Dec 15, 2022
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Klimaneutralität: Deutsche und französische Wirtschaft kooperieren bei Wasserstoff – brauchen aber Hilfe der Politik

Written by Christoph Herwartz

Dafür fordern der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und seine beiden französischen Partnerverbände France Industrie und Medef in einem gemeinsamen Papier von der EU-Kommission, unter anderem einen klaren Rahmen für den Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur sowie veränderte Bedingungen bei der Produktion.

Wenn es gelinge, Forschung und Entwicklung sowie den Aufbau von Demonstrationsprojekten in industriellem Maßstab voranzutreiben, bestünden „exzellente Chancen für Europa, zum technologischen Führer im globalen Wasserstoffmarkt zu werden“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.

Der BDI und seine französischen Partnerverbände appellieren an die EU-Kommission, den Maßstab für die Produktion von grünem Wasserstoff nicht zu hoch zu legen.

Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Quellen hergestellt. Er ist klimaneutral. Allerdings fehlt es vielerorts an ausreichenden Mengen von erneuerbarem Strom. Bei der Elektrolyse wird Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff getrennt.

Streit um grünen Wasserstoff

Die drei Verbände fordern, dass auch Strom aus anderen Quellen für die Elektrolyse eingesetzt werden darf. „Viele europäische Länder sind auf dem Weg zu einem CO2-armen Strommix oder haben diesen Strommix bereits, was einen erheblichen Vorteil für die CO2-arme Wasserstofferzeugung durch Elektrolyse darstellt“, heißt es in dem Papier der drei Verbände.

Wasserstoff-Tank bei Enertrag in Brandenburg

Die Stahl- und die Chemieindustrie benötigen in den kommenden Jahren große Mengen Wasserstoff, um klimaneutral zu werden.


(Foto: dpa)

„In Anbetracht der Dringlichkeit, die globale Erwärmung zu begrenzen, sollte die EU-Kommission den Wasserstoffmarkt nicht auf Wasserstoff beschränken, der ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Quellen hergestellt wird“, schreiben sie.

Alle Technologien, die die Herstellung von erneuerbarem und CO2-armem Wasserstoff ermöglichen, sollten zugelassen werden. Als „CO2-arm“ gilt Wasserstoff auch, wenn der für die Elektrolyse eingesetzte Strom aus Kernkraftwerken stammt. Dieser Aspekt ist besonders für Frankreich mit seiner großen Atomkraftwerksflotte relevant.

Holger Lösch, stellvertretender BDI-Hauptgeschäftsführer, sagt, die EU-Kommission dürfe „keine Technologie für die Produktion erneuerbaren oder kohlenstoffarmen Wasserstoffs von vornherein ausschließen“.

>> Lesen Sie hier: Berlin, Madrid und Paris ringen um Pyrenäen-Pipeline

Für mehr Energieversorgungssicherheit und Unabhängigkeit von einzelnen Energielieferanten „brauchen Unternehmen jede verfügbare Tonne Wasserstoff, vor allem die energieintensiven Industrien wie Stahl und Chemie“, sagte Lösch.

Kernkraftwerk Frankreich

Frankreich bezieht Energie mit seiner großen Atomkraftwerksflotte.


(Foto: imago stock&people)

Fachleute halten es für ausgeschlossen, dass es gelingt, von Anfang an grünen Wasserstoff in ausreichender Menge herzustellen, um den Bedarf der Industrie zu decken. Frühstens Ende des Jahrzehnts werden erst relevante Mengen an grünem Wasserstoff verfügbar sein, weil die dafür notwendige Infrastruktur fehlt.

In Brüssel wird seit Monaten um die Bedingungen für den Wasserstoff-Hochlauf gestritten. Klimaschützer wollen, dass Wasserstoff nur dann als „grün“ bezeichnet werden darf, wenn er ausschließlich mit erneuerbarem Strom hergestellt wurde. Das soll verhindern, dass die neu entstehende Wasserstoff-Wirtschaft den Bedarf an Kohle- und Gasstrom in die Höhe treibt.

Wirtschaft sieht Überregulation

Die Regel sollte demnach sein, dass die Produzenten von Wasserstoff Windparks und Solarkraftwerke errichten und sie gar nicht an das Stromnetz anschließen, sondern ausschließlich für die Produktion von Wasserstoff verwenden. So wäre sichergestellt, dass die Nutzung von Wasserstoff zum Klimaschutz beträgt – und den CO2-Ausstoß nicht noch erhöht.

Wegen dieser Überlegungen hatte sich die EU-Kommission für eine enge Definition von „grünem Wasserstoff“ entschieden. Nur in Ausnahmefällen sollten Elektrolyseure mit Strom aus dem normalen Stromnetz betrieben werden dürfen.

So sah es der Delegierte Rechtsakt vor, den die Kommission dazu im Frühjahr vorschlug und zur Konsultation freigab. Mittlerweile liegt eine aktualisierte Fassung, die den Interessen der Wirtschaft deutlich entgegenkommt. Demnach sollen Wasserstoffproduzenten nun Strom über das normale Netz beziehen können. Dazu würden sie Ökostromverträge abschließen, ähnlich wie es private Verbraucher auch tun können.

Aus Sicht der Wirtschaft ist das aber alles noch überreguliert. So hatte beispielsweise Markus Krebber, Chef des RWE-Konzerns, kürzlich im Handelsblatt-Interview gesagt, eine viel zu anspruchsvolle und komplizierte Regulierung seitens der EU-Kommission „würgt den benötigten Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft komplett ab“.

>> Lesen Sie hier: Aus diesen Ländern könnte Deutschland künftig Wasserstoff beziehen

Auch die Bundesregierung plädiert mittlerweile für einen pragmatischeren Ansatz. In Regierungskreisen heißt es, die Pläne der Kommission seien „zu kompliziert“. Der geplante Schulterschluss der deutschen und der französischen Wirtschaft folgt industrieller Logik: „Kein EU-Mitgliedstaat kann im Alleingang ausreichend Wasserstoff produzieren und die notwendige Infrastruktur aufbauen“, sagt BDI-Mann Lösch.

Für den klimaneutralen Umbau der europäischen Wirtschaft müsse grüner Wasserstoff innerhalb kürzester Zeit in gigantischen Mengen zur Verfügung stehen. Brüssel müsse daher einen „klaren Rahmen für den Auf- und Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur schaffen“. In allen EU-Mitgliedstaaten müssten die gleichen Regeln für den Einsatz von Wasserstoff gelten. Notwendig sei auch ein EU-weites Zertifizierungssystem.

Mehr: EU einigt sich auf gefürchtetes Klimaschutzinstrument – Verbände warnen vor Schäden an Industrie



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Politik

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