Dec 16, 2022
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FIU: Nach Rücktritt des Chefs der Anti-Geldwäsche-Einheit: Lindner gerät unter Handlungsdruck

Written by Dietmar Neuerer


Und auch Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) forderte Lindner, dem die Aufsicht über die FIU obliegt, nun zum schnellen Handeln auf. Der Kampf gegen Geldwäsche sei eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern, sagte Bayaz dem Handelsblatt. Die FIU habe aber hierbei offenbar „immer noch große Defizite“. „Da erwarte ich nun konkrete Maßnahmen des Bundesfinanzministers.“

Das Bundesfinanzministerium hatte am Donnerstag in einem Schreiben an den Finanzausschuss des Bundestages mitgeteilt, dass der FIU-Chef Christof Schulte von seinen Aufgaben entbunden werde. Offiziell heißt es, er habe „aus persönlichen Gründen“ darum gebeten. Allerdings stand Schulte wegen diverser Pannen schon länger in der Kritik.

Die FIU ist die nationale Zentralstelle für die Auswertung von Finanztransaktionen, die in Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung stehen könnten. 2017 wurde sie auf Betreiben des damaligen Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) aus dem Verantwortungsbereich des Bundeskriminalamts (BKA) und des Innenministeriums herausgelöst und unter das Dach des Zolls verlagert.

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Seitdem reißt die Kritik an der FIU nicht ab. Der SPD-Politiker und frühere Kriminalbeamte Sebastian Fiedler sagte: „Herr Schulte trägt Mitverantwortung dafür, dass der Deutsche Bundestag und die Öffentlichkeit über das wahre Ausmaß der Probleme der FIU getäuscht wurden.“ Wiederholt sei behauptet worden, die FIU setze auf Künstliche Intelligenz, um effektiver zu arbeiten. „In Wahrheit gibt es eine Software mit derartigen Fähigkeiten bis heute nicht.“

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Die Spezialeinheit schaffte es somit nicht, die vielen verdächtigen Meldungen zeitnah abzuarbeiten. In einem im Oktober versandten Brief an den Bundestag berichtete die Parlamentarische Finanzstaatssekretärin Katja Hessel (FDP) von fast 101.000 Verdachtsfällen, die nicht abschließend geprüft worden sind. Zum Stichtag 30. September seien diese Meldungen „als risikorelevant mit unterschiedlichen Risikoprofilen ausgesteuert, aber noch nicht weiterbearbeitet worden“, heißt es in ihrem Schreiben an den Finanzausschuss.

Auch wurde bekannt, dass die Behörde im Skandal um den Zahlungsdienstleister und einstigen Dax-Konzern Wirecard etwa 700 verdächtige Meldungen, die Beträge von 180 Millionen Euro umfassten, nicht weiterleitete. Schultes Begründung: Seine Behörde habe keine Hinweise auf strafbares Verhalten im Inland gehabt. Für Geldwäsche im Ausland sei die FIU nicht zuständig.

Dass Geldwäscheverdachtsmeldungen nicht sachgerecht oder zu spät bearbeitet wurden, wertet Fiedler als Beleg für die „strukturellen Defizite“ der Behörde. „Sie muss nun vom Kopf auf die Füße gestellt werden”, sagte der SPD-Politiker mit Blick auf die FIU. Ein Vorbild könne Spanien sein. Dort arbeiteten Bundesbanker mit Kriminalbeamten, Zoll- und Steuerfahndern zusammen. „Ein Erfolgsmodell, das wir im Blick halten sollten“, sagte Fiedler.

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Auch die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, dringt nun auf eine Reform der Bekämpfung der Finanzkriminalität und der Geldwäsche. „Dazu gehört insbesondere, dass man Kernkompetenzen unter einem Dach bündelt, hochqualifizierte Finanzermittlerinnen und Finanzermittler ausbildet und die Digitalisierung und Vernetzung von Registern vorantreibt“, sagte Mihalic dem Handelsblatt.

Eine neue Behörde?

Mihalic sicherte Finanzminister Lindner die Unterstützung der Grünen für seine Pläne zu, die Bekämpfung der Geldwäsche neu zu organisieren. Der FDP-Politiker hatte unlängst die Schaffung einer neuen Bundesbehörde vorgeschlagen, die mehrere Säulen umfassen soll.

Christof Schulte

Bei der FIU haben sich Tausende Verdachtsfälle angestaut.



(Foto: dpa)

Ein neues Bundesfinanzkriminalamt soll nach seinen Vorstellungen einen eigenständigen Fahndungsbereich und echte Ermittlungsbefugnisse bekommen. Die bisherige Anti-Geldwäsche-Einheit FIU soll in die neue Bundesbehörde integriert werden. Zudem solle es eine Zentralstelle für die Aufsicht über den Nicht-Finanzsektor beim Bund geben, um Länderzuständigkeiten zu koordinieren.

Mihalic sagte dazu, dies seien „alles richtige und wichtige Schritte“ hin zu einer effektiven Bekämpfung der organisierten Kriminalität, der Finanzkriminalität sowie der Geldwäsche. „Es muss aber jetzt endlich Zug in den Kamin kommen und der längst überfällige Startschuss von der Planung in die Umsetzung erfolgen“, sagte die Grünen-Politikerin.

Lindner hatte erstmals im August 2022 seine Pläne für ein neues Bundesfinanzkriminalamt grob skizziert. Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sagte dem Handelsblatt, der Minister „muss nun konkrete Vorschläge machen, wie es gehen kann“. Die vorgelegten Eckpunkte reichten dafür nicht aus. Geldwäschebekämpfung brauche konsequentes Handeln. „Ich nehme besorgt zur Kenntnis, dass es die FIU erneut nicht geschafft hat, den Berg der unbearbeiteten Verdachtsmeldungen abzuarbeiten“, fügte Heinold hinzu. „Das muss sich dringend ändern.“

Auch Baden-Württembergs Finanzminister Bayaz hält den Vorstoß Lindners für die Schaffung eines Bundesfinanzkriminalamts für richtig. Das allein werde die Probleme aber nicht lösen können, sagte er. „Eine Bündelung von Kompetenzen kann dann sinnvoll sein, wenn man dadurch Geldwäsche und Finanzkriminalität auch tatsächlich besser bekämpfen kann.“

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