternehmen der Branche Anfang Mai gezeigt.

Der Erhebung zufolge nehmen die Medizintechnikunternehmen bereits zahlreiche Produkte vom Markt – in 16 von 21 abgefragten Anwendungsgebieten streicht mindestens die Hälfte der darin tätigen Unternehmen einzelne Produkte, ganze Produktlinien oder gar komplette Sortimente, wie zum Beispiel in der Orthopädie oder bei den klassischen chirurgischen Instrumenten.

Mehr: Weniger Medikamente, Jobs und Investitionen: Gesundheitswirtschaft reagiert auf steigende Energiekosten



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Politik

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