Berlin, Brüssel Trotz einer massiven Corona-Welle in China haben sich die EU-Staaten nicht auf eine Testpflicht für Reisende aus der Volksrepublik einigen können – empfehlen diese aber nachdrücklich. Wie die schwedische Ratspräsidentschaft am Mittwoch nach einem Treffen von Gesundheitsexperten der Mitgliedstaaten in Brüssel mitteilte, werden die EU-Länder nachdrücklich dazu aufgefordert, für Reisenden aus China in Richtung Europa vor der Abreise einen negativen Corona-Test vorzuschreiben, der nicht älter als 48 Stunden sein soll.
Einig sei man sich unter anderem darin, das Tragen einer medizinischen oder einer FFP2-Maske an Bord der Flugzeuge zu empfehlen. Die Entscheidung ist für die einzelnen EU-Staaten nicht bindend, gilt jedoch als wichtige Leitschnur. Zusätzlich zur Testpflicht wird nun unter anderem empfohlen, Reisende aus China bei der Ankunft in der EU künftig stichprobenartig auf Corona zu testen. Positive Proben sollten gegebenenfalls sequenziert werden. Zudem solle das Abwasser von Flughäfen untersucht werden, an denen Maschinen aus China ankommen.
Verpflichtende Tests sind nach Einschätzung von Medizinern nicht notwendig. „Diese Forderungen sind ein Schnellschuss. Es ist gar nicht klar, was man damit erreichen will“, sagte der Leiter der Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Johannes Knobloch. „Wir werden auf jeden Fall Einschleppungen aus China haben. Tests können die Zahl dieser Einschleppungen verringern, sie aber nicht ganz verhindern.“
Diese Einschleppungen bereiten den Ärzten wenig Sorgen. Denn anders als in China hatte das Corona-Virus in Europa seit Jahren die Möglichkeit, sich zu verändern und dabei auch den Immunschutz in der Bevölkerung zu umgehen. „Gefährliche Mutationen setzen sich normalerweise dann durch, wenn es auch einen Evolutionsdruck gibt“, sagte die Virologin Jana Schroeder. „Den gibt es in China derzeit gar nicht.“ Mediziner sprechen von einer „Immunflucht“, wenn sich ein Virus so verändert, dass der bestehende Schutz durch Impfung oder Infektion weniger wirksam ist. Dazu zählt die Omikron-Variante.
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Wenige Stichproben in Deutschland
Dass dieser Effekt bei einer neuen Variante noch stärker wird, erwartet Schroeder eher nicht: „Die Immunität durch Impfung und Genesung ist schon sehr breit, der Schutz vor schwerer Erkrankung und Tod wird aller Voraussicht nach auch bei weiteren Varianten gut gegeben sein“, sagte sie. „Auch ist die Übertragungswahrscheinlichkeit bei Omikron schon sehr hoch, da ist nur noch wenig Luft nach oben.“
Um eine dennoch auftretende gefährliche Variante entdecken zu können, sind herkömmliche Tests ungeeignet. Dafür braucht es Sequenzierungen, die in Deutschland seltener durchgeführt werden als etwa in Großbritannien.
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„Auch in Deutschland fehlt es nach wie vor an repräsentativen Stichproben, durch die Infektionen zuverlässig erfasst werden und neue Varianten schnell erkannt werden könnten“, sagte Claudia Denkinger, Leiterin der Abteilung für Infektionsmedizin am Uniklinikum Heidelberg. Die Testpflicht-Entscheidungen seien politisch getrieben. „Epidemiologisch haben sie keinen Sinn“, sagte sie.
Die Bundesregierung scheint es ähnlich zu sehen. Man sei vor allem daran interessiert, ein Virusvarianten-Monitoring aufzustellen, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Berlin. Noch seien die in China verbreiteten Varianten auch die, die in Europa zirkulierten.
Eine Möglichkeit, Virusvarianten aufzuspüren, sei das Abwasser-Monitoring, wie es etwa am Flughafen in Frankfurt bereits praktiziert werde. Das lasse sich natürlich noch ausbauen, etwa durch die Untersuchung des Abwassers einzelner Flüge, sagte der Sprecher. Er betonte aber auch, dass die Regierung eine in der EU einheitliche europäische Regelung anstrebe. Mehrere Länder haben angekündigt, einen Testnachweis bei Abreise zu verlangen. In Italien ist sogar ein Test bei Einreise verpflichtend.
Zahlreiche Länder weltweit haben mittlerweile die Einreisebestimmungen für Personen aus China verschärft.
(Foto: AP)
Diese Vorschriften haben die chinesische Staatsführung verärgert. Am Dienstag drohte eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums mit Konsequenzen. „Wir glauben nicht, dass die Maßnahmen, die einige Länder gegen China ergriffen haben, wissenschaftlich begründet sind“, sagte sie. Einige dieser Maßnahmen seien unverhältnismäßig und einfach inakzeptabel. „Wir lehnen es entschieden ab, Covid-Maßnahmen für politische Zwecke zu nutzen und werden auf der Grundlage des Prinzips der Gegenseitigkeit entsprechende Maßnahmen als Reaktion auf unterschiedliche Situationen ergreifen.“
Tatsächlich besteht jedoch in China selbst auch nach dem Ende der Quarantänepflicht für alle Einreisenden weiterhin die Pflicht, einen Test zu machen. „Alle nach China reisenden Fluggäste sind verpflichtet, innerhalb von 48 Stunden vor Abflug nach China einen PCR-Test durchzuführen“, heißt es auf der Webseite der chinesischen Botschaft zu den Einreisebestimmungen ab dem 8. Januar. Nur wer ein negatives Testergebnis hat, darf nach China reisen.
Die Krankenhäuser in Deutschland sind derweil weiterhin wegen anderer Infektionen stark ausgelastet, manche Untersuchungen werden abgesagt. „Risikopatienten sollten derzeit besonders darauf achten, nicht krank zu werden“, sagte Cihan Celik vom Klinikum Darmstadt. „Sinnvoll könnte sein, einen Impfnachweis bei Einreise in die EU zu verlangen.“ Durch die Impfung ließen sich schwere Erkrankungsfälle vermeiden, die das Gesundheitssystem zusätzlich belasten würden.
Die chinesischen Impfstoffe Sinovac und Sinopharm sind in der EU allerdings bislang nicht zugelassen. Impfstoffe aus westlichen Ländern lehnt die Regierung in Peking bislang ab.
Mehr: Corona in China: Hoffnung liegt auf neuartigem Nasenspray und Arznei aus dem Westen
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