Jan 6, 2023
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Energiekrise: Plan für Industriestrompreis: Bundesregierung will großen Stromverbrauchern Preisrisiken abnehmen

Written by Klaus Stratmann


Offshore-Windkraft

Unternehmen könnten bei einem künftigen Industriestrompreis von Offshore-Windanlagen erzeugten Strom direkt kaufen.


(Foto: AP)

Berlin Die hohen Strompreise stellen für große Verbraucher aus der Industrie seit Jahren eine immense Belastung dar. Die Energiekrise, die durch den Ukrainekrieg ausgelöst wurde, hat die Situation noch verschärft. Nun will die Bundesregierung gegensteuern. Das Bundeswirtschaftsministerium arbeitet bereits an entsprechenden Konzepten.

Orientierungsgröße für das Niveau eines künftigen Industriestrompreises seien die Stromgestehungskosten für Windenergie auf See, heißt es in einem Konzept, das die auf Energiemarktfragen spezialisierten Beratungsunternehmen Consentec, Enervis, Ecologic und das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung für das Wirtschaftsministerium erarbeitet haben. Ziel sei ein Modell für einen Industriestrompreis, das „möglichst geringe Komplexität“ aufweise und sich schnell umsetzen lasse.

Der Staat soll dabei als „Market-Maker“ das Stromangebot mit der Nachfrage aus der Industrie zusammenbringen und Ausfallrisiken tragen. Das „historisch hohe Strompreisniveau in Europa“ bedrohe die „internationale Wettbewerbsfähigkeit der stromintensiven Industrie in Deutschland“, heißt es in dem Konzept.

Der Strompreis für Industrieunternehmen zählt in Deutschland seit Jahren zu den höchsten in Europa. Im Vergleich zu Ländern wie den USA oder China fällt der Unterschied sogar noch größer aus. Seit Beginn der Ukrainekrise hat sich der Preisunterschied zwischen Europa und den USA noch erheblich vergrößert.

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Zwar hat die Ampelkoalition mit den Preisbremsen für Strom und Gas Ende vergangenen Jahres Regelungen beschlossen, die den Unternehmen helfen. Allerdings handelt es sich dabei um eine akute Rettungsaktion, die zeitlich befristet ist. Außerdem ist die Gewährung der Hilfen an bestimmte Bedingungen geknüpft. Für viele Unternehmen kommt eine Inanspruchnahme daher nicht in Betracht. Nun soll eine grundsätzliche und dauerhafte Regelung her.

Offshore-Windstrom soll direkt an Unternehmen gehen

Die Ampelkoalition misst dem Thema große Bedeutung bei. Aus dem Wirtschaftsministerium ist zu hören, ein wettbewerbsfähiger Industriestrompreis sei Voraussetzung für die Transformation der Industrie zur Klimaneutralität. Das Thema müsse 2023 behandelt werden, das habe man auch der EU-Kommission deutlich gemacht. Die energieintensive Industrie kämpft seit Jahren für entsprechende Regelungen.

Stahlherstellung bei Thyssen-Krupp in Duisburg

Energieintensive Unternehmen leiden seit Jahren unter dem hohen Strompreisniveau in Deutschland.


(Foto: imago images / Rupert Oberhäuser)

Einen Anknüpfungspunkt für die Einführung eines Industriestrompreises bietet das im vergangenen Jahr verabschiedete Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG). Es enthält in Paragraf 96a eine Verordnungsermächtigung zur Einführung von Industriestrompreisen. Damit wird ermöglicht, auf bestimmten Flächen im Meer erzeugten Strom direkt oder über ein Finanzierungssystem an Unternehmen zu verteilen. Die Unternehmen können im Gegenzug dazu verpflichtet werden, bestimmte Leistungen zu erbringen, etwa Projekte zur Minderung von Treibhausgasemissionen umzusetzen.

Das Konzept der Beratungsunternehmen sieht vor, Angebot und Nachfrage über Differenzverträge zusammenzuführen. Auf der Angebotsseite wird ein Höchstwert für den angebotenen Offshore-Windstrom definiert. Auf der Nachfrageseite wird eine Auktion durchgeführt. Die Vergabe erfolgt nach „objektiven, nachvollziehbaren, diskriminierungsfreien Kriterien“.

Die maximale Menge für das Gebot eines Unternehmens „wird einerseits durch das Ausschreibungsvolumen und andererseits durch die nachzuweisende Höhe des Stromverbrauchs des Unternehmens im Vorjahr begrenzt“, heißt es in dem Konzept. Teilnehmen dürfen nur Industrieunternehmen, die bestimmte Mindestanforderungen erfüllen, beispielsweise die EU-Leitlinien für Energie- und Klimabeihilfen. Sie definieren, welche energieintensiven Unternehmen in den Genuss bestimmter staatlicher Vergünstigungen kommen dürfen.

Modell würde erst ab 2029 greifen

Der Staat soll dem Konzept zufolge „zentraler Vertragspartner auf Angebots- und Nachfrageseite“ sein. Er deckt die Risiken ab: Der Staat übernimmt die Differenzzahlung zwischen Vertrags- und Referenzpreis auf Angebots- oder Nachfrageseite.

Durchgeführt werden sollen die Ausschreibungen auf Angebots- und auf Nachfrageseite von der Bundesnetzagentur. Die „finanzielle Erfüllung“ soll durch die Betreiber der Stromübertragungsnetze erfolgen. Letztlich würden damit alle Stromverbraucher zur Kasse gebeten, denn die Übertragungsnetzbetreiber finanzieren sich durch die Netzentgelte, die alle Stromkunden für die Nutzung der Stromnetze entrichten.

>> Lesen Sie hier: Deutschland steckt in einer Energiepreisfalle – „In Schlüsselindustrien werden Betriebe reihenweise schließen“

Eine rechtliche Umsetzung ist dem Konzept zufolge „frühestens 2024“ möglich. Erste Ausschreibungen könnten demnach „2024 bis 2025“ erfolgen. Die noch zu errichtenden Offshore-Windanlagen würden allerdings erst „2029 bis 2030“ in Betrieb gehen.

Die Verfasser weisen in ihrem Papier selbst auf verschiedene Schwachstellen hin. So seien die Strommengen, die auf den zur Verfügung stehenden Meeresflächen generiert werden könnten, zu gering, um den Bedarf der energieintensiven Industrie zu decken. Außerdem stehe der Strom bei einer Inbetriebnahme der Anlagen ab 2029 zu spät bereit. Hinzu komme, dass die möglicherweise von den Unternehmen einzufordernden Gegenleistungen das Ziel konterkarierten, international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Mehr: Endspiel um die deutsche Industrie – Drei Szenarien für die Zukunft



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Politik

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