In diesem Sommer mussten insbesondere wegen Personalengpässen an Flughäfen und bei Airlines Tausende Flüge storniert werden.
Berlin Annullierte Flüge lassen die Zahl der Beschwerden beim Luftfahrt-Bundesamt (LBA) in die Höhe schnellen. Das geht aus Daten der Behörde (Stand: 30.11.2022) hervor, die dem Handelsblatt vorliegen.
In diesem Jahr gingen beim LBA 2243 Beschwerden (2021: 1430 Beschwerden) über Airlines ein. Davon beschwerten sich Passagiere in 743 Fällen (2021: 946) über Verstöße gegen die gesetzlich vorgeschriebene Frist von sieben Tagen für die Rückerstattung bei gestrichenen Flügen.
In diesem Sommer stornierten Flughäfen und Airlines insbesondere wegen Personalengpässen Tausende Flüge.
Trotz der vielen Beschwerden hat das Luftfahrt-Bundesamt nur eine überschaubare Anzahl an Bußgeldern gegen Airlines verhängt. Den Angaben zufolge geschah dies in 25 Fällen, in denen Ticketkosten für gestrichene Flüge nicht fristgerecht zurückgezahlt wurden.
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Im Vorjahr waren es laut der Behörde 127 Bescheide. Das LBA machte keine Angaben zur Höhe der Bußgelder und zu den betroffenen Airlines. In Deutschland ist das Luftfahrt-Bundesamt die offizielle Durchsetzungs- und Beschwerdestelle für die Rechte der Fluggäste.
Verbraucherschützer stellen Vorkasse-Prinzip infrage
Auch die Zahl der Bußgeldverfahren wegen nicht fristgerechter Flugticketerstattungen bewegt sich auf niedrigem Niveau. Laut Behördenangeben wurden in diesem Jahr 189 Verfahren eingeleitet, im Jahr 2021 waren es 476 Verfahren.
Passagiere können bei Stornierungen eine Rückerstattung beantragen.
Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) bekommt den Ärger vieler Reisender über verspätete oder ausgefalle Flüge zu spüren. In diesem Jahr wandten sich wegen Flugstornierungen oder -verspätungen 23.607 Verbraucherinnen und Verbraucher an die SÖP und damit mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr (11.736).
Die meisten Fälle sind zwischen August und November eingegangen. Weil zwischen dem jeweiligen Reiseereignis und der Beschwerde oft mehrere Wochen oder sogar Monate liegen, spiegelt das aus Sicht der Schlichtungsstelle vor allem die Sommerreisezeit wider.
Angesichts der Zunahme an Beschwerden fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) die Praxis auf den Prüfstand zu stellen, dass Reisende ihre Flugtickets bereits bei der Buchung und damit oft Monate im Voraus bezahlen müssen.
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„Die unfaire Vorkasse-Praxis bei Flugtickets muss verändert werden“, sagte VZBV-Mobilitätsexpertin Marion Jungbluth dem Handelsblatt. „Damit nicht allein der Fluggast durch die Vorauszahlung das Risiko der Airline-Insolvenz tragen muss, ist für den beiderseitigen Interessenausgleich maximal eine Anzahlung bei der Flugbuchung gerechtfertigt.“
EuGH stärkt Rechte von Passagieren bei verspäteten Anschlussflügen
Jungbluth verlangte zudem eine Absicherung der vorausbezahlten Kundengelder für den Fall, dass eine Fluggesellschaft in die Insolvenz rutschen sollte. „Die Bundesregierung muss hier nachjustieren und Airlines gesetzlich verpflichten, eine Insolvenzversicherung zugunsten der vorausbezahlten Kundengelder abzuschließen“, sagte sie. „So wird es bereits mit Anbietern von Pauschalreisen seit über zwanzig Jahren europaweit gehandhabt.“
Die Grünen sehen Änderungen bei der Vorkasse kritisch. „Das Vorkasse-Prinzip spielt für die Planbarkeit von Flügen eine gewisse Rolle“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Stefan Gelbhaar, dem Handelsblatt. „Wirksamer ist es, die Entschädigungsregeln für die Fluggäste deutlich zu verbessern.“
Künftig müsse die Entschädigung von Flugreisenden digital, automatisiert und unbürokratisch vonstattengehen, um eine echte Wirkung zu entfalten. „Gleichfalls muss die Höhe der Entschädigung überprüft und angepasst werden“, sagte Gelbhaar.
Immerhin eine Verbesserung für Passagiere im Fall verspäteter Flüge gibt es schon – dank einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Im Oktober urteilten die Richter, dass Fluggäste auch dann eine Entschädigung fordern können, wenn eine Reise aus mehreren Flügen besteht und diese von unterschiedlichen Gesellschaften durchgeführt wurde.
Dafür müsse zwischen den Unternehmen keine besondere rechtliche Beziehung bestehen, solange ein Reisebüro die Flüge kombiniere, dafür einen Gesamtpreis in Rechnung stelle und ein einheitliches Ticket ausgebe.
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