Jan 2, 2023
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Ukraine-Krieg: Hunderte Tote – Russlands Armee erlebt „Tragödie von Makijiwka“

Written by Ivo Mijnssen


Ukrainischer Angriff

Der Krieg machte in der Silvesternacht keine Pause – eine Attacke der Ukrainer traf hunderte russische Soldaten unvorbereitet.



(Foto: dpa)

Wien. Seit fünf Tagen beschießt Russland die Ukraine fast pausenlos. Doch den folgenschwersten Angriff führten die Ukrainer eine Minute nach Neujahr aus: Sie machten mit Himars-Raketen eine Unterkunft dem Erdboden gleich, in der sich nach russischen Angaben mehr als 600 jüngst mobilisierte eigene Soldaten aus dem Gebiet Saratow befanden.

Das Verteidigungsministerium in Moskau hat am Montag bereits 63 Todesopfer bestätigt. Militärblogger gehen von deutlich höheren Zahlen aus, Kiew spricht von 700 Toten und Verletzten.

Während russische Staatsmedien die „Tragödie von Makijiwka“ beklagen, macht sich in den sozialen Netzwerken Fassungslosigkeit breit. So lokalisierte der ukrainische Militärgeheimdienst, der solche Angriffe normalerweise koordiniert, die Ansammlung von Rekruten im besetzten Teil der Region Donezk über deren gedankenlose Verwendung ihrer Mobiltelefone. Zudem, so schreibt der kremlnahe Telegram-Dienst „Rybar“, sei auf dem Gelände Munition gelagert worden, die als Folge des Beschusses detonierte.

Dass eine so große Zahl an Soldaten und Militärmaterial nur wenige Kilometer von der Front in einem kaum geschützten Gebäude stationiert werden, zeugt nach Ansicht von Militärbeobachtern von der Gleichgültigkeit der russischen Generäle den eigenen Leuten gegenüber. Wie auch beim Kampf um die Stadt Bachmut zu beobachten sei, würden diese als Kanonenfutter betrachtet.

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Entsprechend bitter sind die Kommentare über die „Debilität“ und „kriminelle Inkompetenz“ der Offiziere. Die Suche nach einem Schuldigen dürfte bald schon zu personellen Konsequenzen führen, Kritik an Präsident Wladimir Putin verbietet sich jedoch.

Präsident Putin bei seiner Neujahrsansprache

Desaster kurz nach Mitternacht.


(Foto: AP)

Der für Russland wohl fatalste Einzelangriff seit der Versenkung des Flaggschiffs „Moskwa“ im April zeigt aber auch, wie effektiv die Ukrainer ihre begrenzten Mittel einsetzen: Ihnen reichten sechs Raketen, um eine nachhaltigere Demoralisierung des Gegners zu erreichen, als es den Russen mit hunderten Marschflugkörpern und Drohnen gelang.

Ukrainische Drohnenangriffe auf der Krim

Hinzu kamen in den vergangenen Tagen ukrainische Drohnenangriffe gegen die Energieinfrastruktur in Brjansk sowie gegen militärische Objekte auf der Krim und bei Woronesch. Auf die dortige Luftwaffenbasis „Baltimor“ sollen die Russen jüngst Langstreckenbomber verlegt haben, von denen im Dezember bei ähnlichen Attacken weiter im Landesinneren einige beschädigt worden waren.

Russlands Angriffe aus der Luft richten zwar weiterhin Zerstörung an und fordern Todesopfer. Sie ließen in Kiew zeitweise wieder den Strom ausfallen, und der Artilleriebeschuss terrorisiert die frontnahen Städte. Zudem traf eine „Iskander“-Rakete offenbar die – zu dem Zeitpunkt leere – Militärbasis einer Elite-Einheit in der westukrainischen Stadt Chmelnizki.

Doch auch wenn einzelne Sprengköpfe ihr Ziel erreichten: Den allergrößten Teil schoss die Luftverteidigung ab. Dass dabei teure westliche Systeme wie das jüngst gelieferte Nasams gegen Billigdrohnen verwendet werden, muss Kiew in Kauf nehmen.

Russlands Armee befindet sich mit den Angriffen auch in einer Propagandaschlacht mit den Ukrainern, die behaupten, diese verfüge kaum mehr über Raketen. Kiew verweist darauf, dass vermehrt sehr alte oder ganz neue Projektile zum Einsatz kämen. Indem es seine Marschflugkörper mit Drohnen und modifizierten S-300-Abwehrraketen kombiniere, versuche Moskau, die Probleme bei der Erneuerung des eigenen Arsenals zu kompensieren, verkündete ein Sprecher des Militärnachrichtendienstes.

Himars-Raketenwerfer

Mit diesem Waffensystem aus den USA führte die Ukraine ihre Attacke aus.


(Foto: IMAGO/UPI Photo)

Wie es um die russischen Bestände wirklich steht, bleibt Verschlusssache, doch aus der Anpassung der Strategie macht man kaum mehr ein Geheimnis. So erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau die im Gegensatz zu früher nur beschränkten Auswirkungen der Angriffe auf das ukrainische Stromnetz damit, diese hätten sich gegen Industriebetriebe und Drohnenwerkstätten gerichtet. „Die Pläne des Kiewer Regimes zur Begehung terroristischer Attacken gegen die Russische Föderation wurden durchkreuzt – Ziel erreicht.“

Kreml-Kritik auch von prominentem Faschisten

Auch der Telegram-Dienst „Rybar“ behauptete, die regelmäßigen, aber beschränkteren Angriffe hätten ein neues Ziel: „Der Gegner soll seine Möglichkeiten zur Luftverteidigung nicht erweitern können.“

Dass dies nur einen Teil der Wahrheit darstellt, machte der immer wieder erstaunlich kremlkritische großrussische Faschist Igor Girkin klar: Wer glaube, dass Russland mit seinen Angriffen die Möglichkeiten der Ukraine zur Kriegsführung entscheidend stören könne, gebe sich Illusionen hin.

„Es wird in der Ukraine keinen Aufstand geben“, glaubt Girkin, im schlechtesten Fall könne die Wut über die Angriffe die Leute sogar noch zusätzlich mobilisieren. Putin tat sich hingegen auch in seiner steif wirkenden Neujahrsansprache äußerst schwer damit, plausible Kriegsziele zu formulieren.

Wie auf einem Video zu sehen ist, verfolgten auch die Rekruten in Makijiwka die Ansprache, während sie feierten. Dann sind nur noch Explosionen zu hören – und das Video bricht ab.

Mehr: UN-Hochkommissar zum Ukraine-Krieg: „Die Täter müssen wissen, dass sie nicht straffrei davonkommen“



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Politik

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