Washington Der Gewaltausbruch in der brasilianischen Hauptstadt Brasília könnte diplomatische Folgen für die USA haben. Denn Jair Bolsonaro, aus dem Amt gewählter Ex-Präsident des südamerikanischen Landes, hält sich seit dem Jahreswechsel im US-Bundesstaat Florida auf. Ein Grund dafür, so wurde in US-Medien vermutet, sind drohende Anklagen durch die Regierung seines linken Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva.
Erste US-Politiker fordern nun eine Ausweisung Bolsonaros nach Brasilien. „Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren, als das US-Kapitol von Faschisten angegriffen wurde, sehen wir, wie faschistische Bewegungen im Ausland versuchen, dasselbe in Brasilien zu tun”, twitterte die demokratische Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez. „Die USA müssen aufhören, Bolsonaro in Florida Zuflucht zu gewähren”, forderte sie.
Joaquin Castro, ebenfalls demokratischer Abgeordneter, rief die US-Regierung und die Behörden in Florida auf, Bolsonaro den Unterschlupf zu verweigern. „Die Vereinigten Staaten sollten kein Zufluchtsort für diesen Autokraten sein, der den inländischen Terrorismus in Brasilien inspiriert hat”, sagte Castro dem Fernsehsender CNN.
US-Präsident Joe Biden hielt sich am Sonntag, während Anhänger Bolsonaros mehrere Regierungsgebäude in Brasília stürmten, an der amerikanischen Grenze zu Mexiko auf. In der texanischen Stadt El Paso besuchte er ein Flüchtlingszentrum. Über Twitter verurteilte Biden die Ereignisse als „Angriff auf die Demokratie und die friedliche Machtübergabe” und fügte hinzu, dass Brasiliens demokratische Institutionen die volle Unterstützung der USA hätten. „Präsident Biden verfolgt die Situation genau”, ergänzte der nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan. US-Außenminister Antony Blinken bekräftigte die Solidarität der USA mit Lula.
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Allianz der Rechtspopulisten: Bolsonaros Trump-Connection
Der 67-jährige Bolsonaro war Ende Dezember in Florida gelandet, nach Angaben mehrerer US-Medien wollte er dort mindestens einen Monat bleiben. Eine Reihe von Social-Media-Videos zeigten Bolsonaro in der Vergnügungsmetropole Orlando. Das von ihm gemietete Haus gehört laut der „Rio Times” Jose Aldo, einem früheren Nationalstar der Kampfsportart Mixed Martial Arts.
Die Siedlung, in der Bolsonaro Unterschlupf gefunden hat, befindet sich wenige Kilometer von Disney World entfernt und etwa zwei Autostunden von Mar-a-Lago, dem Wohnsitz von Donald Trump. In den Videoaufnahmen sieht man Bolsonaro in einem Supermarkt einkaufen oder bei „Kentucky Fried Chicken” Fastfood verspeisen. Vor seiner Tür versammeln sich regelmäßig Fans, die Bolsonaro im Polohemd für Selfies und Umarmungen auf der Straße besucht.
Nach der Erstürmung der Regierungsgebäude in Brasília missbilligte Bolsonaro die Handlungen seiner Anhänger und rief sie auf, Gewalt zu vermeiden. Doch die Attacke auf das US-Kapitol vor zwei Jahren und die Ausschreitungen in Brasília ähneln sich nicht nur optisch – ihnen liegt eine ähnliche ideologische Vorgeschichte zu Grunde.
Bolsonaro und Trump haben eine enge Verbindung, beide setzen auf Nationalismus und Populismus. Vergleichbar mit Trump in den USA hatte Bolsonaro das brasilianische Wahlsystems in Frage gestellt. Und beide Politiker weigerten sich, ihre Niederlagen zu akzeptieren. „Mögen unsere engen Beziehungen für viele Jahre halten”, beschwor Trump im Sommer 2019, als Bolsonaro ihn im Weißen Haus besuchte.
Über ein mögliches aktuelles Treffen in Florida ist bislang nichts bekannt. Aber seit der Wahl in Brasilien am 30. Oktober vergangenen Jahres hatte sich der innere Zirkel von Bolsonaro mehrfach mit Beratern von Ex-Präsident Trump getroffen, berichtete die „Washington Post”. So besuchte Eduardo Bolsonaro, Sohn von Jair Bolsonaro, Trump in Mar-a-Lago. Auch mit dem früheren Trump-Strategen Stephen Bannon tauschte er sich aus, sowie mit dem ehemaligen Sprecher von Trumps Wahlkampagne, Jason Miller. Bannon widmete zuletzt mehrere Folgen seines Podcasts „War Room” der Wahl in Brasilien.
Eduardo Bolsonaro war auch während des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar 2021 in Washington anwesend und gilt als eifriger Verknüpfer der rechten Netzwerke zwischen den USA und Brasilien. So war er unter anderem dafür verantwortlich, dass das rechte Event-Spektakel „Conservative Political Action Conference” (CPAC) einen Ableger in Brasilien bekommt. Als er seinen Vater 2019 nach Washington begleitete, sagte er über die Rechtsaußen-Bewegung: „Wir tun endlich das, was was die Kommunisten und Sozialisten schon vor langer Zeit getan haben. Wir organisieren uns international.”
Mehr: Bolsonaro missbilligt Erstürmung von Regierungsgebäuden in Brasília – Rund 200 Festnahmen
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