Dec 28, 2022
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Arbeitsmarkt: Arbeitslosigkeit kostete 2021 knapp 68 Milliarden Euro

Written by Frank Specht


Berlin Der Arbeitsmarkt in Deutschland hat das zweite Coronajahr vergleichsweise glimpflich überstanden. Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der Arbeitslosen 2021 leicht um drei Prozent auf rund 2,6 Millionen gesunken.

Doch die Kosten der Arbeitslosigkeit haben sich im Vergleich zu 2020 weiter erhöht – um rund fünf Milliarden Euro auf knapp 68 Milliarden Euro.

Dies hat vor allem damit zu tun, dass sich die Zusammensetzung der Gruppe der Arbeitslosen geändert hat und die Kosten pro Kopf gestiegen sind. Nicht in der Gesamtsumme enthalten sind die Ausgaben für das Kurzarbeitergeld, das dazu dient, Arbeitslosigkeit zu vermeiden.

„Die Kosten der Arbeitslosigkeit sind seit den 2000er-Jahren stark zurückgegangen, doch die Pandemie hat diesen Trend unterbrochen“, sagt Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), der zusammen mit Kollegen die Berechnungen angestellt hat.

Die Nürnberger Forscher berücksichtigen dabei nicht nur Ausgaben beispielsweise für das beitragsfinanzierte Arbeitslosen- und Kurzarbeitergeld oder das steuerfinanzierte Arbeitslosengeld II, umgangssprachlich Hartz IV, sondern auch Mindereinnahmen, die dem Fiskus und den Sozialkassen durch nicht gezahlte Steuern und Sozialbeiträge entgehen. Zur Berechnung geht das IAB von einem durchschnittlichen Einkommen aus, das die Arbeitslosen theoretisch erzielen könnten, wenn sie beschäftigt wären.

>> Lesen Sie hier das Interview mit BA-Chefin Andrea Nahles: Geplante Erhöhung des Arbeitslosenbeitrags könnte zu gering sein

Von den 68 Milliarden Euro machten die Sozialleistungen für Harz-IV-Bezieher mit 20,1 Milliarden Euro oder fast 30 Prozent den größten Anteil aus. Die Arbeitslosenversicherung zahlte 19,4 Milliarden Euro an die Versicherten aus. Die Transferleistungen, inklusive der abgeführten Sozialbeiträge, beliefen sich damit auf 39,5 Milliarden Euro oder 58 Prozent der Gesamtkosten.

Entgangene Steuereinnahmen in Höhe von elf Milliarden Euro

Während die Kosten der Arbeitslosigkeit insgesamt um etwa acht Prozent zulegten, stiegen die Kosten pro Kopf um rund elf Prozent. Das Arbeitslosengeld bemisst sich am früheren Arbeitseinkommen. Im Jahr 2020 traf die Coronapandemie viele Beschäftigte aus Branchen mit eher niedrigen Verdiensten, etwa aus der Gastronomie oder dem Handel. Diese Personen erhielten entsprechend auch nur ein verhältnismäßig geringes Arbeitslosengeld.

Im vergangenen Jahr waren dann schon wieder mehr Beschäftigte aus dem verarbeitenden Gewerbe mit höheren Verdiensten betroffen, was sich in höheren Arbeitslosengeldleistungen pro Kopf niederschlug.

Bund, Ländern und Kommunen entgingen nach Berechnungen des IAB durch die Arbeitslosigkeit Steuereinnahmen in Höhe von elf Milliarden Euro. Die Sozialkassen mussten auf Einnahmen in Höhe von 17,4 Milliarden verzichten.

So werden beispielsweise für Arbeitslose keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge gezahlt und für Arbeitslosengeld-II-Empfänger auch keine Rentenbeiträge. Allein die Rentenversicherung trägt 14 Prozent der Gesamtkosten der Arbeitslosigkeit.

Coronabedingte Mehrausgaben

Mit den coronabedingten Mehrausgaben wurde ein langjähriger Abwärtstrend durchbrochen. 2019, im letzten Jahr vor der Pandemie, wendete die Bundesagentur für Arbeit (BA) nur noch etwa 40 Prozent der Mittel auf, die sie 2005 zahlte. Damals hatte die Zahl der Arbeitslosen mit rund fünf Millionen ihren Höchststand erreicht. 2020 lagen die Ausgaben dann wieder bei 60 Prozent und 2021 bei 66 Prozent des Niveaus von 2005.

Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) sind die Kosten der Arbeitslosigkeit von 4,2 Prozent im Jahr 2004 auf knapp 1,5 Prozent im Jahr 2019 gesunken. Im vergangenen Jahr lag der Anteil coronabedingt wieder höher bei knapp 1,9 Prozent.

>> Lesen Sie hier: Bundesagentur für Arbeit kann mit Wiederaufbau der Rücklage beginnen

Nicht in den Daten enthalten sind die erheblichen Mittel für das Kurzarbeitergeld, das helfen soll, Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Allein dafür wendete die BA im vergangenen Jahr 21 Milliarden Euro auf, ein Jahr zuvor waren es knapp 23 Milliarden Euro.

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Weil die Bundesagentur ihre Rücklage von knapp 26 Milliarden Euro aufgebraucht hatte und die Ausgaben nicht mehr aus eigenen Mitteln stemmen konnte, erhielt sie im vergangenen Jahr eine Liquiditätshilfe des Bundes in Höhe von 16,9 Milliarden Euro. Im Vorjahr hatten die Steuerzahler bereits mit 6,9 Milliarden Euro ausgeholfen.

Corona habe gezeigt, dass man für plötzliche Schocks am Arbeitsmarkt finanziell vorbereitet sein müsse, sagt IAB-Forscher Weber. „Deshalb ist es wichtig, in den nächsten Jahren in der Arbeitslosenversicherung eine hinreichende Rücklage aufzubauen.“ Diese beziffert das Nürnberger Institut auf 0,65 Prozent des BIP, was ungefähr gut 25 Milliarden Euro entsprechen würde.

Dieses Volumen ist aber in absehbarer Zeit nur schwer zu erreichen. Es könne nur gelingen, wenn die Ausgaben der BA substanziell abgesenkt würden, die Finanzlage durch eine außergewöhnlich gut Arbeitsmarktentwicklung verbessert oder der Beitragssatz stärker angehoben werde, schreibt das IAB. Zum Jahreswechsel läuft die zeitlich befristete Absenkung des Beitragssatzes aus, sodass er wieder von 2,4 Prozent auf 2,6 Prozent steigt.

Mehr: Ifo-Institut rechnet mit guten Aussichten für den Arbeitsmarkt – Industrie weniger optimistisch



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