Berlin CDU-Chef Friedrich Merz hat mit einer Aussage über Migrantenkinder in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ scharfe Kritik auf sich gezogen. Der Ökonom Marcel Fratzscher, der ebenfalls in der Sendung gesessen hatte, warf Merz via Twitter wirtschaftsfeindliche Äußerungen vor.
Merz hatte im Kontext der Krawalle in der Silvesternacht über den Umgang mit Lehrerinnen und Lehrern gesagt: „Und dann wollen sie diese Kinder zur Ordnung rufen, und die Folge ist, dass die Väter in den Schulen erscheinen und sich das verbitten. Insbesondere wenn es sich um Lehrerinnen handelt, dass sie ihre Söhne, die kleinen Paschas, da mal etwas zurechtweisen.“
Mit dem Begriff „Pascha“ werden umgangssprachlich besonders Männer bezeichnet, die sich wie selbstverständlich von einer Frau bedienen lassen.
Fratzscher sprach von „blankem Populismus“, weil Merz von einer kleinen Minderheit auf alle Menschen mit arabischen Wurzeln verallgemeinere. Damit schade er auch der deutschen Wirtschaft.
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„Abgesehen von der Tatsache, dass diese Aussagen schon allein in ihrer Generalisierung sachlich falsch sind, führen sie dazu, dass Deutschland als Einwanderungsland unattraktiv wird“, schrieb der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) auf Twitter.
„Damit verbauen wir uns die Chance, Fach- und Arbeitskräfte aus dem Ausland zu gewinnen, auf die wir dringend angewiesen sind.“ Der aktuelle Arbeitskräftemangel schade schon heute Unternehmen existenziell. „Wir sollten durch unbedachte Aussagen diese Krise nicht noch verschärfen“, mahnte Fratzscher.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, stufte die Merz-Aussage als rassistisch ein, die auch zur „Stigmatisierung ganzer Gruppen“ führen könne. Die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Emily Büning, hielt dem CDU-Politiker vor, „sein Gesellschaftsbild seit 1990 nicht mehr aktualisiert“ zu haben. Merz verstehe nicht, „dass wir längst eine vielfältige Gesellschaft sind“, sagte sie „Zeit online“.
Unterstützung für Merz vom Lehrerverband und der AfD
In der CDU wird die Kritik nicht geteilt. Der Parteivorsitzende habe differenziert argumentiert und nicht pauschalisiert, hieß es. Es gebe zudem enorme Zustimmung aus der Bevölkerung für seine Aussagen. Die CDU sehe Deutschland seit Langem schon als Einwanderungsland und befürworte auch eine geregelte Migration, vor allem in den Arbeitsmarkt.
Auf Twitter bekam Merz auch viel Zuspruch. In der CDU wurde überdies darauf hingewiesen, dass auch der Lehrerverband die Auffassung von Merz teile. Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Lehrerverbands, gab dem CDU-Chef zwar recht, weil es grundsätzlich ein Problem gebe, dass insbesondere weibliche Lehrkräfte nicht ernst genommen würden und deren Autorität nicht anerkannt werde.
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Gleichwohl müsse man natürlich einschränken, betonte Meidinger, „dass das jetzt nicht ein Generalverdacht oder Pauschalvorwurf an alle Familien mit einem entsprechenden Migrationshintergrund sein kann“, sagte Meidinger.
Unterstützung bekam Merz auch vom stellvertretenden Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion, Leif-Erik Holm. „Merz hat nur ausgesprochen, was jeder normale Mensch in Deutschland denkt“, sagte Holm.
An diesem Freitag trifft sich der CDU-Bundesvorstand, um über das neue Jahr zu reden. Dort wird die Partei auch ein acht Seiten umfassendes Papier beschließen, mit dem sie ihre Vorstellung von Wirtschafts-, Energie- und Klimapolitik ganzheitlich darlegen will. Vor allem in der Wirtschaftspolitik waren bei der Bundestagswahl 2021 die Kompetenzwerte der CDU eingebrochen.
Wie es hieß, will sich Merz nach dem ersten Jahr als Bundesvorsitzender nun intensiver mit der Partei und der inhaltlichen Arbeit beschäftigen. Im ersten Jahr sei es wichtig gewesen, vor allem die Fraktion für die Oppositionsarbeit neu aufzustellen. 2023 solle das neue Grundsatzprogramm unter Leitung des stellvertretenden Parteivorsitzenden Carsten Linnemann weitgehend fertiggestellt werden.
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