Athen Der 7. Oktober 2022 war für Griechenland ein historisches Datum, auch wenn die meisten Menschen davon nichts gemerkt haben: An jenem sonnigen und windigen Herbsttag bestritt das Land seinen Elektrizitätsverbrauch fünf Stunden lang vollständig mit Ökostrom. Das zeigt, welches Potenzial erneuerbare Energiequellen in Griechenland haben und welche Fortschritte das Land bei ihrer Nutzung macht.
Zugleich fährt Griechenland seine Gasimporte aus Russland drastisch zurück. Während in den ersten elf Monaten 2021 der Staatskonzern Gazprom noch 40,4 Prozent des griechischen Erdgasbedarfs deckte, bezog das Land zwischen Januar und November nur noch 14,4 Prozent seiner Gaseinfuhren aus Russland.
Im November 2022 fielen die Gasimporte aus Russland gegenüber dem Vorjahr sogar um 98,3 Prozent niedriger aus. Griechenland hat sich damit binnen eines Jahres aus der Abhängigkeit vom Gaslieferanten Russland befreit.
Möglich wurde das unter anderem durch drastische Einsparungen beim Gasverbrauch. Er ging in den Monaten August bis November gegenüber dem Vorjahr um 33 Prozent zurück. Griechenland hat damit die Sparziele der Europäischen Union bei Weitem übertroffen.
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Die EU-Staaten hatten im vergangenen Sommer vereinbart, ihren Gasverbrach zwischen dem 1. August 2022 und 1. März 2023 um 15 Prozent unter den Durchschnittsverbrauch der vergangenen fünf Jahre zu drücken. Griechenland hat bereits in den ersten vier Monaten der Referenzzeit mehr als doppelt so viel eingespart wie vorgegeben. Den größten Anteil hatte daran die Industrie, die ihren Gasverbrauch um 64 Prozent reduzierte, gefolgt von der Energiewirtschaft. Sie verfeuerte in ihren Kraftwerken im Vergleich zum Vorjahr 30 Prozent weniger Erdgas.
Griechenland nutzt doppelt so viel LNG wie vor einem Jahr
Um sich vom Lieferanten Gazprom zu lösen, setzt der Gasnetzbetreiber Desfa vor allem auf Flüssigerdgas (LNG). Der Umschlag des bislang einzigen griechischen LNG-Terminals auf der Insel Revithoussa bei Athen hat sich im November 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat mit einem Zuwachs von 93 Prozent fast verdoppelt.
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Wichtigste LNG-Lieferanten sind die USA, gefolgt von Algerien, Nigeria und Ägypten. Außerdem bezieht Griechenland über die türkische Transanatolische Pipeline Erdgas aus Aserbaidschan.
Das meiste Gas fließt in Griechenland in die Stromerzeugung. Im vergangenen Jahr steuerten die Gaskraftwerke knapp 40 Prozent dazu bei. Um die Stromversorgung trotz der Gas-Sparziele zu sichern, hat die konservative Regierung den für 2025 geplanten Ausstieg aus der Braunkohleverstromung auf Ende 2028 verschoben.
Zugleich will die Regierung aber die Nutzung der erneuerbaren Energiequellen forcieren. In ihrem 2019 vorgelegten Nationalen Energie- und Klimaplan setzte sie den Anteil der Erneuerbaren am Strommix für das Jahr 2030 auf 61 Prozent an. Jetzt liegt das Ziel laut Energieminister Kostas Skrekas bei 80 Prozent. Dafür müssen in den nächsten acht Jahren Ökostromprojekte mit einer installierten Leistung von mehr als 20 Gigawatt (GW) ans Netz gehen und Speicherkapazitäten von sieben bis acht GW aufgebaut werden.
Wirtschaftsminister Adonis Georgiadis schätzt, dass dafür Investitionen von 50 Milliarden Euro nötig sind. Der erforderliche Netzausbau dürfte weitere zehn Milliarden Euro kosten.
Erneuerbare machen fast die Hälfte der Stromversorgung aus
Auf dem Weg zum 80-Prozent-Ziel kommt Griechenland bereits gut voran: In den ersten zehn Monaten 2022 erreichte der Anteil der Erneuerbaren am Strommix nach Angaben des griechischen Netzbetreibers Admie 47,1 Prozent. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren waren es gerade mal sechs Prozent.
Der griechische Ökostromboom lockt auch ausländische Energiekonzerne an. Im Januar gründeten die griechische Public Power Corporation (PPC) und deutsche RWE Renewables ein Joint Venture, die Meton Energy AG. RWE kontrolliert das Gemeinschaftsunternehmen mit 51 Prozent der Anteile. PPC bringt neun Solarprojekte mit einer Leistung von 940 Megawatt (MW) ein.
Standort der Photovoltaikanlagen sind ehemalige Gruben des Braunkohletagebaus im nordgriechischen Mazedonien. Gemeinsam wollen RWE und PPC in Griechenland erneuerbare Energieprojekte mit einer Kapazität von mindestens zwei Gigawatt (GW) umsetzen. Katja Wünschel, CEO Onshore Wind und Solar Europa & Australien bei RWE Renewables, sieht großes Potenzial: „Griechenland ist für uns ein vielversprechender Wachstumsmarkt mit einem hohen Potenzial an Solarenergie und einem klaren Bekenntnis zu erneuerbaren Energien.“
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