Jan 2, 2023
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Ifo-Beraterklima: Berater haben reichlich zu tun – jedes zweite Unternehmen will die Preise erhöhen

Written by Heike Anger


Die Mehrzahl der vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) befragten Branchenverbände ist pessimistisch: Von 49 befragten Verbänden beurteilen 39 die aktuelle Lage ihrer Unternehmen im Vergleich zum vorigen Jahr als schlechter; 30 gehen für 2023 davon aus, künftig weniger zu produzieren.

Keine Spur von einem Tief gibt es hingegen in der Beraterszene: Auch in der Krise scheint guter Rat gefragt zu sein. Dies signalisiert das Ifo-Beraterklima, eine exklusive Sonderauswertung des Ifo-Geschäftsklimas für das Handelsblatt.

Dem Bereich Rechtsberatung, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung gehe es gegenwärtig „sehr gut“, sagt Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. „Mehr als jedes zweite Unternehmen berichtet aktuell von einer guten Geschäftslage.“ Lediglich sechs Prozent seien unzufrieden.

Die Beraterbranche zeige sich weiterhin „relativ robust“ gegenüber der allgemeinen konjunkturellen Lage. Auch der Krieg in der Ukraine habe bisher keine Spuren hinterlassen. Zu Beginn des Kriegs habe es Sorgen gegeben, dass sich die Geschäfte weniger dynamisch entwickeln würden. „Diese haben sich aber nicht bestätigt“, erklärt Wohlrabe.

Die Stimmung in der Beraterbranche ist viel besser als in der Gesamtwirtschaft

Im Vergleich zur Gesamtwirtschaft seien die Berater „sehr gut aufgestellt“, erläutert der Ifo-Ökonom. Das Geschäftsklima für die Branche liege fast 40 Punkte über dem für die Gesamtwirtschaft. „Bei den Beratern gab es nicht ansatzweise einen Einbruch des Geschäftsklimas wie in der Gesamtwirtschaft“, so Wohlrabe weiter.

Viele Krisen, das bedeutet für die Rechts- und Steuerberater sowie Wirtschaftsprüfer vor allem viel Arbeit. Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) verweist auf die Folgen der Coronapandemie, den Ukrainekrieg, die daraus resultierende Energiekrise und die steigende Inflation.

„Als DStV-Präsident und Steuerberater in eigener Kanzlei bekomme ich die Nöte meiner Mandanten hautnah mit“, berichtet Torsten Lüth. Der Berufsstand stehe den vielen von den Krisen betroffenen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) „intensiver denn je“ zur Seite.

Der Steuerberaterpräsident erklärt: „Die unsichere Energielage beunruhigt gerade kleinere Unternehmen.“ Zwar reagiere die Politik mit Ad-hoc-Maßnahmen wie der Gas- und Strompreisbremse. Aber gerade solche Ad-hoc-Maßnahmen zeigten bisweilen erhebliche Praxisschwächen – und großen Beratungsbedarf.

So seien die angesprochenen Hilfen stellenweise unfertig, weil die zwingend benötigten Regelungen zum Veranlagungsverfahren zunächst völlig fehlten. „Was nützen die bestgemeinten Regelungen, wenn am Ende ihr Vollzug nicht gelingt?“, kritisiert Lüth und befürchtet „einen Meldewahnsinn, der uns und unsere Mandanten bis mindestens 2025 verfolgt“.

Anwälte und Wirtschaftsprüfer rechnen mit zahlreichen Anfragen

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) sieht ebenfalls, dass sich die Beratungsbranche auf Fragestellungen aus verschiedensten Rechtsgebieten einstellen muss. Vor allem die Russlandsanktionen lieferten Anfragen aus diversen Branchen, berichtet DAV-Hauptgeschäftsführerin Sylvia Ruge. „Gerade auch die komplexe Frage, wie bisherige Investitionen und Geschäftsverbindungen rückabgewickelt werden können, gilt es hier zu klären“, berichtet sie.

Der DAV verweist zudem auf das Anfang Januar 2023 in Kraft getretene Lieferkettengesetz. Damit kämen gänzlich neue gesetzliche Regelungen auf die deutschen Unternehmen zu, die diese zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang ihrer Lieferketten verpflichteten.

„All dies bedeutet natürlich einen erhöhten – auch anwaltlichen – Beratungsbedarf“, resümiert Ruge. Die Anwaltschaft werde also auch 2023 in vielen Bereichen „gut beschäftigt“ sein.

Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) stellt fest: „Die gesamte Wirtschaft ist direkt oder indirekt von den großen Angebotsschocks betroffen.“ Knappheit bei Energie und Vorprodukten beeinträchtige Produktion und Dienstleistungsangebot der Unternehmen und führe zu steigenden Preisen. Der Fachkräftemangel wirke sich ebenfalls negativ aus.

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IDW-Vorständin Melanie Sack bekräftigt: „Auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften spüren dies.“ So analysierten die Mandanten etwa alternative Produktionsmöglichkeiten oder neue Wege der Energieversorgung mit externer Hilfe. „Parallel unterstützen sie, die Krisenfolgen in der Berichterstattung der Unternehmen und Kreditinstitute abzubilden“, erklärt Sack. „In vielen Fällen wird es nötig sein, höhere Risikovorsorge zu bilden.“

Das Geschäft mit der klassischen Abschlussprüfung ist laut IDW bei den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften leicht wachsend. Dieser Trend sollte demnach auch 2023 anhalten.

Beratungsgeschäft wächst deutlich – die Preise steigen

Dynamischer stelle sich das Beratungsgeschäft dar: Hier verzeichneten viele Gesellschaften ein klares Plus. Getrieben werde das Wachstum durch ein ausgeweitetes Angebot zum Beispiel bei digitalen Transformationsprojekten und der Unterstützung bei den zunehmenden Berichterstattungspflichten im Bereich der Nachhaltigkeit.

Die Erwartungen der gesamten Branche für das erste Halbjahr 2023 sind hoch. Rund die Hälfte der vom Ifo befragten Unternehmen rechnet mit einem weiteren Umsatzanstieg; Umsatzrückgänge erwartet nahezu kein Unternehmen.

Ein Teil der Umsatzsteigerungen speist sich aber aus Preiserhöhungen. Gegenwärtig berichtet jedes zweite Beratungsunternehmen von entsprechenden Plänen – offenbar gibt es hier noch reichlich Luft nach oben.

Während in der Gesamtwirtschaft zuletzt weniger Unternehmen die Preise erhöhen wollten, gibt es diese Tendenz bei den Beratern bislang nicht. „Es scheint unter den Beratern keine Sorge zu bestehen, dass die Preissteigerungen den Auftragsbestand gefährden könnten“, meint Ifo-Ökonom Wohlrabe. Im Dezember 2022 meldeten 48 Prozent der Berater einen „verhältnismäßig großen“ Auftragsbestand. Lediglich vier Prozent berichteten von „zu wenig“ Aufträgen.

Die sehr gut laufenden Geschäfte spiegeln sich auch in den Personalplanungen wider. Zahlreiche Berater suchen nach neuen Mitarbeitern. Fast ein Drittel der Beraterfirmen plant, die Belegschaften aufzustocken, lediglich sechs Prozent erwarten Personalabbau.

Mehr: HRI-Konjunkturprognose – Deutschland steckt in der Stagflation fest



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