Jan 10, 2023
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Fraktionsklausur: „Zeitenwende für Europas Industrie“: SPD fordert neue europäische Industriestrategie

Written by Martin Greive


Berlin Die SPD will angesichts zunehmender Konkurrenz aus den USA und Asien die Wirtschaftspolitik in der Europäischen Union neu ausrichten. In einem als „Zeitenwende für Europas Industrie“ bezeichneten Positionspapier, das dem Handelsblatt vorliegt, skizziert die Bundestagsfraktion hierfür „Leitlinien für eine zukunftsgerichtete europäische Industriestrategie“. Das Papier soll Ende der Woche auf der Fraktionsklausur in Berlin beschlossen werden.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Verena Hubertz sagte dem Handelsblatt: „Wir müssen Europa als attraktiven Industriestandort stärken.“ Die Volkswirtschaften im EU-Binnenmarkt seien so eng miteinander verzahnt, dass alle Mitgliedstaaten davon profitieren würden.

„Die EU braucht eine umfassende Standort- und Resilienzstrategie, um auf die neuen Herausforderungen im globalen Wettbewerb gemeinsam zu reagieren und Europas Industrie stark für die Zukunft aufzustellen“, heißt es in dem SPD-Papier. Eine solche Strategie müsse „die europäische Souveränität in Bereichen wie Energie, Technologie, Ressourcen, Fachkräfte und Digitalisierung strukturell verbessern“.

Die SPD fordert daher „eine europäische Industrie-Investitionsoffensive mit besonderem Fokus auf Zukunftstechnologien“. Für diese Offensive will die SPD unter anderem nicht genutzte Mittel aus dem EU-Wiederaufbauprogramm und anderer Förderprogramme umwidmen.

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Die Sozialdemokraten schließen aber auch neue Mittel für die EU nicht aus. „Zusätzliche gemeinsame Finanzierungsinstrumente sind konstruktiv zu prüfen“, heißt es in dem Papier. Dieser Vorstoß dürfte innerhalb der Ampel-Koalition allerdings umstritten sein. So lehnt insbesondere die FDP neue EU-Schulden strikt ab.

SPD will Handelsbeziehungen zwischen EU und USA „vertiefen“

Am Montag hatte sich bereits EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni im Interview mit dem Handelsblatt für einen neuen Anlauf zur Förderung grüner Technologien und neue Gemeinschaftsschulden stark gemacht. „Der amerikanische Inflation Reduction Act (IRA) verschärft den Wettbewerbsnachteil, den Europa aufgrund des Ukraine-Kriegs schon hat“, sagte Gentiloni.

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Ähnlich sieht es die SPD-Bundestagsfraktion. Das US-Programm müsse „zusätzlicher Ansporn für eine eigene – klimaschonende und innovationsgerichtete – europäische industriepolitische Agenda sein“, heißt es in dem Papier.

Grundsätzlich will die SPD aber die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA „vertiefen“. Die SPD-Bundestagsfraktion plädiert für die Gründung eines „gemeinsamen transatlantischen Wirtschaftsraums“ und macht sich für einen neuen Anlauf für ein transatlantisches Freihandelsabkommen stark.

Die EU solle „sondieren, ob auf Seiten der USA die Bereitschaft für neue Verhandlungen über ein umfassenderes Abkommen für einen gemeinsamen Wirtschaftsraum für Freihandel und fairen Handel besteht“, heißt es dem Papier. Ein erster Schritt könne die Wiederbelebung von Verhandlungen für ein europäisch-amerikanisches Industriezollabkommen sein.

„Wir brauchen möglichst viele auf gemeinsamen Werten basierende Handels- und Rohstoffpartnerschaften, damit wir starke Abhängigkeiten – insbesondere von Autokratien – reduzieren“, sagte Fraktionsvizin Hubertz.

Der letzte Anlauf für ein transatlantisches Freihandelsabkommen war 2016 gescheitert. Offiziell wurde das Abkommen mit dem Kürzel „TTIP“ damals wegen der Wahl Donalds Trumps zum US-Präsidenten beerdigt.

Allerdings war der Widerstand gegen das Abkommen groß, allen voran in Deutschland. Viele Bürger fürchteten durch das Abkommen ein Absinken von Verbraucherstandards auf US-Niveau. Auch in der SPD war TTIP damals daher umstritten. Mit der „Zeitenwende“ hat nun allerdings auch in der SPD ein neues Denken in der Handelspolitik eingesetzt.

SPD plädiert auch für eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO)

Neben engeren Handelsverflechtungen innerhalb des Westens fordert die SPD auch eine Reform internationaler Handelsorganisationen. So brauche das EU-Beihilferecht „ein Update“, um besser auf die Herausforderungen im globalen Wettbewerb ausgerichtet zu sein.

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SPD-Fraktionsvize Achim Post sagte, die EU-Beihilferegeln müssten „mehr Klarheit und insbesondere auch mehr Spielräume für große Investitionen in Transformations- und Zukunftstechnologien bieten“. Die EU-Kommission müsse jetzt „zügig“ einen Vorschlag für eine solche ambitionierte Reform des EU-Beihilferahmens vorlegen.

Die SPD plädiert zudem auch für eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO). „Ein freier und gerechter Welthandel benötigt WTO-Regeln auf Höhe der Zeit“, schreiben die Abgeordneten.

Die WTO ist eine Art globaler Schiedsrichter, der eingreift, wenn ein Land etwa über Zölle oder Subventionen unfairen Handel betreibt. Seit Jahren blockiert sich die WTO allerdings selbst, weil alle Entscheidungen einstimmig getroffen werden müssen.

Innerhalb der Bundesregierung will sich die SPD laut dem Papier für einer „zeitnahe“ Einführung der Investitionsprämie für Klimaschutz und digitale Wirtschaftsgüter einsetzen. Diese so genannten „Superabschreibungen“ hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im vergangenen Jahr vorerst verschoben.

Auch mit Blick auf die Energiemärkte sieht die SPD-Fraktion Handlungsbedarf. „Niedrige und planbare Energiepreise sind die zentrale Voraussetzung für Europas Wettbewerbsfähigkeit“, sagte Hubertz. Daher müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien europaweit schneller vorankommen. „Gleichzeitig müssen zeitlich befristet preisdämpfende Maßnahmen greifen, etwa ein reformiertes Strommarktdesign und ein Industriestrompreis.“

Die hohen Strompreise stellen für große Verbraucher aus der Industrie seit Jahren schon eine immense Belastung dar. Die Energiekrise, die durch den Ukrainekrieg ausgelöst wurde, hat die Situation noch verschärft. Auf nationaler Ebene arbeitet das das Bundeswirtschaftsministerium bereits an Konzepten für einen Industriestrompreis.

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