Erkelenz In dem Braunkohleort Lützerath ist es in der ersten Nacht nach Beginn der Räumung weitgehend ruhig geblieben. Es habe keine besonderen Vorkommnisse gegeben, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstagmorgen. „Im Laufe des Tages geht es mit den Räumungsarbeiten weiter“, betonte er.
Ein dpa-Reporter vor Ort berichtete ebenfalls von einer weitgehend ruhigen Nacht. Einmal seien am Mittwochabend einige Böller geworfen und Feuerwerksraketen aus einem besetzten Gebäude gezündet worden, verletzt wurde niemand. Währenddessen holte die Polizei nicht weit davon entfernt eine Gruppe von Klimaaktivistinnen und Aktivisten von einem Lagerhallendach.
Die Einsatzkräfte gingen allerdings bis in die Nacht gegen Aktivisten vor, die das Abbaggern der Kohle unter dem Ort verhindern wollen. Polizisten holten gut zehn Aktivisten mit Hebebühnen aus etwa zehn Metern Höhe vom Dach einer früheren landwirtschaftlichen Halle, wie ein dpa-Reporter beobachtete.
An einer anderen Stelle war die Polizei in der Nacht mehrere Stunden damit beschäftigt, eine Aktivistin aus einem Autowrack zu befreien, das als Hindernis auf einem Weg aufgebaut worden war. Die Frau hatte sich in dem Wrack verschanzt und ihre Füße in den Weg zementiert. In den frühen Morgenstunden konnte sie herausgeholt werden.
Top-Jobs des Tages
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
In den Baumhäusern und in besetzten Gebäuden harren weiterhin einige Klimaaktivistinnen und Aktivisten aus. Wie viele es sind, ist unklar. Vor Ort herrschte Dauerregen und es gab starken Wind.
Eigentliche Herausforderung liegt wohl noch vor der Polizei
Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer nannte das Vorgehen der Polizei „absolut unverständlich“. „Räumungen nachts in der Dunkelheit. Das ist gefährlich, provozierend, eskalierend. Was soll das, wovor hat man solche Angst?“, fragte sie auf Twitter.
Das Bündnis „Lützerath unräumbar“ hat für Donnerstag Protestaktionen wie Sitzblockaden in der Umgebung angekündigt. Fridays for Future will am zweiten Tag der Räumung bundesweit demonstrieren. So will Neubauer um 10.00 Uhr im rund vier Kilometer von Lützerath entfernten Erkelenzer Ortsteil Keyenberg reden.
Die Räumung durch die Polizei geht an diesem Donnerstag voraussichtlich weiter. Aachens Polizeipräsident Dirk Weinspach sagte am Mittwoch, die eigentliche Herausforderung liege noch vor der Polizei – dabei bezog er sich auf die Räumung der sieben Gebäude auf dem Gelände.
Die Polizei sei selbstverständlich weiter vor Ort, sagte eine Sprecherin. Man plane aber in der Nacht nicht, etwa die Häuser zu räumen. In diesen Häusern sowie in selbstgebauten Baumhäusern halten sich weiter Aktivisten auf.
>> Lesen Sie hier: SPD-Abgeordneter fordert Räumungsmoratorium für Lützerath
Am frühen Mittwochmorgen war es zum Auftakt der Räumung zu Rangeleien gekommen. Laut Polizei wurden ein Molotow-Cocktail, Steine und Pyrotechnik in Richtung der Beamten geworfen. Eine Sprecherin der Initiative „Lützerath lebt“ warf der Polizei einen überharten Einsatz vor.
Habeck: Leider konnte man Lützerath nicht mehr retten
Angesichts von Kritik aus der Klimabewegung an den Grünen wegen der Räumung von Lützerath zeigte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck betroffen. „Das fasst mich auch an oder treibt mich um, so wie alle in meiner Partei“, sagte Habeck am Mittwochabend im „heute-journal“ des ZDF.
Räumung von Lützerath hat begonnen
„Aber trotzdem müssen wir das erklären, was richtig ist. Und richtig war – leider -, die Gasmangellage, eine Energienotlage in Deutschland abzuwehren, auch mit zusätzlicher Verstromung von Braunkohle – und hintenraus den Kohleausstieg vorzuziehen.“
Lützerath sei nicht „das Weiter-So der Energiepolitik der Vergangenheit: Verstromung von Braunkohle“, betonte Habeck. „Es ist nicht, wie behauptet wird, das ewige Weiter-So, es ist der Schlussstrich darunter.“
Leider habe man das Dorf Lützerath nicht mehr retten können –„aber es ist das Ende der Braunkohleverstromung in NRW“. „Insofern – mit großem Respekt vor der Klimabewegung – ist meiner Ansicht nach der Ort das falsche Symbol.“
>> Lesen Sie hier: Barrikaden und Sirenen – So räumte die Polizei das Protestcamp Lützerath
Die Siedlung Lützerath soll abgerissen werden, um die darunter befindlichen Kohlevorkommen fördern zu können. Klimaaktivisten wollen dies verhindern. Die von den Grünen geführten Wirtschaftsministerien in Bund und Land NRW hatten mit dem Energiekonzern RWE einen Kompromiss vereinbart, der das Abbaggern der Kohle unter Lützerath beinhaltet – aber auch einen auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg in NRW.
Mehr: „Die richtige Auseinandersetzung am falschen Ort“ – Lützerath bringt Grünen-Spitze in Erklärungsnot
<< Den vollständigen Artikel: Braunkohleabbau: Weitgehend ruhige Nacht in Lützerath – Friday-for-Futures-Demonstration geplant >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.