Brüssel Die EU will trotz Differenzen bei Themen wie Menschenrechten und Handel enger mit Staaten in Südostasien zusammenarbeiten und damit auch den Einfluss von China und Russland begrenzen. Bei einem Gipfeltreffen mit den sogenannten Asean-Staaten in Brüssel kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch Investitionen in Höhe von zehn Milliarden Euro an. Das Geld soll die Wirtschaft und die Unabhängigkeit von Ländern wie Indonesien und Thailand stärken, Arbeitsplätze schaffen und den Kampf gegen den Klimawandel fördern.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte, auf der geopolitischen Bühne finde ein Kampf der Angebote statt. Wenn man nicht von anderen Akteuren überholt werden wolle, müsse man sich mehr engagieren und mehr investieren. Die Asean-Region habe eine pulsierende Wirtschaft und werde in den kommenden Jahren „wachsen und wachsen“.
Indonesiens Präsident Joko Widodo betonte, dass die Partnerschaft zwischen EU und Asean nicht nur reibungslos ablaufe. Man sei immer wieder mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert. „Wenn wir daher eine bessere Partnerschaft aufbauen möchten, dann muss diese auf Gleichheit beruhen“, sagte er. Es könne nicht sein, dass Meinungen aufgezwungen würden oder dass ein Partner dem anderen etwas vorschreibe und glaube, dass seine Standards besser seien.
Ob er damit auch die Kritik an einem indonesischen Gesetz zum Verbot von Sex außerhalb der Ehe meinte, ließ er offen. Trotz Protesten hatte das Parlament in dem Inselstaat in der vergangenen Woche einen entsprechenden Gesetzentwurf abgesegnet. Menschenrechtler hatten das Abgeordnetenhaus zuvor dringend aufgefordert, die neuen Regeln nicht zu verabschieden, weil sie die Bürgerrechte im größten islamisch geprägten Land der Erde verletzten. Die Regel soll 2025 in Kraft treten.
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Der Gipfel der Staats- und Regierungschefs wurde zum 45-jährigen Bestehen der diplomatischen Beziehungen zwischen der EU und Asean organisiert. Es war nach Angaben der EU der allererste in diesem großen Format. Bislang wurde in der Regel auf Ministerebene getagt. Zum Verband südostasiatischer Nationen gehören derzeit Laos, Brunei, Kambodscha, Indonesien, Malaysia, Myanmar, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam.
Westliche Staaten kündigten am Rande des Gipfels an, Vietnam beim klimafreundlichen Umbau der Energieversorgung mit 15,5 Milliarden Dollar (14,7 Milliarden Euro) an öffentlichen und privaten Mitteln zu unterstützen. Das ostasiatische Land wird dabei unterstützt, aus der Kohlenutzung auszusteigen und auf Erneuerbare Energien umzusteigen. Eine entsprechende Vereinbarung wurde am Mittwoch am Rande des EU-Asean-Gipfels in Brüssel unterzeichnet. Zu den westlichen Partnern gehören außer den G7-Staaten auch Dänemark und Norwegen.
Führung Myanmars nicht eingeladen
Die Führung Myanmars ist nach dem Militärputsch 2021 jedoch nicht eingeladen. Für Deutschland nahm Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teil, der am Mittwoch auch den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron vertrat, der zum Halbfinalspiel der Fußballweltmeisterschaft in Katar gereist war.
Von der Leyen sicherte bei dem Gipfel auch zu, dass die EU weiter das Projekt eines Freihandelsabkommens mit dem Asean-Verband vorantreiben werde. „Ich glaube, wir müssen jetzt die Gelegenheit ergreifen“, sagte sie. Verhandlungen zu einem EU-Asean-Handelsvertrag waren in der Vergangenheit nicht vorangekommen und pausiert worden.
Der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Junior rief die EU beim Gipfel dazu auf, ihre Vorschläge für das Abkommen anzupassen. „Wir fordern die EU auf, den Umfang und den Geltungsbereich ihres vorgeschlagenen Freihandelsabkommens auf das abzustimmen, worauf sich die Asean-Staaten derzeit gemeinsam einigen können“, sagte er. Dann könne man bei den Verhandlungen konkrete Fortschritte erzielen.
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Die zehn Asean-Länder zusammen sind nach Angaben der EU-Kommission einer der wichtigsten Handelspartner der EU. Sie stehen nach China und den USA direkt auf Platz 3. Das gilt auch umgekehrt: Für den Asean ist die EU ebenfalls der drittwichtigste Handelspartner.
2021 betrug das Volumen des Warenhandels zwischen der Europäischen Union und Asean demnach knapp 216 Milliarden Euro. Die EU exportiert demnach unter anderem Chemikalien und Maschinen in die Länder, die Asean-Länder zum Beispiel landwirtschaftliche Erzeugnisse, Textilien und Bekleidung. Hinzu kommt der Dienstleistungssektor: 2019 lag das Volumen der EU-Kommission zufolge bei 93,5 Milliarden Euro. Bislang gibt es aber nur zwei bilaterale Handelsabkommen zwischen der EU und den Asean-Ländern Vietnam und Singapur.
Kambodschas Ministerpräsident Hun Sen – der in diesem Jahr auch den Asean-Vorsitz innehat – hatte den Gipfel zum Auftakt als wichtigen Meilenstein in den Beziehungen der beiden Organisationen bezeichnet. Der Multilateralismus stehe unter hohem Druck. Daher müssten Asean und die EU künftig Hand in Hand agieren, um zu gewährleisten, dass die regelbasierte internationale Ordnung inklusiv, offen, transparent und von Vorteil für beide Seiten sein werde, sagte er.
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