Der Staat hat den Bundesbürgern ein Päckchen unter den Weihnachtsbaum gelegt: die Gewissheit, dass die Begrenzung des Strompreises auf maximal 40 Cent je Kilowattstunde ab Januar 2023 gelten soll. Bis zu 200 Milliarden Euro, das entspricht fast der Hälfte des Bundeshaushalts, sollen in die „Bremsen“ für Gas- und Strompreise fließen.
Die Freude vergeht den Beglückten allerdings, wenn sie ihre Lage mit der anderer EU-Bürger vergleichen, etwa der Franzosen oder der Spanier. Denn die zahlen teilweise erheblich weniger.
In Frankreich zahlen die Verbraucher 17 Cent für eine Kilowattstunde Strom, also weniger als die Hälfte des ab Januar 2023 subventionierten deutschen Tarifs. In Spanien liegt der regulierte Tarif noch niedriger, er beträgt 12 Cent. Der „freie“ Preis ist höher und variiert zudem im Tagesverlauf stark, zwischen acht und 30 Cent. Im Schnitt zahlt der Kunde einer der großen spanischen Versorger ungefähr 17 Cent für die Kilowattstunde. Wie kann das sein?
Um das für die Verbraucher viel bessere Resultat zu erzielen, greift der Staat dort zudem bei Weitem nicht so tief in die Tasche wie in Deutschland. Westlich des Rheins hat die Exekutive dem Quasi-Monopolisten EDF einfach verordnet, seine Stromtarife zu deckeln und sogar seinen Konkurrenten ein höheres Kontingent an billigem Strom abzugeben.
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Dass das den Versorger an den Rand des Ruins treiben würde, war absehbar. Aber weil Frankreich ohnehin bereits die Anteilsmehrheit kontrollierte, entschied sich die Regierung dazu, das Unternehmen einfach wieder ganz zu verstaatlichen. Eine Kapitalspritze von drei Milliarden Euro sicherte zunächst den Betrieb, die Nationalisierung dürfte noch einmal sieben Milliarden kosten.
„Das ist eine starke und für das Land notwendige strategische Entscheidung“, sagte Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire im Sommer. Es ist vor allem eine teure Entscheidung, deren Kosten aber im Vergleich zu dem verblassen, was in Deutschland allein die Rettung von Uniper kostet: rund 35 Milliarden Euro.
Spanien hat sich eine Ausnahme verhandelt
In Spanien geht die Exekutive anders vor. Nach harten Auseinandersetzungen in Brüssel hat sie die „iberische Ausnahme“ durchsetzen können. Generell gilt in der EU bei der Gestaltung der Strompreise das Prinzip der „Merit-Order“. Kraftwerke werden in der Reihenfolge ihrer Erzeugungskosten zugeschaltet, um den jeweiligen Bedarf zu decken. Zunächst die Erneuerbaren als billigste, dann Kohle, am Ende Gas, aktuell die teuerste Energiequelle. Alle aber erhalten den Preis pro Kilowattstunde des marginalen – teuersten – Anbieters, also der Gaskraftwerke.
Gegen den erbitterten Widerstand aus Deutschland hat Spanien erreicht, dass es davon etwas abweichen darf. Die Iberer zahlen den Versorgern, die Gaskraftwerke einsetzen, eine Subvention für den fossilen Rohstoff. Das senkt die Preise aller.
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Spanien deckt im Schnitt rund die Hälfte seines Strombedarfs aus Erneuerbaren. Bei passenden Wetterlagen sind es sogar zwei Drittel, vor allem Wind, aber auch Sonne. Der Preisvorteil ist enorm: 52 Euro verlangte Spanien am Donnerstag für die Megawattstunde im europäischen Großhandel, in Frankreich und Deutschland waren es gleichzeitig 239 Euro.
Die niedrigeren Preise kommen den Privathaushalten zugute, aber auch der eigenen Industrie. Deutschland könnte ebenfalls profitieren, wenn nicht mehr die vollen Kosten der Gaskraftwerke die Messlatte wären. Denn in den ersten drei Quartalen 2022 stammten immerhin rund 45 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren.
Die Bundesregierung sieht es anders: Die Preise nach den Grenzkosten hätten sich als marktwirtschaftliches Prinzip bewährt, dieses müsste weiter die ordnende Regel sein, sonst versinke die EU in der Willkür der Staatswirtschaft. Aber wie passt dazu die staatliche Preisbremse, wie die deutsche Abschöpfung der sogenannten „Zufallsgewinne“ bei den Erzeugern, die sich mit Extraprofiten eine goldene Nase verdienen, wie die Verstaatlichung von Unternehmen wie Uniper? Erklären kann das wohl nur der Weihnachtsmann.
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