Madrid Das spanische Kabinett hat am Dienstag seinen Vorschlag für die Reform des europäischen Strommarktes verabschiedet. Spanien ist damit das erste EU-Mitglied, das seine Ideen in Brüssel einreichen wird. Im Kern soll nicht mehr die teuerste Energieart den Strompreis bestimmen.
Die EU-Kommission plant ein neues Design des europäischen Strommarktes, um für stabilere Preise zu sorgen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat angekündigt, dass sie im März einen Vorschlag vorlegen wird.
„Das aktuelle Design des europäischen Strommarktes ist vor rund 30 Jahren entwickelt worden“, sagte Teresa Ribera, spanische Ministerin für den ökologischen Wandel. Es sei weder für den steigenden Anteil von Erneuerbaren ausgerichtet noch für die steigende Volatilität auf den Energiemärkten. Zu den technischen Details des spanischen Vorschlags äußerte sie sich nicht. Klar ist, dass er auf dem Prinzip basiert, den Gaspreis vom Strompreis zu entkoppeln.
Der spanische Vorschlag hat zwei Säulen: Die erste besteht darin, dass künftig nicht mehr wie heute der Spotmarkt den Strompreis bestimmen soll, sondern Terminverträge mit einer langfristigen Laufzeit. „Der Spotmarkt existiert zwar weiter, es wird aber nicht mehr derselbe Preis für alle Energieformen gelten“, sagt Ramón Mateo, Energieexperte und Direktor der Beratung Bebartlet.
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Für erneuerbare Energie soll der Preis in dem spanischen Modell auf Basis von langfristigen Verträgen entstehen, die auf dem Prinzip von Angebot und Nachfrage in Versteigerungen beruhen. Heute bestimmt dagegen die teuerste Energieform den Preis aller übrigen – in den vergangenen Monaten war das stets Gas.
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Für Atom- und Wasserkraft will die spanische Regierung einen regulierten Preis festlegen, zusammen mit einer Verfügbarkeitsprämie. Begründet wird dies damit, dass es sich um Technologien handelt, deren Kapazität aus technischen, sozialen und ökologischen Gründen kurzfristig nicht erhöht werden kann.
Fossile Energien will Madrid als Reserve vorhalten
Die zweite Säule des spanischen Vorschlags beruht auf der Schaffung eines Kapazitätsmarktes für die Energieformen, die stets Energie erzeugen können, auch wenn wenig Wind bläst oder eine große Trockenheit herrscht und Erneuerbare sowie Wasserkraft ausfallen.
Das trifft vor allem auf fossile Energien wie Gas und Kohle zu, aber auch auf Energiespeicher. Der Preis dafür soll sich künftig ebenso wie heute weiter am Spotmarkt bilden.
„Aber sie bestimmen als reine ‚Ersatztechnologien‘ nicht mehr den Preis aller übrigen Energieformen“, sagt Experte Mateo. „Dadurch entfallen auch die Übergewinne für Erneuerbare, Atom- und Wasserkraft, und der Preis für die Verbraucher sinkt langfristig.“
Spanien geht auf dem Strommarkt derzeit mit Portugal einen Sonderweg: In beiden Ländern gilt seit dem vergangenen Juni der sogenannte iberische Gaspreisdeckel, der eine Obergrenze für Gas festlegt, das zur Stromerzeugung genutzt wird.
Die Erlaubnis der EU dafür gilt nur bis zum 31. Mai dieses Jahres. Madrid will den Gaspreisdeckel aber länger in Kraft lassen. „Wir müssen in der Lage sein, uns weiterhin auf die wirksamen Maßnahmen zu verlassen, die wir vorübergehend in Spanien angewendet haben“, sagte Ministerin Ribera. „Diese Maßnahme hat uns geholfen, 450 Millionen Euro zu sparen, rund 150 Euro pro Familie im regulierten Tarif.“
Seit Mitte Juni vergangenen Jahres deckeln Spanien und Portugal den Preis für Gas zur Stromerzeugung auf durchschnittlich 50 Euro pro Megawattstunde – das liegt deutlich unter dem Marktpreis. Der iberische Gaspreisdeckel startete bei 40 Euro pro Megawattstunde und soll bis kommenden Mai auf 70 Euro pro Megawattstunde steigen.
In Spanien unterliegen 40 Prozent der Haushalte und 70 Prozent der Unternehmen dem regulierten Strompreis, bei dem der Preisdeckel greift. Dieser Preis ist vom Spotmarkt abhängig, weshalb spanische Verbraucher und Unternehmen den Anstieg der Energiepreise früher gespürt haben als andere.
Mehr: Gaspreisdeckel senkt die Inflation in Spanien – aber hat auch negative Effekte
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