Jan 4, 2023
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Schienenverkehr: Nachtzüge für Geschäftsreisende – Wissing prüft Potenzial

Written by Daniel Delhaes

Berlin Das Bundesverkehrsministerium will mit einem Gutachten das Potenzial von Nachtzügen in Deutschland untersuchen. Ziel sei es, „einen ganzheitlichen ökologischen und gesamtgesellschaftlichen Vergleich von Nachtzugverkehren mit anderen Verkehrsträgern anzustellen“, heißt es in der entsprechenden Ausschreibung. Neben dem volkswirtschaftlichen Nutzen sollen die Gutachter etwa prüfen, ob Touristen und Geschäftsreisende statt mit Flugzeug, Auto oder Reisebus mit dem Nachtzug fahren würden.

SPD, Grüne und FPD haben sich zum Ziel gesetzt, den grenzüberschreitenden Verkehr durch Nachtzugangebote zu stärken. Im vergangenen Jahr sind nach Angaben der Deutschen Bahn AG (DB) nur „rund 6500 Züge mit Schlaf- und Liegewagen“ gefahren, also etwa 18 Züge pro Tag.

Kritik an der Ausschreibung kommt von den Grünen. Der Nutzen von Nachtzügen sei bekannt, sagte der bahnpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Matthias Gastel, dem Handelsblatt. „Nachtzüge helfen, besonders klimaschädliche Flüge zu vermeiden, und sind ein Beitrag zur Stärkung einer nachhaltigen Mobilität.“ Der Bundestag habe bereits im letzten Haushaltsplan Mittel bereitgestellt, „um untersuchen zu lassen, wie sich technische und rechtliche Hürden für mehr europäische Nachtzüge abbauen lassen. Wir müssen jetzt möglichst schnell ins konkrete Umsetzen kommen.“

Der Verband Allianz pro Schiene fordert, Wettbewerbsnachteile zwischen den Verkehrsträgern zu korrigieren. „Eine erste Maßnahme wäre es, die Mehrwertsteuer auf grenzüberschreitende Zugtickets abzuschaffen und die Trassenpreise für Nachtzüge zu senken“, sagte Geschäftsführer Dirk Flege. Als weitere Maßnahme empfiehlt der Verband, eine Kerosinsteuer sowie die Mehrwertsteuer auf grenzüberschreitende Flüge einzuführen. Dies sei ein Beitrag, um die Klimaziele zu erreichen.

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Das Ministerium will mit dem Gutachten unter anderem ein technisches Problem prüfen: Ob es noch genügend Platz im Schienennetz für Nachtzüge gibt. Schließlich will die Bundesregierung bis 2030 weit mehr Güter mit der Bahn transportieren als heute. „Bereits heute“ komme es aber „zu Kapazitätsengpässen“, wie in der Ausschreibung der schlechte Zustand des Netzes beschrieben wird.

Nachtzüge: Der Marktführer ÖBB rechnet mit drei Millionen Fahrgästen

Zudem lässt das Ministerium die „unternehmerische Wirtschaftlichkeit“ von Nachtzügen begutachten. Die DB hat 2016 ihre letzten Verbindungen eingestellt, weil sie sich nicht rechneten. Die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) hatte einige Verbindungen übernommen, 40 Millionen Euro in die Flotte investiert und ist inzwischen größter europäischer Anbieter in dem kleinen Segment der Nachtzugverbindungen.

Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben im Vor-Corona-Jahr 1,5 Millionen Fahrgäste in Schlaf- und Liegewagen befördert. 2022 habe es „einen Boom bei der Nachfrage“ gegeben, wie ein Sprecher erklärte. Dabei sind weniger die Sitzplätze in den Waggons und mehr Schlafabteile begehrt. Sie seien „oft wochenlang ausgebucht – daher haben wir neue Züge bestellt, mit deutlich mehr Schlafwagenplätzen“, erklärte der Sprecher. Bis 2026 plant die ÖBB „mit bis zu drei Millionen Fahrgästen in unseren Nachtzügen“.

Nachtzug der ÖBB

Der Konzern berichtet von einem „Boom der Nachfrage“.



(Foto: dpa)

Doch ist das Geschäft wie in der Vergangenheit nicht immer auskömmlich. So wird laut ÖBB nur „der überwiegende Teil der Kosten“ durch Ticketerlöse gedeckt. Ein Problem: Reine Schlaf- und Liegewagen kommen nur in der Nacht zum Einsatz und stehen tagsüber. Um kostendeckend zu arbeiten, seien staatliche Bestellungen „zumindest von Teilstrecken heute noch notwendig“. Das heißt, der Staat bestellt Nachtzüge und garantiert, mögliche Verluste auszugleichen.

Der Markt scheint indes Potenzial zu haben. Kürzlich hatte das 2021 gegründete belgisch-niederländische Bahnunternehmen „European Sleeper“ angekündigt, ab Ende Mai 2023 Berlin und Brüssel dreimal pro Woche mit einem Nachtzug zu verbinden.

Die europäischen Staatsbahnen kooperieren

Die Staatsbahnen in Deutschland, Österreich, Frankreich (SNCF) und der Schweiz (SBB) hatten bereits zu dem von der EU-Kommission ausgerufenen „europäischen Jahr der Schiene 2021“ angekündigt, wieder Verbindungen aufzubauen. Unter der Führung der ÖBB geht es seither etwa von Wien über München nach Paris oder von Zürich über Köln nach Amsterdam. Ende 2023 soll nach Auskunft eines DB-Sprechers die Verbindung von Berlin nach Paris beziehungsweise Brüssel hinzukommen.

>> Lesen Sie hier: Billig, pünktlich, sauber – Sind Tschechiens Züge ein Vorbild für Deutschland?

Im Berliner Bahntower ist die Tonart längst wieder eine andere als noch vor einigen Jahren. „Wir sind aus dem Nachtzuggeschäft nie ausgestiegen, wir haben das Geschäftsmodell geändert und bieten Schlaf- und Liegewagen mittlerweile gemeinsam mit unseren europäischen Partnerbahnen an“, erklärte ein Bahn-Sprecher. „Wenn jeder ein bisschen Nachtzug betreibt, ist im Wettbewerb der Bahn mit Auto und Flieger nichts gewonnen.“

In der Tat sind Kooperationen im grenzüberschreitenden Verkehr zwingend. Während nach Auskunft der ÖBB einige Staatsbahnen wie die SBB und die niederländische NS auch Kosten und Risiko übernähmen, seien es bei anderen wie der Deutschen Bahn Kooperationen bei „Vertrieb und Produktion“. So stellt die DB nach eigenen Angaben Loks und Lokführer und bietet die Fahrten in den eigenen Vertriebskanälen an.

Mehr: Verkehrsminister Wissing will mehr Güter per Schiff transportieren – allerdings ohne eine große Reform



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Politik

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