Jan 5, 2023
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Gesundheitswesen: „Krankenhäuser sind in einer Notlage“ – Klinikreform soll bis zum Sommer stehen

Written by Jürgen Klöckner

Berlin Bund und Länder wollen bis zur Sommerpause gemeinsam einen Referentenentwurf für die geplante große Krankenhausreform erarbeiten. Dies kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Donnerstag nach einem Treffen mit seinen Länderkollegen an.

„Die Krankenhäuser sind in einer Notlage“, sagte er. 60 Prozent hätten finanzielle Schwierigkeiten, auch sei die Qualität nicht überall gewährleistet. Deshalb stehe man „am Vorabend einer notwendigen Revolution im Krankenhaussektor“. Ziel sei es, die Versorgung weniger nach ökonomischen Kriterien auszurichten.

Eine Regierungskommission hatte Ende vergangenen Jahres Vorschläge für eine Reform der Kliniklandschaft vorgelegt. So sollen bei der Finanzierung der rund 1900 Krankenhäuser die sogenannten Fallpauschalen künftig eine weniger tragende Rolle spielen. Sie haben laut Lauterbach mit dazu beigetragen, dass bei Behandlungen zuweilen ökonomische Erwägungen eine größere Rolle gespielt haben als der medizinische Nutzen.

Künftig sollen die Krankenhäuser feste Beträge bekommen, wenn sie Personal, eine Notaufnahme oder eine bestimmte technische Ausstattung vorhalten. Die Experten schlagen ferner eine stärkere Spezialisierung und eine Aufteilung der Krankenhäuser in drei Kategorien vor.

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Die Häuser der ersten Gruppe sollen lediglich eine flächendeckende Grundversorgung aufrechterhalten, die der zweiten auch einfachere ambulante und stationäre Behandlungen vornehmen können. Die dritte Kategorie bilden dann Spezialkliniken, in denen eine Maximalversorgung möglich ist.

>> Lesen Sie hier: Kritik an Lauterbachs Plänen zur Klinikreform

Lauterbach führte als Beispiel an, dass die Sterblichkeit von Krebspatienten nach einer Behandlung in einem spezialisierten Krebszentrum 25 Prozent niedriger liege als nach einer Behandlung in einer anderen Klinik.

Welche Klinik soll künftig was machen?

Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) betonte nach dem Treffen, die Vorschläge der Expertenkommission seien eine gute Arbeitsgrundlage, aber „nicht die alleinige Blaupause“ für das geplante Gesetz. Laut Lauterbach besteht zwischen Bund und Ländern Einigkeit in der Problemanalyse und in möglichen Lösungsansätzen, die jetzt aber noch im Detail ausgearbeitet werden müssten.

Nordrhein-Westfalens Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) trat Befürchtungen entgegen, die Reform könnte zu einem massenhaften Kliniksterben führen. Es gehe nicht um einen „Krankenhausschließungsplan“, sondern um eine Regelung, welche Klinik künftig was mache.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hatte Bund und Länder vor dem Treffen aufgefordert, rasch gemeinsame Eckpunkte und einen Zeitplan für die Reform vorzulegen. „Die Krankenhäuser brauchen schnellstmöglich Planungssicherheit und eine Zukunftsperspektive, um die Standorte für die neuen Versorgungsaufgaben und Versorgungsrealitäten fit machen zu können“, sagte Vorstandschef Gerald Gaß. Oberstes Ziel sei die sichere Patientenversorgung.

Nach einer kurz vor dem Jahreswechsel veröffentlichten Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) beurteilen nur noch sechs Prozent der Krankenhäuser in Deutschland ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als gut. Lediglich jede fünfte Klinik geht davon aus, das vergangene Jahr mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen zu haben.

>> Lesen Sie hier: Arbeitslosenversicherung und gesetzliche Krankenversicherung werden teurer

56 Prozent der Kliniken rechnen für das laufende Jahr mit einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. „Die schon vor einigen Monaten prognostizierte Insolvenzwelle rollt jetzt an“, warnte Gaß.

Die Ausgaben für die Krankenhausbehandlung in Deutschland sind von knapp 75 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf rund 86 Milliarden Euro 2021 gestiegen. Sie machten damit rund ein Drittel der gesamten Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung aus.

Laumann betonte, dass die Krankenhausplanung auch künftig in der Verantwortung der Länder liegen müsse. Wegen der regional sehr unterschiedlichen Strukturen könne man „keine Bundesschablone über die Krankenhäuser legen“, sagte er.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach

Mit der Neuordnung der Krankenhauslandschaft verspricht der Minister eine „Revolution“.


(Foto: Getty Images)

Allerdings werfen die Krankenkassen den Ländern schon lange vor, ihrer Verpflichtung zur Finanzierung der Investitionskosten nicht ausreichend nachzukommen. „Die Investitionsnotwendigkeit ist erkannt“, sagte Niedersachsens Gesundheitsministerin Behrens, in der mittelfristigen Finanzplanung würden die Mittel in Niedersachsen deutlich erhöht.

Die Reformnotwendigkeit ergebe sich aber nicht durch mangelnde Investitionen der Länder, sondern durch das fehlgeleitete Fallpauschalensystem. Man brauche jetzt eine Reform, die für die nächsten zehn oder 15 Jahre Bestand habe.

Die stellvertretende Fraktionschefin der Grünen im Bundestag und der Gesundheitsexperte der Partei, Maria Klein-Schmeink und Janosch Dahmen, erklärten, eine erfolgreiche Reform sei im gemeinsamen Interesse von Bund und Ländern. „Ein Scheitern ist auch angesichts der wirtschaftlichen Situation vieler Häuser keine Option.“

Bundesgesundheitsminister Lauterbach betonte, kurzfristig helfe der Bund den Krankenhäusern mit der vollständigen Erstattung der gestiegenen Energiekosten. Allein dafür seien bis April 2024 rund sechs Milliarden Euro vorgesehen.

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Politik

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