Jan 15, 2023
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US-Präsident: Aktenaffäre könnte Bidens erneute Kandidatur in Gefahr bringen

Written by Annett Meiritz

Washington Nichts zu verbergen, nichts zu befürchten. Das scheint das Motto von US-Präsident Joe Biden in der Aktenaffäre zu sein. Am Freitag hatten ihn die US-Republikaner im Repräsentantenhaus aufgefordert, seine jährliche Rede zur Lage der Nation vorzuziehen. Bereits am 7. Februar wollen sie ihn in den Kongress zitieren, Wochen früher als geplant. Der Präsident werde die „prompte Einladung“ gern annehmen, hieß es aus dem Weißen Haus. Danach verabschiedete sich Biden ins Wochenende, ging in die Kirche und führte Telefonate.  

Rein rechtlich muss Biden wenig fürchten. Zwar schreibt der amerikanische Presidential Records Act vor, dass Präsidenten und Vizepräsidenten alle Dokumente an das Nationalarchiv übergeben müssen. Laut Richard Sauber, Anwalt des Weißen Hauses, seien die Akten jedoch „versehentlich“ aufbewahrt worden, Biden selbst habe vor dem Fund durch seine Anwälte nichts davon gewusst. Außerdem kann ein amtierender Präsident nicht angeklagt werden.

Doch der Ausgang des öffentlichen Deutungskampfes ist unberechenbar. Denn die Affäre fällt in eine sensible Phase, in der Biden auf den Rückhalt seiner Partei angewiesen ist: Der Präsident hat bereits angedeutet, erneut für das Weiße Haus kandidieren zu wollen, eine offizielle Ankündigung wird im Frühjahr erwartet. Doch spätestens mit dem zweiten Aktenfund in Bidens Privathaus werde der Aktenskandal zum „politischen Problem“, sagte Biden-Biograf Chris Whipple dem Handelsblatt. „Wenn Sie geheime Dokumente in der Garage von jemandem finden, wird es schwieriger, zu glauben, die betreffende Person habe nichts davon gewusst.“

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„Ein riesiges Geschenk an Donald Trump“

„Peinlich“ nannte David Axelrod, früherer Topberater von Obama, die Affäre gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Denn vor einigen Monaten hatte Biden seinen Vorgänger Donald Trump für dessen Umgang mit vertraulichem Material noch als „verantwortungslos“ kritisiert. Bidens Handvoll Papiere sei im Vergleich zu den 33 Kisten Regierungsakten, die Behörden aus dem Anwesen Trumps geschleppt hatten, zwar banal – aber dennoch „ein riesiges Geschenk an Donald Trump“, so Axelrod.

Rechtskonservative Zirkel verbreiten inzwischen ihre eigene Theorie zum Dokumenten-Drama: Bidens eigene Leute hätten die Akten-Untersuchung bei Medien gestreut, um eine erneute Kandidatur zu verhindern. Sean Hannity, Sprachrohr von Fox News mit Millionenpublikum, fragte: „Könnte es sein, dass vielleicht jemand nicht will, dass Joe zur Wiederwahl kandidiert?“ Dutzende rechte Portale und Influencer zogen nach. Belege dafür gibt es nicht.

>> Lesen Sie dazu: Donald Trump kämpft nun vor allem gegen die Justiz

Bislang unterstützen die Demokraten Biden jedoch weiterhin. „Ich denke, Präsident Biden hat das richtig gehandhabt“, sagte der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, dem Sender CNN. „Er kooperiert mit der Staatsanwaltschaft. Als die Dokumente gefunden wurden, benachrichtigte sein Team sofort das Nationalarchiv.“ Mark Warner, Chef des Geheimdienstausschusses im Senat, äußerte sich ähnlich.

Warum schwieg das Weiße Haus über Monate?

Bei den Demokraten überwiegt die Hoffnung, dass Bidens politische Erfolge mittelfristig wieder mehr Aufmerksamkeit bekommen als seine Aktenpanne. Allerdings sorgt die Kommunikation des Weißen Hauses in Washington für Kopfschütteln. „Er muss sagen: ‚Ich habe es vermasselt, ich entschuldige mich‘“, sagte der frühere Rechtsberater des Weißen Hauses unter dem demokratischen Präsidenten Bill Clinton, Lanny Davis, dem Sender NBC.

Auch Biden-Biograf Whipple sieht in der „zögerlichen Kommunikation“ ein Problem. Neue Details kommen Stück für Stück ans Licht, erst am Samstag musste das Weiße Haus die Zahl der entdeckten Dokumente nach oben korrigieren. „Das Weiße Haus hätte von Anfang an transparenter sein müssen und nicht jeder Frage ausweichen dürfen“, sagt Whipple. 

Tatsächlich wirft die Zeitabfolge der Vorfälle selbst und der Kommunikation dazu Fragen auf.

Chronologie von Joe Bidens Aktenaffäre

Im Mittelpunkt steht das Penn Biden Center for Diplomacy and Global Engagement, wo die erste Tranche der Akten auftauchte. Eine tragende Rolle für den Thinktank spielte Amy Gutmann, damals Präsidentin der University of Pennsylvania und heute US-Botschafterin in Deutschland. In Bidens Büro in der Denkfabrik, das er nach Ende seiner Zeit als Vizepräsident nutzte, wurden laut dem US-Nachrichtensender CBS auch Akten der höchsten Geheimhaltungsstufe „Top Secret“ entdeckt – Anfang November 2022, nur sechs Tage vor den wichtigen Kongresswahlen.

Die Unterlagen wurden an das Nationalarchiv übergeben, das Justizministerium leitete Untersuchungen ein. Die zweite Tranche Akten wurde laut Anwalt Sauber am 20. Dezember in Bidens Privathaus in Wilmington, Delaware gefunden, unter anderem in der Garage.

Das Weiße Haus ging aber erst vergangene Woche an die Öffentlichkeit, nachdem der Sender CBS über die Untersuchungen berichtet hatte. Der neue republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, warf Biden Vertuschung vor: „Er wusste von diesem Vorfall, als er in den Wahltag ging. Er wusste davon und sagte nichts. Genau das ist es, was Amerika dazu bringt, seiner Regierung nicht zu vertrauen.“

Sonderermittler Hur soll die Aktenaffäre nun aufklären. Der 49-Jährige ist Republikaner, wurde 2018 von Trump für den Job des Staatsanwalts in Maryland nominiert. Die Demokraten unterstützten damals die Beförderung. „Gründlich und unparteiisch“ werde er seine Aufgabe angehen, teilte Hur am Donnerstag mit. Laut der „Washington Post“ wird er zeitnah mit Befragungen beginnen.

Hur wird an den Justizausschuss des Repräsentantenhauses berichten, der die Aktenaffäre ebenfalls untersuchen will. „Das amerikanische Volk verdient Transparenz und Rechenschaftspflicht von unseren höchsten Beamten der Exekutive“, schrieb Jim Jordan, Hardliner und Trump-Vertrauter, der mit der neuen republikanischen Mehrheit an Einfluss gewonnen hat. Auch das sogenannte House Oversight Committee, das sich mit den Befugnissen der Regierung befasst, kündigte Ermittlungen an.

Die Affäre dürfte viele Ressourcen binden. Dass der Präsident nichts mehr dem Zufall überlassen will, zeigt sich darin, dass er seinen persönlichen Anwalt Bob Bauer mit dem juristischen Krisenmanagement beauftragt hat. Bauer war schon Obamas Anwalt im Weißen Haus. Für den Moment zeigt sich Biden optimistisch. „Wir werden sehen, wie sich das alles entwickelt“, sagte er. „Ich bin zuversichtlich.“ 

Mehr: Das desaströse Krisenmanagement in der Aktenaffäre



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Politik

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